Kurdistan Solidarität Uelzen



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Pressemitteilung


PKK / KADEK – Prozess in Celle

Am 1. April 2003 begann vor dem Oberlandesgericht in Celle der Prozess gegen die beiden kurdischen Politiker Hasan A. und Ali K.. Gegen beide ist Anklage wegen einer angeblichen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) erhoben worden. Beide sollen Gebietsleiter der PKK bzw. der PKK-Nachfolge-organisation KADEK gewesen sein. Konkrete Tatvorwürfe gegen die beiden gibt es nicht.

Am ersten Tag stellten die beiden Angeklagten sehr anschaulich ihre persönliche Situation dar, die in der Türkei von Repressionen, Festnahmen und Folter geprägt war. Ohne diese Hintergründe zu kennen, ist ein Verstehen der politischen Aktivitäten der beiden Politiker nicht möglich.
Hasan A. berichtete von massiven Dorfzerstörungen in Kurdistan (über 4000 Dörfer wurden von der türkischen Armee zerstört) und der Vertreibung der Kurden aus ihrer Heimat.
Ali K. erinnerte in seinen einleitenden Worten an den Krieg im Irak. Er verurteilte den Krieg, weil Bomben keine Demokratie schaffen können und auch weil die Kurden Opfer dieses Krieges werden. Er grüßte aus dem Gerichtssaal alle Menschen, die sich gegen den Krieg engagieren.

Der Vorsitzende Richter Dr. Siolek zeigte sich am ersten Tag voreingenommen gegenüber den Angeklagten. Bei den Erklärungen der beiden kurdischen Politiker starrte er mehrmals gelangweilt zur Decke und verdrehte die Augen. Auch versuchte er durch seine Fragen an die Angeklagten sie „aus der Reserve zu locken“, um „die Wahrheit heraus-zufinden“ und dadurch Widersprüche in den Aussagen zu konstruieren. Er begründete sein Verhalten damit, „das der Angeklagte nicht das Blaue vom Himmel erzählt.“ Dadurch zeigte Richter Siolek, dass er den beiden Angeklagten offensichtlich nicht glaubt.

Weder in der Anklageschrift oder sonst wo sind konkrete Tatvorwürfe gegen die beiden zu finden. Ihre Schuld wird aufgrund einer angeblichen Mitgliedschaft in einer „kriminellen Vereinigung“ vorausgesetzt. Mit dem § 129 StGB braucht einem Angeklagten auch gar keine konkrete Straftat mehr nachgewiesen werden. Ihre Mitgliedschaft in einer Vereinigung macht sie automatisch mitschuldig. Der Vorsitzende Richter zitierte dazu: „Konkrete Taten sind entbehrlich“.

Im Prozess gegen Hasan A. und Ali. K. soll auch das „interne Strafsystem“ der PKK verhandelt werden. Auch hier gibt es keinerlei konkrete Vorwürfe gegen die Beiden. Es wird behauptet, das PKK-Funktionäre mit Körperverletzungen und Freiheitsberaubungen Mitglieder der PKK und andere Kurden bestrafen würden, die gegen die Interessen der Organisation verstießen oder sich weigerten für die Partei Spenden zu geben. Die Cellesche Zeitung und NDR-Online berichten wahrheitswidrig, das die beiden Angeklagten selbst solche Strafen festsetzten und vollstrecken ließen.
Vereinzelte solche Praktiken in den 1980er Jahren und von der Parteiführung nicht gedeckten Aktionen in späteren Jahren, wurden von der Parteiführung als große Fehler bezeichnet und scharf verurteilt.
Dr. Siolek behauptete, das die PKK ein „Klima der Einschüchterung und Angst unter den Kurden“ geschaffen hätte. Wir erinnern hier nur an die letzte Newroz-Demonstration in Frankfurt. Dort demonstrierten über 80.000 Kurden, ohne das sie von der PKK gezwungen wurden.
Aus eigener Erfahrung wissen wir auch, das die Kurden freiwillig für den Freiheitskampf und kurdische Organisationen spenden. Wir selbst leisten auch immer wieder gerne unseren finanziellen Beitrag dafür, ohne von irgendjemand dazu gezwungen zu werden.

Nach politisch motivierter Diffamierung der kurdischen Freiheitsbewegung und dem Verbot der PKK, wird ein Bild von der PKK aufrechtgehalten, welches von vornherein auf falschen Behauptungen beruhte.

Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat vor vier Jahren den bewaffneten Kampf für beendet erklärt und ihre Strukturen diesen Veränderungen angepasst. Die PKK wurde aufgelöst und mit dem Kongress für Freiheit und Demokratie in Kurdistan (KADEK) eine neue Organisation geschaffen. Der KADEK und Abdullah Öcalan unterbreiteten umfassende Vorschläge für eine Demokratisierung der Türkei und entwickelten ein friedenspolitisches Konzept zur Lösung des Kurdistan-Konflikts. Die Beschlüsse der Organisation, sich künftig ausschließlich mit friedlichen Mitteln im legalen Rahmen politisch zu betätigen, gelten auch für Bundesrepublik. Doch statt die Kurdinnen und Kurden auf diesem friedenspolitischen Kurs zu unterstützen und ihre Bemühungen anzuerkennen, zeigen ihnen die politisch Verantwortlichen nach wie vor die kalte Schulter. Die Strafverfolgungsbehörden – in erster Linie Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft - setzen ihre repressive Vorgehensweise fort. Sie argumentieren, die PKK halte sich auch künftig eine Gewaltoption offen. Mit einer solchen durch nichts bewiesenen Behauptung soll einer Aufweichung des PKK-Verbots entgegengewirkt sowie weitere Prozesse und Ermittlungen begründet werden.
Sind es in der Türkei die zahlreichen Kriegsgewinnler, die sich einer friedlichen Lösung beharrlich in den Weg stellen, so verweigern sich in der Bundesrepublik die Verbotsgewinnler einer neuen Entwicklung: einem Heer von Politikern, Richtern, Staatsanwälten, Staatsschutz-, Kriminal- und Polizeibeamten verhalf das PKK-Verbot zu Profilierung und Karriere. Die gegen die Kurdinnen und Kurden gerichtete bundesdeutsche Politik muss endlich beendet werden. Durch polizeiliche Maßnahmen und Dialogverweigerung wird kein einziges Problem gelöst werden.

Um der kurdischen Bewegung und ihrer Einrichtungen eine freie und ungehinderte politische Betätigung zu ermöglichen, hält die Kurdistan Solidarität Uelzen an der Forderung nach Aufhebung des anachronistischen PKK-Verbotes fest. Im übrigen würden auf diese Weise konspirative Verhaltensweisen und Straftatbestände, wie sie kurdischen Politiker/innen immer wieder vorgeworfen werden, nicht mehr vorkommen.


Die nächsten Prozesstage:

Dienstag, 8. April 2003 – 10.30 Uhr
Mittwoch, 9. April 2003 – 10 Uhr
Donnerstag, 17. April 2003 – 10 Uhr

Oberlandesgericht Celle – Saal 94 – Kanzleistrasse


Für Rückfragen stehen wir zur Verfügung: 0172 – 4152311


Uelzen/Celle, 2003-04-03
Kurdistan Solidarität Uelzen

siehe auch Erklärung vom 25.03.2003