31. Juli 2025
OLG Naumburg verurteilt erstmals zwei Kurden wegen Mitgliedschaft in der PKK
Das OLG Naumburg hat am heutigen Donnerstag, den 31. Juli 2025, zwei kurdische Aktivisten aus Magdeburg wegen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu Freiheitsstrafen von 1 Jahr und 5 Monaten und 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt. Die Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt; die Bewährungszeit beträgt 3 Jahre.
Die beiden Kurden waren Ende November 2024 verhaftet worden. Während einer der beiden noch im Dezember 2024 gegen sehr strenge Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist, erfolgte die Entlassung des anderen erst kurz vor Prozessbeginn im Mai.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Beschuldigten in den Zeiträumen 2022 bis 2024 bzw. 2023 bis 2024 Verantwortliche der PKK für den „Raum Magdeburg“ gewesen seien und sich dadurch der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer „terroristischen“ Vereinigung im Ausland nach § 129a, 129b StGB strafbar gemacht hätten. Konkrete individuelle Straftaten wurden den beiden – wie in den allermeisten Verfahren gegen vermeintliche PKK-Mitglieder – nicht vorgeworfen.
Die beiden Kurden hatten sich gegenüber dem Gericht zu ihren persönlichen Verhältnissen eingelassen und über die von ihnen und ihren Familien durch das türkische Regime erlittene Verfolgung erzählt. Sie waren den tatsächlichen Vorwürfen nicht entgegengetreten und hatten die Friedensverhandlungen zwischen dem Regime und der PKK begrüßt. Seitens der Verteidigung war die Bewertung angegriffen worden, dass es sich bei der PKK um eine „Terrororganisation“ handeln soll. Auch hatte eine mehrere Verhandlungstage dauernde Beweisaufnahme zum aktuellen Friedensprozess stattgefunden.
Der Forderung der Verteidigung, das Verfahren insbesondere vor dem Hintergrund des laufenden Friedensprozesses einzustellen, ist das Gericht nicht gefolgt. Es führte in der mündlichen Begründung des Urteils aber aus, dass die Handlungen der beiden Kurden aufgrund der Ausübung eines angenommenen Widerstandsrechts verständlich gewesen seien, dass sie aufgrund der Geschichte der Verfolgung der Kurd:innen jedenfalls nachvollziehbar gewesen seien und es für die Handlungen ein menschlich nachvollziehbares und ehrenwertes Motiv gegeben habe. Auch stellte das Gericht fest, dass zu berücksichtigten war, dass der türkische Staat versuchte, die kurdische Kultur auszulöschen und nannte hierfür als aktuelleres Beispiel die Unterstützung des sog. Islamischen Staats durch das Regime.
Gleichwohl hat das OLG Naumburg, das zum ersten Mal überhaupt selbst über den Vorwurf der PKK-Mitgliedschaft verhandelte, die beiden Kurden zum Ende des Prozesses verurteilt. Die durch das Gericht zur Kenntnis genommenen Umstände führten nicht dazu, dass es von der Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte in Deutschland abwich.
Der Rechtshilfefonds AZADÎ sieht in der heutigen Verurteilung der beiden Magdeburger Kurden eine weitere verpasste Chance, einen Beitrag zum Friedensprozess in der Türkei und Kurdistan sowie zur gerechten Beilegung des Kurdistan-Konflikts zu leisten. Statt an der jahrzehntelangen Kriminalisierung der kurdischen Bewegung, die seit jeher in eine politische Sackgasse geführt hat, muss die bundesdeutsche Justiz ihre Rechtsprechung gegenüber der PKK unbedingt ändern, die Bundesregierung die Verfolgungsermächtigung nach § 129b StGB sowie das Betätigungsverbot gegen die PKK sofort aufheben und die Europäische Union die PKK von der sog. Terrorliste streichen.