AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

09. Juli 2025

Alaaddin Altan wegen PKK-Mitgliedschaft vom OLG Koblenz verurteilt und aus Haft entlassen

Das OLG Koblenz hat am heutigen Mittwoch, den 9. Juli 2025, den kurdischen Aktivisten Alaaddin Altan wegen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Die Strafvollstreckung wurde allerdings auf Bewährung ausgesetzt, sodass der Verurteilte nach der Verhandlung das Gericht selbstbestimmt verlassen konnte.

Der 5. Strafsenat, unter dessen Zuständigkeit Staatsschutzsachen fallen, war überzeugt davon, dass Alaaddin Altan als Mitglied der PKK die Gebiete Mainz, Sachsen und Bremen geleitet habe und verurteilte ihn deshalb wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer „terroristischen“ Vereinigung im Ausland nach §§ 129a, 129b StGB. Individueller Straftaten wurde er – wie in den allermeisten sog. PKK-Verfahren – nicht beschuldigt.

Alaaddin Altan bestritt im Laufe des Verfahrens, dass die PKK eine „terroristische“ Vereinigung und er „Terrorist“ seien. Die konkreten Vorwürfe, an Protesten teilgenommen zu haben, Solidarität mit dem vom Islamischen Staat belagerten Kobanê organisiert zu haben, zu Frauenfestivals oder Newroz-Feiern mobilisiert zu haben u.ä., räumte der 30-Jährige allgemein ein, ohne auf die einzelnen Handlungen näher einzugehen. Er stehe zu seinem politischen Engagement.
Da diese Haltung die Verfahrensdauer deutlich verkürzte, hielt die Vorsitzende Richterin sie dem Angeklagten in ihrer mündlichen Urteilsbegründung zu Gute. Sie würdigte zudem Alaaddin Altans persönliche Geschichte, die von der Vertreibung aus seiner Heimat Nisêbîn (Türkisch: Nusaybin) in Nordkurdistan und Assimilation geprägt ist. Außerdem habe er sehr unter der Untersuchungshaft gelitten, in der er auch sprachlich isoliert gewesen sei. Des Weiteren erkannte die Richterin an, dass der türkische Staat als Aggressor in Kurdistan auftritt und einen Großteil der Verantwortung am Kurdistan-Konflikt trägt. Den neuerlichen Aufruf Abdullah Öcalans zu Frieden verbinde sie mit der Hoffnung, dass die Kurd:innen bald in Frieden leben können.
Trotz all dieser Aspekte, die für den Angeklagten sprachen, verurteilte ihn das Gericht zu einer Freiheitsstrafe – auch wenn die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Daher kritisiert der Rechtshilfefonds AZADÎ die Verurteilung Alaaddin Altans. Wenn das Gericht derart viele Gründe anführt, die das ausschließlich gewaltfreie und sozial adäquate Verhalten des Aktivisten rechtfertigen, und die Realität in Kurdistan ernsthafte Zweifel daran aufkommen lässt, dass es sich bei der PKK um eine „terroristische“ Organisation handelt, dann hat es ihn freizusprechen. Wir freuen uns, dass Alaaddin Altan heute aus der Haft entlassen wurde und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde, aber angemessene Reaktionen auf die Entwicklungen in Kurdistan und der Türkei wären von Seiten der Bundesregierung eine sofortige Aufhebung der Verfolgungsermächtigung nach § 129b StGB und von Seiten der Gerichte die Einstellungen aller Verfahren wegen PKK-Mitgliedschaft.

   
 
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