AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

21. März 2024

Ali Özel wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt

Das OLG Frankfurt hat den kurdischen Aktivisten Ali Özel am heutigen Freitag wegen Mitgliedschaft in der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.

Der 8. Strafsenat, vor dem seit letztem April gegen den 56-Jährigen verhandelt wurde, sah es als erwiesen an, dass er seit Mitte Juli 2019 bis zu seiner Festnahme Ende Mai 2022 als „hauptamtlicher Kader“ für die PKK tätig gewesen sei. Als „Gebietsverantwortlicher“ für das „PKK-Gebiet“ Gießen und später die Gebiete Kassel und Erfurt habe er typische Leitungsaufgaben wahrgenommen, wie Anweisungen gegeben und deren Ausführung kontrollieren, Veranstaltungen und Versammlungen organisiert und Spenden gesammelt. Weil er dies als Mitglied der PKK getan habe, verurteilte ihn der Staatsschutzsenat wegen „mitgliedschaftlicher Betätigung in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ nach §§ 129a, 129b Strafgesetzbuch, eine individuelle Straftat wurde ihm nicht vorgeworfen.

Ali Özel war bereits 2016 vom OLG Stuttgart wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Auch wegen dieser Vorstrafe hatte die Generalstaatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer letzte Woche eine Strafe von 5 Jahren Haft gefordert. Dieser Forderung folgte der Senat am 42. Verhandlungstag nur bedingt.

Das Verhalten des Angeklagten sei laut Gericht von seiner Biografie her durchaus nachvollziehbar. Außerdem ging der vorsitzende Richter sowohl im Verlauf der Hauptverhandlung als auch in der mündlichen Urteilsbegründung auf die Situation in Kurdistan ein und fand deutliche Wort gegenüber der Politik des türkischen Staates. Den Kurd:innen würde grobes Unrecht getan, die Beteiligung der Türkei an dem Dreifachmord an den kurdischen Aktivistinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez 2013 in Paris sei naheliegend, sie setze international geächtete Chemiewaffen gegen die Guerilla ein und habe sich mit dem terroristischen Islamischen Staat eingelassen, außerdem seien die Angriffe in Nordsyrien und im Nordirak zunehmend völkerrechtswidrig.

Ali Özels Verteidiger, Rechtsanwalt Frank Jasenski, erkannte an, dass das Gericht es sich nicht einfach gemacht habe und die Situation der Kurd:innen zu erfassen versucht hätte. Es habe allerdings keine Konsequenzen daraus gezogen und statt den Widerstand der Kurd:innen als legitimen Befreiungskampf und nachvollziehbare Reaktion zu bewerten, an der herrschenden Rechtsprechung festgehalten und seinen Mandanten schließlich verurteilt.

Der Rechtshilfefonds AZADÎ kritisiert die Verurteilung Ali Özels, die die dritte Verurteilung eines Kurden durch ein deutsches Gericht nach §§ 129a, 129b StGB innerhalb von anderthalb Wochen ist. Sabri Çimen war vom OLG Koblenz am 13. März und Tahir Köçer vom OLG München am 15. März wegen Mitgliedschaft in der PKK verurteilt worden.

Auf diese Weise steht die deutsche Justiz auf der falschen Seite der Geschichte, wenn sie im Sinne des Erdoğan-Regimes die Vorgaben der Bundesregierung exekutiert. Das Bundesjustizministerium erteilt schließlich eine Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung einer Organisation nach § 129b StGB. Daher braucht es dringend ein Umdenken an den Oberlandesgerichten sowie einen Politikwechsel der Bundesregierung, wenn auf absehbare Zeit ein Weg aus dem Kurdistan-Konflikt gefunden werden soll. Das OLG Frankfurt hat heute diese Chance vertan.

   
 
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