AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

11. Mai 2021

Bayern und Baden-WÜrttemberg vorn: Festnahmen am laufenden Band

Im Zuge der Durchsuchung des kurdischen Medya Volkshauses sowie zeitgleich der Privatwohnung des Ko-Vorsitzenden des Vereins in Nürnberg am 7.  Mai, wurde dort der Aktivist Mirza B. festgenommen.  Laut Beschluss des Oberlandesgerichtes (OLG) München vom 30. April 2021 wird er beschuldigt, als PKK-Mitglied das Gebiet Nürnberg verantwortlich geleitet zu haben (§§129a/b StGB). Seit Eröffnung des Haftbefehls befindet er sich in Untersuchungshaft in der JVA Augsburg-Gablingen.

Heute hat die Bundesanwaltschaft aufgrund eines Haftbefehls des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai in Heilbronn den Aktivisten Abdullah Ö. festnehmen lassen. Ihm wird vorgeworfen, Mitglied in einer „terroristischen“ Vereinigung im Ausland gewesen zu sein und seit August 2019 verschiedene „PKK“-Gebiete, u.a. Darmstadt, Mannheim und Saarbrücken, verantwortlich geleitet zu haben (§§129a/b StGB).

Wegen des gleichen Vorwurfs wurde heute in Esslingen der Aktivist Mazlum D. festgenommen. Im Zuge der Ermittlungen gegen ihn wurde aufgrund des Beschluss des OLG Stuttgart vom 4. Mai auch die Wohnung einer Bekannten durchsucht, wo sich der Festgenommene häufiger aufgehalten haben soll. Mazlum D. wird beschuldigt, sich ab Mitte Juli 2019 für das „PKK“-Gebiet Heilbronn betätigt zu haben.

Die Tätigkeiten beider Festgenommenen haben u.a. darin bestanden, Versammlungen organisiert, Vereinsmitglieder zur Teilnahme an Veranstaltungen mobilisiert, Spendenkampagnen durchgeführt oder Kontakte zu anderen „PKK-Kadern“ unterhalten zu haben.

Individuelle Straftaten werden ihnen nicht vorgeworfen.

Seit inzwischen Jahrzehnten erledigen die Strafverfolgungsbehörden geschäftsmäßig und routiniert ihr Geschäft der Repression gegen kurdische Aktivist*innen: festnehmen, anklagen, verurteilen. Mit Rückendeckung der politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern steht dabei im Vordergrund nicht etwa eine behauptete Gefährdung der inneren Sicherheit durch Kurdinnen und Kurden, sondern einzig die außenpolitischen Interessen und Rücksichtnahmen auf den NATO-Partner Türkei. Dessen brutales Vorgehen gegen Kurd*innen und Oppositionelle im eigenen Land, seine völkerrechtswidrigen Militärangriffe auf Rojava/Nordsyrien und Südkurdistan/Nordirak, seine Aggressionen um Erdgasvorkommen im Mittemeer und die expansionistische Rolle, die das türkische Regime im Libyen-Konflikt spielt, sind für die Bundesregierung kein Grund, auf Distanz zu bleiben.

Während der deutsche Außenminister gegenüber anderen Staaten – wie Russland oder China - nie um harsche Worte verlegen ist, wenn es um Menschenrechtsverletzungen, inhaftierte Oppositionelle und autoritäre Strukturen geht,  schweigt er zu den Zuständen in der Türkei und macht sich so mitschuldig.

Dieses doppelgesichtige Verhalten zeigt sich auch darin, dass Kurdinnen und Kurden in Deutschland der politisch motivierten strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt und ihre Aktivitäten – wie in der Türkei - als „Terrorismus“ stigmatisiert und kriminalisiert werden.

Beleg hierfür sind die jüngsten Festnahmen. Sie sollen signalisieren, dass die deutsche Politik mit ihrem antikurdischen, antidemokratischen Kurs fest an der Seite des türkischen Regimes steht.

Es muss Schluss damit sein, dass Kurdinnen und Kurden den Preis zahlen müssen für diese von wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen geleitete Politik der Heuchelei.

Die Stimmen müssen lauter werden, die NEIN dazu sagen, dass Menschen wegen ihrer politischen Betätigung zu „Terroristen“ gemacht werden und jahrelange Haftstrafen verbüßen müssen.

Derzeit sind elf kurdische Aktivisten in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

 

   
 
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