AZADI RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

10. März 2005

Verfahren gegen Kurden muss nach BGH-Entscheidung neu verhandelt werden

Eröffnung der Neuverhandlung vor dem OLG Celle am 11. März

Weil die kurdischen Politiker Hasan A. und Ali K. im Zeitraum von Mai 2000 bis März 2002 als Gebietsverantwortliche der PKK tätig gewesen sind, waren sie im Oktober 2003 vom Oberlandesgericht (OLG) Celle wegen „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ (§129 StGB) zu je mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hatten die Betroffenen Revision eingelegt.

In einer Entscheidung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) wurde das Celler Urteil zwar dahingehend bestätigt, dass die Führungsebene der PKK (die seit April 2002 nicht mehr existiert) weiterhin als „kriminelle Vereinigung“ einzustufen sei. Die Gründe hierfür seien die anhaltenden systematischen Schleusungen von Funktionären mit falschen Papieren sowie die Anwendung eines internen Strafsystems.

Doch wurde von den Richtern des Staatsschutzsenats die Behauptung des OLG Celle missbilligt, die PKK habe sich trotz ihres Kurswechsels die Möglichkeit einer Rückkehr zu demonstrativen Gewaltstraftaten in Deutschland vorbehalten, sollte sich die Lage für die Organisation verschlechtern oder die ihres früheren Vorsitzenden Abdullah Öcalan, der seit sechs Jahren als einziger Gefangener auf der Insel Imrali inhaftiert ist. Diese mögliche Anwendung von Gewalt erfülle laut OLG-Urteil den Tatbestand der kriminellen Vereinigung. Dieser Auslegung des §129 Abs. 1 StGB mochten die Richter des BGH jedoch nicht folgen. Ihrer Auffassung nach könne eine Vereinigung nur dann als „kriminell“ eingestuft werden, wenn sie „auf die Begehung von Gewalttaten gerichtet“ und „dies ihr verbindlich festgelegtes Ziel“ sei. Ein Zusammenschluss, der seine Ziele mit friedlichen und politischen Mitteln verfolgt und „sich die Begehung von Straftaten nur unter bestimmten Bedingungen vorbehält, von denen nicht abzusehen ist, ob und wann sie eintreten“, werde laut BGH von diesem Tatbestand nicht erfasst.

In diesem Punkt wurde der Strafausspruch gegen die beiden kurdischen Politiker aufgehoben und das Verfahren an einen anderen Senat des OLG Celle zurückverwiesen. Die Karlsruher Richter empfehlen zudem, in einer neuen Verhandlung Feststellungen dahingehend zu treffen, „ob die Absage der PKK an demonstrative Gewalttaten im Rahmen des Friedenskurses ernst gemeint oder nur taktisch motiviert“ gewesen ist. Dies sei in dem Celler Urteil nicht hinreichend bewertet worden.

Die Neuverhandlung vor dem 2. Strafsenat des OLG Celle beginnt am

Freitag, den 11. März 2005, um 10.00 Uhr, Saal 94, Kanzleistraße 4

Das Verfahren ist vorerst bis zum 29. April terminiert.


 
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