AZADI infodienst nr. 88
april 2010


 

repression

 

NRW Linkspartei erwägt Klage gegen Innenministerium

Die Linkspartei verlangt im Zusammenhang mit dem Jahresbericht 2009 des NRW-Verfassungsschutzes Auskunft darüber, welche Informationen über die einzelnen Vorstandsmitglieder gesammelt worden sind. Laut Wolfgang Zimmermann, Landeschef der Linken, erwäge die Parteiführung eine Klage gegen das NRW-Innenministerium. Er warf dem Verfassungsschutz vor, seine Partei in die Nähe gewaltbereiter Autonomer zu rücken. Dies sei „Wahlkampf mit unlauteren Mitteln“. Die Leiterin der Behörde, Mathilde Koller dagegen: „Wir halten uns strikt ans Gesetz. Im Fokus des Verfassungsschutzes stehen keine Personen, sondern Bestrebungen.“ Schlimm, schlimm – die Partei dulde „Auffassungen orthodoxer Kommunisten“. Zimmermann: die Linke sei eine pluralistische Partei, zu der die Kommunistische Plattform ebenso gehöre wie ein Zusammenschluss von Christen.

(Azadî/FR, 3./5.4.2010)

 

Linken-Abgeordneter Andrej Hunko: Prozess gegen mutmaßliche DHKP-C-Angeklagte «ein Sonderfall und Politikum» / EU-Terrorliste muss weg

„Erstens ist die EU-Terrorliste rechtsstaatswidrig, weil sie ausschließlich von der Exekutive bestimmt wird. Konkret sieht es so aus, dass ein Geheimgremium dem EU-Ministerrat vorschlägt, welche Organisationen in die Liste aufgenommen werden sollen. Die EU-Terrorliste muss also weg, sie unterliegt keiner demokratischen Kontrolle. Zweitens verhindert sie, dass die EU-Mitgliedstaaten vermittelnd in Konflikten aktiv werden können. Alle politischen Verbindungen zu den aufgeführten Organisationen sind nämlich untersagt. So konnte Norwegen die EU nicht in die Friedensbemühungen in Sri Lanka einbinden, weil die tamilischen Befreiungstiger als Terrororganisation galten. Der Bürgerkrieg nahm dann ein blutiges Ende mit Tausenden von Toten,“ so der LINKE-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko gegenüber der jungen welt.
Er hatte am 13. April einen Prozesstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gegen drei mutmaßliche Unterstützer DHKP-C beobachtet. Ihnen wird vorgeworfen, gegen den § 34 Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. „Diese Bestimmung sollte ursprünglich verhindern, dass Embargos gegen geächtete Staaten unterlaufen werden. Mit Einführung der EU-Liste angeblicher terroristischer Organisationen fallen nun auch finanzielle Verbindungen mit solchen Organisationen unter den Straftatbestand des § 34. Jetzt will die Staatsanwaltschaft den Angeklagten Zahlungen an die DHKP-C, die auf der EU-Terrorliste steht, nachweisen.“ Der Prozess sei ein „Sonderfall und ein Politikum“ und rechtlich sehr umstritten. „Um sicherzugehen, dass auf jeden Fall Anklage erhoben werden konnte, hat die Staatsanwaltschaft den drei Beschuldigten außerdem die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Organisation vorgeworfen.“ Die VerteidigerInnen haben den Fall an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zur Prüfung vorgelegt. Für den 12. Mai wird mit einer Entscheidung gerechnet; sie wird für politisch Verfolgte von großer Bedeutung sein.

(Azadî/jw, 15.4.2010)

 

12.-22. April: NATO-Luftmanöver «Bravourös und leidenschaftlich»
Deutschland ist Gastgebernation / Luftangriffübung auf welches Land?

Vom 12. bis 22. April findet ein großangelegtes Luftmanöver der NATO Response Force NRF (Eingreiftruppe der NATO) im norddeutschen Raum statt. Daran beteiligt sind mit Flugzeugen die 22. Fighter Squadron (Kampfstaffel) von der Air Base Spangdahlem und die 351. Refueling Squadron (US-Luftbetankungsstaffel) vom Flugplatz der Royal Air Force in Mildenhall (Großbritannien) und jenen der Luftstreitkräfte Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Polens, der Tschechischen Republik und der Türkei.
Außer Luftfahrzeugen (Kampfjets, Bomber, Hubschrauber, Tankflugzeuge und AWACS-Maschinen) werden auch breit gestreute bodengestützte Systeme zur Abwehr taktischer Raketen und gegnerischer Flugzeuge üben. Die Übungsteilnehmer sollen dabei aus dem NATO-Gefechtsstand in Izmir/Türkei geführt werden.
„Mit BAT 10 sollen die Kompatibilität, die Einsatzbereitschaft und die Fähigkeiten der Luftstreitkräfte der NRF 15 getestet, zusammengeführt und validiert werden; gleichzeitig werden die für NRF-Missionen erforderlichen Kommandostrukturen in realistischen Szenarien überprüft“. Zu dieser Einschätzung kommt LUFTPOST, die Friedenspolitischen Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein. Weiter heißt es:
„Von der Bundesregierung durch verschleiernde Ankündigungen geschützt, bereiten die USA und die NATO insgeheim schon den nächsten völkerrechts- und verfassungswidrigen Angriffskrieg auf und über dem Territorium der Bundesrepublik vor, obwohl unser Grundgesetz das verbietet und die Mehrheit der deutschen Bevölkerung jede Kriegsbeteiligung ablehnt.“
Infos: www.luftpost-kl.de
Das Luftmanöver trägt den Namen „Brilliant Ardent 2010/BAT 10“ („Bravourös und leidenschaftlich“). Die Meldung der USAFE über das Manöver wurde von LUFTPOST übersetzt und kommentiert. In Originalsprache: www.usafe.af.mil/news/story.asp?id=123199666

(Azadî/LUFTPOST, 17.4.2010)

 

Menschenrechtsinstitut: Begriff «Rasse» aus Grundgesetz streichen

Das Institut für Menschenrechte fordert, den Begriff „Rasse“ aus Artikel 3 des Grundgesetzes zu streichen. „Der Begriff ist historisch extrem belastet. Seit dem 18. Jahrhundert gibt es Theorien und Konstrukte, nach denen Menschen in unterschiedliche ‚Rassen’ eingeteilt werden, was darin gipfelt, dass nach höher- und minderwertigen ‚Rassen’ unterschieden wird“, sagt Hendrik Cremer, wissenschaftlicher Referent des Instituts in einem Gespräch mit dem Neuen Deutschland. Im europäischen Recht würden häufig die Begriffe ‚ethnische Herkunft’ oder ‚ethnische Zugehörigkeit’ verwendet, was aber ebenso suggeriere, „dass es bestimmte Gruppen gibt, die man nach objektiven Maßstäben unterteilen könne.“ Das Institut schlage vor, dass man von „rassistischer Benachteiligung oder Bevorzugung sprechen“ solle, „die verboten ist“.
Auf die Frage, wer eine entsprechende Änderung durchsetzen könne, erläutert Hendrik Cremer: „Bei den einfach-gesetzlichen Bestimmungen wie zum Beispiel dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz würde eine einfache Mehrheit des Bundestages, also mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen, ausreichen.“ Es sei bedauerlich, dass sich bisher niemand mit der Änderung der Formulierung beschäftigt habe.

(Azadî/ND, 15.4.2010)

 

Repression gegen Tamilen in den Niederlanden

Am Morgen des 26. April wurden in verschieden Städten der Niederlande insgesamt 16 Objekte von Tamilen durchsucht und 7 Personen festgenommen, darunter ein mutmaßlicher Funktionär der LTTE. Außerdem sind Computer, Dokumente und 40 000,– € beschlagnahmt worden.

(Azadî/Firat News, 26.4.2010)

 

Keine Amtshilfe für Massenmörder – Schützt die Opfer, nicht die Täter“
Exilgemeinde fragt: Müssen Tamilen nun auch in Deutschland Angst haben?

„Nach UN-Angaben starben während der Armeeoffensive im Durchschnitt jeden Tag 116 Menschen durch Artilleriebeschuss und Luftangriffe. Medienberichten und UN-Vertreter Gordon Weiss zufolge wurden in der Schlussphase bis zu 40 000 tamilische Zivilisten getötet. […] Videos belegen die Exekution gefangener Tamilen durch Soldaten im Kriegsgebiet. Nach Kriegsende wurden die 300 000 Überlebenden dieses Massakers in Internierungslager gesperrt, wo viele von ihnen den unmenschlichen Bedingungen erlagen. Täglich verschwanden Überlebende spurlos, nachdem sie von der Armee abgeführt wurden.“ So steht es in einem Infoblatt des Internationalen Menschenrechtsvereins Bremen e.V. mit der Überschrift „Keine Amtshilfe für Massenmörder – schützt die Opfer, nicht die Täter“. Im Zusammenhang mit den im März verhafteten sechs Aktivisten der LTTE (Azadî berichtete im info 87) wegen des Vorwurfs des § 129 i.Verb.m. § 34 Außenwirtschaftsgesetz, fordert der Verein von den deutschen Behörden, „ihren Fehler zu korrigieren und sich nicht zum Handlanger eines Massenmörders (Generalmajor Jagath Dias, im September 2009 als Stellvertretender Botschafter Sri Lankas nach Berlin entsandt, von Menschenrechtsorganisationen und UN-Vertretern verantwortlich gemacht für massive Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) machen zu lassen.“ Weiter wird die Bundesregierung aufgefordert, diesem Militär „die Akkreditierung als Botschafter zu entziehen und ihn zur persona non grata zu erklären, um die in Deutschland lebende tamilische Exilgemeinde zu schützen.“ Außerdem sollten „konkrete Schritte zur Untersuchung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die srilankische Regierung“ aufgenommen werden, „um Gerechtigkeit für die Opfer zu schaffen.“

Kontakt: www.humanrights-server.org (Kampagnenseite) und www.ptsrilanka.org (Sri Lanka Tribunal)

 

Redakteur des Gefangenen Info zu Geldstrafe verurteilt

Zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen à zehn Euro wurde der leitende Redakteur des Gefangenen-Info, Wolfgang Lettow, am 19. April vom Amtsgericht Berlin verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, in der Solidaritätszeitung einen kritischen Bericht über den Prozess gegen türkischstämmige Linke in einem § 129b-Verfahren abgedruckt zu haben, wo sich der vorsitzende Richter falsch zitiert sah und erstattete Anzeige. Gegen den Strafbefehl hatte Lettow Widerspruch eingelegt: „In Anbetracht der Tatsache, dass linke Medienprojekte wie das Gefangenen Info keine kommerziellen Ziele verfolgen und somit nicht über ein dickes Finanzpolster verfügen, gleicht jeder Strafbefehl und jede Geldstrafe einem massiven Angriff, der die Existenz dieses Projektes gefährdet.“
Spenden: Gefangenen Info, Kto.Nr. 10382200, BLZ: 20010020 bei der Postbank Hamburg;
Informationen: www.gefangenen.info

(Azadî/jw, 22.4.2010)

 

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