gerichtsurteile
EU-Gericht: Gründungschef der philippinischen KP, José Maria Sison, muss von der EU-Terrorliste gestrichen werden
Das Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ECFI) in Luxemburg hat entschieden, den seit 1987 in Utrecht/NL im Exil lebenden Gründungschef der KP der Philippinen, José Maria Sison, endgültig von der EU-Terrorliste zu streichen. Anfang 2002 war der Politiker auf Antrag der Niederlande vom EU-Ministerrat auf die Liste gesetzt worden, weil er als Führer der KP und ihrer Guerillaorganisation der Neuen Volksarmee für Auftragsmorde an ehemalige Genossen verantwortlich gewesen sein soll. Die Richter des ECFI urteilten, dass es keine Beweise dafür gebe, dass Sison in terroristische Aktivitäten verwickelt sei und seine Listung den Anforderungen von EU-Richtlinien nicht genüge. Außerdem hätte das Einfrieren seiner Konten nicht vorgenommen werden dürfen, solange Sison nicht rechtskräftig wegen terroristischer Aktivitäten verurteilt oder zumindest kein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei. Sein belgischer Anwalt, Jan Fermon, erklärte, sein Mandant sei allein aufgrund von Verdachtsmomenten eines geheim tagenden Gremiums des EU-Ministerrats auf die Terrorliste genommen worden mit der Folge, dass ihm die niederländische Regierung seit Oktober 2002 die Sozialhilfe sowie die Kranken- und Rentenversicherung gestrichen hatte und seine Konten sperren ließ. Ferner wurde Handelspartnern bei Strafandrohung untersagt, mit Sison Verträge zu schließen oder Leistungen an ihn auszuzahlen. „Wir werden alles daransetzen, dass der Schaden, der Herrn Sison über all die Jahre entstanden ist, soll ersetzt und ihm Schmerzensgeld gezahlt wird,“ erklärte Jan Fermon.
José Maria Sison bekennt sich bis heute offen zum Kommunismus und zur Revolution.
(Azadî/jw, 5.10.2009)
VG Münster erklärt «Gesinnungstests» für Ausländer als rechtswidrig
Kläger Mourad Qortas: «Eine schreckliche Spitzelmentalität»
Der Marokkaner Mourad Qortas, Student der Philosophie in Münster, ist der erste Ausländer in Deutschland, der gegen die vom Land NRW vorgeschriebene so genannte Sicherheitsbefragung erfolgreich geklagt hat. Das Verwaltungsgericht Münster erklärte am 8. Oktober diese „Gesinnungstests“ aus vorwiegend formalen Gründen für rechtswidrig. So sei dem Kläger nicht dargelegt worden, warum er diesen Fragebogen ausfüllen soll. Inhaltlich hat das Gericht den umstrittenen Test nicht bewertet. Der Anwalt des Studenten, Wilhelm Achelpöhler, erwägt deshalb eine zweite Klage.
Die im Jahre 2007 vom NRW-Innenministerium erlassenen „sicherheitsrelevanten Befragungen“ müssen nun überarbeitet werden; zuvor sind die Behörden verpflichtet, „alle bis dato ausgefüllten Bögen zu vernichten“, erklärte der Münsteraner Gerichtssprecher Michael Labrenz. Es müsse davon ausgegangen werden, dass dieser Fehler in den bislang mehr als 13 300 Befragungen gemacht worden sei.
Jeder Ausländer, der sich in Deutschland aufhalten will und aus einem als gefährdet eingestuften Staat stammt, musste den Test im Ausländeramt bestehen. Dies galt auch für Studenten und Wissenschaftler, die sich für ein Forschungs- oder Studiensemester in Deutschland aufhalten. So wurden Personen u. a. gefragt, ob sie gefälschte Dokumente oder Papiere für die Einreise genutzt haben oder ob sie an einer „Spezialausbildung im Gebrauch von Sprengstoffen oder Chemikalien (…) teilgenommen“ hätten. Oder ob der/die Betroffene Menschen kenne, die Kontakte zu einem der als terroristisch eingestuften Vereine pflegen. „Diese Fragen rufen eine schreckliche Spitzelmentalität hervor,“ sagt Qortas. So wachse Misstrauen und Voreingenommenheit. Oft sei man auch nervigen Witzen ausgesetzt. „Fast jedem von uns wurde schon einmal scherzhaft gesagt: Und, wo hast Du Deine Bombe?“
(Azadî/FR, 9.10.2009)
OVG Saarlouis: Heiratswillig reicht für Abschiebeschutz nicht aus
Laut einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Saarlouis ist ein heiratswilliger Ausländer nur dann vor einer Abschiebung sicher, wenn die Eheschließung „unmittelbar bevorsteht“. Nur dann könne der verfassungsrechtlich garantierte Schutz der Ehe schon im Vorhinein wirksam werden. Der Entscheidung zugrunde lag die Beschwerde eines aus dem Kosovo stammenden Mannes, der vergeblich versucht hatte, als asylberechtigt anerkannt zu werden. Er sollte nun in sein Heimatland abgeschoben werden und hatte geltend gemacht, dass er eine Deutsche heiraten wolle.
(Azadî/ND, 23.10.2009)