An unsere Freundinnen und Freunde in Griechenland und in Deutschland

Stellungnahme zum deutsch-griechischen Zukunftsfond (DGZ)

14. Oktober 2016

Auch in diesem Jahr war der AK Distomo anlässlich des Jahrestags des Massakers in Distomo vom 10.6.1944 nach Griechenland gereist. In den zahlreichen Gesprächen, die wir in dieser Zeit geführt haben, ist uns deutlich geworden, wie präsent der deutsch-griechische Zukunftsfond vielerorts geworden ist und dass eine Debatte darüber gibt, wie dieser einzuschätzen sei. Wir möchten diese Beobachtung zum Anlass nehmen, unsere Sicht auf diese Initiative des Auswärtigen Amtes und der Bundesregierung zu erläutern. Wir beziehen uns dabei primär auf den DGZ, andere Projekte der Bundesregierung mit ähnlicher Zielrichtung sind das deutsch-griechische Jugendwerk oder die Deutsch-Griechische Versammlung.

Der DGZ ist nach Angaben der Bundesregierung eine Einrichtung, durch die eine gemeinsame deutsch-griechische Erinnerungskultur gefördert und die historische Aufarbeitung der Verbrechen während der Besatzungszeit von 1941-1944 unterstützt werden soll. Dieser Förderfonds soll über vier Jahre (2014-2017) laufen und jährlich mit 1 Mio. Euro bestückt werden. Gefördert wurden u.a. Projekte in verschiedenen Opfergemeinden wie Lechovo, Kommeno oder Kalavryta. Die Entscheidung über Vergabe der Mittel liegt dabei nicht etwa in einer gemeinsamen deutsch-griechischen Kommission, sondern allein bei dem Auswärtigen Amt bzw. dem DAAD (siehe Drucksache 18/4863:5). Der Name dieser Institution enthält also schon eine Irreführung.

Die Bundesregierung hat in einer Antwort auf eine so genannte Kleine Anfrage durch die Partei ”Die Linke” im vergangenen Jahr ausdrücklich betont, dass dieser Fond nichts mit Fragen von Entschädigung oder Reparationen zu tun habe, weil,- und diese Begründung ist ebenso schlicht wie ignorant,- diese Fragen aus ”deutscher Sicht rechtlich und politisch abgeschlossen sind” (Drucksache 18/4863:4). Formuliert wird der Zweck des DGZ so: ”Durch konkrete Einzelmaßnahmen und Gesten der Versöhnung könne und wolle die Bundesregierung ihr uneingeschränktes Bekenntnis zur ihrer besonderen politischen-moralischen Verantwortung unterstreichen.”

Wir sehen in der Einrichtung dieses Fonds in erster Linie eine politische Abwehrreaktion auf die griechischen Forderungen nach Entschädigung und Reparationen für die deutschen Verbrechen während der Besatzungszeit. Denn die Brisanz des Themas für Deutschland besteht fort:
Zum einen durch die juristische Entwicklung in Italien: Der Kassationshof in Rom entschied im Jahr 2015, dass die Vollstreckung des griechischen Urteils des Landgerichts Levadia aus dem Jahr 1997 im Fall Distomo gegen deutsches Eigentum in Italien weiterhin möglich sei!
Zum anderen durch Veröffentlichung des Berichtes des interfraktionellen parlamentarischen Ausschusses in Griechenland, der die deutsche Reparationsschuld auf € 269 Milliarden beziffert.

Die Gründung des DGZ markiert einen gewissen Strategiewechsel der deutschen Seite, flankiert durch den Besuch von Bundespräsident Gauck in Griechenland im Jahr 2014, ohne jedoch das eigentliche Ziel aufzugeben. Das Ziel der Bundesregierung ist gleich geblieben, Deutschland will auch weiterhin keinen Cent an die Opfer und Überlebenden der Naziverbrechen zahlen, Deutschland will seine Schulden an Griechenland (Zwangsanleihe, Reparationen) nicht zahlen. Deutschland leugnet jegliche rechtliche Verpflichtung, die sich aus den Naziverbrechen ergibt.

Der DGZ funktioniert in dieser Situation wie ein ”Trojanischer Pferd”. Zum einen soll vermittelt durch diese finanzielle Förderung die Kontrolle darüber gewonnen werden, in welcher Art und Weise die Bundesregierung innen- wie außenpolitisch gesehen werden will, nämlich als eine Regierung, die angeblich historische Aufarbeitung befördert, und Vorbild in Sachen Erinnerungskultur sein will, eine PR Kampagne, wenn man so will.

Darüber haben die Bemühungen den DGZ voranzutreiben das Ziel, die Debatte dahin zu verschieben, dass in Griechenland nicht länger die Fragen von Entschädigungen und Reparationszahlungen thematisiert werden, sondern die deutschen Inszenierungen von Versöhnung und Erinnerung. Denn für die Vertreter der Gemeinden wäre es schwierig, einerseits zu kooperieren, um wirklich gute und notwendige Projekte endlich zu realisieren, andererseits genauso vehement für Entschädigungen einzustehen. Auf diese Weise wird versucht, den politischen Druck auf Deutschland zu reduzieren.

Durch die deutschen Bemühungen, regionale Gemeindevertretungen einzubinden, wird Entsolidarisierungstendenzen Vorschub geleistet. Deutschland schafft sich mit kleinen Zuwendungen eine Reihe von politischen Botschaftern in Griechenland. Auch aus diesem Grund lehnen der Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands gegenüber Deutschland sowie andere Opferverbände den Zukunftsfonds ab.

Der AK-Distomo war und ist der Auffassung, dass ein Erfolg in der Entschädigungsfrage nur dann möglich ist, wenn durch juristische, politische und ökonomische Mittel genügender Druck aufgebaut wird, um Deutschland zum Einlenken zu zwingen. Deutschland hat noch nie in seiner Geschichte freiwillig und aus Einsicht einen Cent an Entschädigungen gezahlt, nicht für deutsche und schon gar nicht für ausländische Opfer der Naziverbrechen. Selbst die unzulängliche Entschädigung der NS-Zwangsarbeiterinnen und -zwangsarbeiter war nur möglich, weil Deutschland mit Sammelklagen und Boykottdrohungen an den Verhandlungstisch gezwungen wurde.

Wir halten die Gefahr für groß, dass ein Eingehen auf die vermeintliche Versöhnungsgeste Deutschlands das entschlossene Eintreten für Entschädigung und Reparationen schwächen wird. Wer mit der deutschen Regierung kooperiert, kann diese nicht gleichzeitig bekämpfen. Und letzteres halten wir für zwingend notwendig.

Wir sind der Meinung, dass es notwendig ist, über die wahren Ziele Deutschlands ufzuklären und deutlich zu machen, wozu der DGZ dient. Der DGZ dient nicht ncht der Versöhnung, sondern der gezielten Schwächung der Forderung nach Enschädigung. Wir sind deshalb dafür, den DGZ und die anderen deutschen Insitutionen mit ähnlicher Zielrichtung öffentlich abzulehnen und zu boykttieren.

Wir möchten daher alle Freundinnen und Freunde in Griechenland und Deutschland dazu einladen, mit uns gemeinsam weiter entschlossen für die Entschädigung der griechischen NS-Opfer einzutreten und parallel in Griechenland und Deutschland eine Kampagne gegen den DGZ und andere ähnlich ausgerichtete Institutionen Deutschlands einzuleiten.

Deutschland muss endlich seine Schulden zahlen!

AK-Distomo, Hamburg, den 14. Oktober 2016

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