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 Italien
Kontrollen vor Europa-Sozialforum
Attac Deutschland protestiert gegen Behinderung durch Berlusconi-Regierung
 
Rom (ND/dpa/epd) Die Versuche konservativer Kräfte, das für den 7. bis 10. November nach Florenz einberufene Europäische Sozialforum zu verbieten oder in die Provinz zu verbannen, sind gescheitert. Zugleich führte Italiens Regierung — entgegen dem Schengen-Abkommen — gestern wieder Grenzkontrollen ein, um zu verhindern, dass gewaltbereite Extremisten zu dem Treffen von Globalisierungs-Kritikern einreisen. Auf dem Europäischen Sozialforum wird mit Zehntausenden Teilnehmern gerechnet, darunter viele Deutsche. Die Grenzkontrollen sollen bis zum Ende der Konferenz andauern.
In Florenz selbst werden rund 6000 Polizisten eingesetzt. Der Regierung gehe es vor allem darum, blutige Krawalle wie am Rande des G-8-Gipfels im Juli 2001 in Genua zu verhindern. Damals erschoss ein Polizist einen jungen Italiener, über 200 junge Leute wurden bei den Ausschreitungen verletzt. Die Polizisten, die in Florenz zum Einsatz kommen, dürfen keinen Gebrauch von Schusswaffen machen. Um Zusammenstöße mit Demonstranten zu verhindern, habe die Polizei Anweisung erhalten, äußerst zurückhaltend zu sein, meldeten gestern italienische Tageszeitungen. Die Polizisten dürften Helme tragen, müssten ihre Schutzschilde aber in den Einsatzwagen lassen, um keine Gewalt zu provozieren. Während der Dauer des Treffens von kommenden Donnerstag bis Sonntag soll die Altstadt rund um die Uhr bewacht werden.
Gegen die massive Behinderung des Europäischen Sozialforums durch die Grenzkontrollen hat Attac Deutschland Protest erhoben. Attac-Koordinierungskreismitglied Hugo Braun erklärte dazu: »Die von der Regierung Berlusconi angeordneten Grenzschikanen stellen einen Angriff auf die demokratischen Grundrechte der EU-Bürger dar.« Zugleich weist Braun die Verdächtigungen zurück, in Florenz würden sich gewaltbereite Gruppen versammeln. Die Aufzählung von Attac Deutschland durch Italiens Innenminister Pisano sei eine Verleumdung.
Die Globalisierungskritiker aus ganz Europa wollen in Florenz auf einer Vielzahl von Konferenzen und Seminaren ihre Forderungen nach einem gerechteren und friedlichen Europa artikulieren. Prominentester Konferenzredner aus Deutschland ist Frank Bsirske, Vorsitzender der vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, der weltgrößten Branchengewerkschaft.
Parlamentarier italienischer Oppositionsparteien wollen ab heute an den italienischen Grenzkontrollstellen präsent sein, um Übergriffe der Behörden nach Möglichkeit zu verhindern.

(ND 02.11.02)


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