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Peitsche und gespielte Normalität

Erneute Repression gegen die APPO in Oaxaca, Mexiko. Bewegung mobilisiert weiter.

Die staatliche Repression gegen die breite soziale Bewegung im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca geht weiter. Am 13.1.2007 wurde eine Mahnwache vor dem Gefängnis in Miahuatlan von über 100 Polizisten gewaltsam aufgelöst. Nach ZeugInnenaussagen wurde die Kundgebung vor dem lokalen Gefängnis, in dem mehrere Gefangene der Volksversammlung von Oaxaca (APPO) einsitzen, mit brutaler Gewalt geräumt. Seit Juni 2006 fordert die APPO den Rücktritt von Gouverneur Ulises Ruiz sowie eine grundlege Demokratisierung des Bundesstaates.

Die Operation fand im Kontext einer Demonstration von etwa 500 AnhängerInnen der APPO sowie Angehörigen der Toten, Verschwundenen und Gefangenen der APPO statt. Nach Beendigung der Demonstration wurden weitere fünf Personen auf dem Rückweg nach Oaxaca-Stadt brutal geschlagen und festgenommen. Mindestens acht AktivistInnen wurden insgesamt festgenommen, so dass die Bewegung nun 69 Gefangene beklagt.

Vorwand der Polizei waren nach Angaben der APPO Ausschreitungen seitens der DemonstrantInnen. Ein Agent der Regierung, der während der Demonstration permanent filmte und telefonierte, wurde von den AktivistInnen festgesetzt. Er hatte ein Messer und eine Quittung über eine erhaltene Zahlung von der Regierung bei sich. Die AnhängerInnen der APPO übergaben den Mann schliesslich der Polizei, die verneinte, dass es sich um einen Agenten aus ihren Kreisen handle. Yolanda Gutiérrez, Mutter von Christian Cebolledo Gutiérrez, einem der APPO-Gefangenen, kam im Interview zu dem Schluss, dass es sich bei der Operation um einen gezielten Coup gegen die Angehörigen der Gefangenen gehalten habe. Sie wurde von Polizisten mit dem Tod bedroht und konnte nur aufgrund der schnellen Hilfe von MitdemonstrantInnen entkommen. ?Die aktuelle Regierung geht vor wie eine Diktatur! Wir verlangen doch nur friedlich die Freilassung unserer Kinder?, so Gutierrez. Sie betonte ausdrücklich die Unschuld sämtlicher APPO-Gefangener.

Die Internationale Beobachtungskommission CCIODH, die sich zur Zeit in Oaxaca aufhält, um die staatliche Repression gegen die APPO zu untersuchen, machte sich gemeinsam mit Yesica Sanchez von der Mexikanischen Menschenrechtsliga LIMEDDH noch am selben Abend auf den Weg nach Miahuatlan, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Sie erreichten, dass über ein Dutzend DemonstrantInnen, denen ihre Papiere und Bankkarten geraubt worden waren, aus der von der Polizei belagerten Ortschaft nach Oaxaca-Stadt geleitet werden konnten.

Simulierte Normalität

In Oaxaca-Stadt spielten an diesem Sonntag gutgelaunt Blas- und Marimba-Kapellen bis in die Nacht auf dem Hauptplatz. Der Regierung geht es offenbar darum, eine totale Normalität zu simulieren. Gleichzeitig sind alle wichtigen Zugangsstrassen zum Platz unter strenger polizeilicher Bewachung, teils mit Metallzäunen abgeschirmt. Immer wieder durchstreifen kleine, bewaffnete Patrouillen mit schusssicheren Westen und Schusswaffen die Strassen. Die Furcht der Eliten vor einem erneuten Ausbruch der Rebellion der Bevölkerung ist offensichtlich ungebrochen. Die zahlreichen TouristInnen ? Einnahmequelle Nummer eins in Oaxaca - scheint all dies beim Flanieren und Konsumieren nicht zu stören.

Doch ausserhalb des Bereichs der Innenstadt finden sich nach wie vor zahlreiche Plakate und Graffitis, die den Rücktritt des korrupten und autoritären Gouverneurs Ruiz, die Freiassung der Gefangenen sowie den Rückzug der Polizei fordern.

In den vergangenen Wochen waren über 100 Personen freigelassen worden, es schien sich eine leichte Entspannung anzudeuten. Doch die Repression vom 13.1. wird als klares Warnsignal gegenüber der Bevölkerung interpretiert. Die AktivstInnen der APPO versicherten auf einer Kundgebung am Sonntagabend trotz allem, dass Ihr Kampf weitergeht. Sie verwiesen auf die Lernprozesse, die sie in den vergangenen Monaten während ihrer zivilen Rebellion kollektiv durchlebt haben. Die Mobilisierungen sollen nach einer gewissen Ruhepause um die Jahreswende nun wieder verstärkt werden. Für den 3. Februar und den 8. März sind neue "Mega-Märsche" vorgesehen. Im vergangenen Jahr hatten bis zu 600.000 der insgesamt vier Millionen EinwohnerInnen von Oaxaca an den Kundgebungen teilgenommen.

LK, Gruppe B.A.S.T.A., Oaxaca-Stadt


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