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Kolumbien: Schmutziger Krieg auf Hoehepunkt?!
von danjel - 31.08.2003 20:37
http://germany.indymedia.org/2003/08/60619.shtml

Seit Uribe Velez im August letzten Jahres das Praesidentenamt uebernommen hat, wurden in Kolumbien 2400 Bauern, Gewerkschafter, Studenten, Menschenrechtler, Indigenas, Afrokolumbianer etc meist aufgrund ihrer sozial-politischen Aktivitaeten kriminalisiert. Allein zwischen Januar und August 2003 wurden 50 Gewerkschafter in Kolumbien ermordet...

In Kolumbien werden jaehrlich mehr Menschenrechtsverbrechen begangen, als waehrend der gesamten chilenischen Militaerdiktatur unter Pinochet. Dies ist seit Jahren unbeachtete Realitaet und hat sich mit der Regierungsuebernahme durch Uribe Velez, ehemals (?) auf der Lohnliste der CIA, extrem zugespitzt.

Ca. 30.000 Menschen sterben in diesem Land jaehrlich eines gewaltsamen Todes. Ein großer Teill davon ist auf paramilitaerische Aktivitaeten zurueckzufuehren, die eng mit der allgemeinen Kriminalitaet, v.a. der Drogenkriminalitaet verwoben sind. Neben Machtkaempfen spielen die sog. sozialen Saeuberungen, also die Ermordung von Prostituierten, Drogensuechtigen, Homosexuellen und Strassenkindern, eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt muessen die Massaker an der Landbevoelkerung erwaehnt werden. Dabei achten die Paramilitaers zunehmend auf ihren Ruf, wobei sie erfolgreich die Menschenrechts-Statistiken manipulieren: sie probieren einerseits Massaker zu vermeiden, setzen stattdessen ihre Opfer fest und ermorden sie nach und nach. Diese Toten fallen nicht in die Statistik "Massaker". Andererseits bedienen sie sich mehr und mehr dem sog. Verschwindenlassen. Damit sind jene Entfuehrungen gemeint, bei denen die Entfuehrten niemals mehr auftauchen, weder tod noch lebendig. Die so ermordeten fallen also nicht in die Statistik "ermordete".

ZUR ERINNERUNG

Uribe Velez fuehrte kurz nach seinem Amtsantritt im August 2002 erst den Ausnahmezustand und spaeter dann militaerisch verwaltete Sonderzonen in Gebieten ein, auf die (para-) staatliche Ordnungskraefte bislang nur schwachen Einfluss genommen hatten.

Er bemuehte sich, die Sondererlaesse aus Zeiten des begrenzten Ausnahmezustands in Form von generell gueltigen Erlaessen fest einzufuehren. Die ohnehin gaengige Praxis, Menschen ohne entsprechende juristische Befugnis festzunehmen, genauso wie willkuerlich Haueser zu durchsuchen, sollte somit zum legalen Bestandteil Uribes Militaerpolitik werden. Ein erster Verfassungsentwurf wurde vom Verfassungsgericht abgelehnt, ein zweiter ist lange in Arbeit.

Derweil hat Uribe verschiedene Projekte etabliert. Er bemuehte sich, eine Million von bezahlten Spitzeln in einer Art paramilitaerischen Informationsnetzwerk zusammenfassen. Dieses Ziel blieb auf der Strecke, das Netzwerk ist aber zumindest stellenweise in Betrieb. Daneben fuehrte er Bauernsoldaten ein, die eine Art Buergerwehr in Kooperation mit den Militaers und - inofiziell in bestimmten Landesteilen laengst Praxis - mit den illegalen Paramilitaers darstellen. Zeitgleich begann er die Verhandlungen mit der dominanten und landesweit organisierten paramilitaerischen Vereinigung, den sog. Autodefensas Unidas Campesinas (AUC), den Vereinigten Bauernselbstverteidigungsgruppen. Im Rahmen dieser Verhandlungen arbeitet die Regierung zur Zeit an einem Straferlass, um leztendlich einen Teil der Paramilitaers in die legalen Strukturen wie die der Bauernsoldaten einzugliedern.

Parallel hierzu erklaerte er den Guerillas und deren sozialer Basis "den totalen Krieg". Militaeroperationen gegen Guerillaeinheiten zeigen dabei nur wenig Erfolg, deshalb bedient sich Uribe der Technik des Krieges niederer Intensitaet gegen die Zivilbevoelkerung - egal ob diese mit der Guerilla zu tun hat oder nicht. Er entzieht nicht nur "dem" Fisch das Wasser, er entzieht allen Fischen, die nicht nach seiner Pfeiffe schwimmen, das Wasser.

Sozialen Aktivisten jeder Color werden von Politikern und Medien systematisch Verbindungen mit der Guerilla vorgeworfen, sogar die anerkannte internationale Begleitorgansiation Peace Brigades wurde (diese Information ist inofiziell) in bestimmten Landesteilen nicht von derartigen Vorwuerfen ausgenommen.

Paramilitaers ermorden soziale Fuehrungskraefte, lassen sie verschwinden, massakrieren Bauern, Afrokolombianer, Indigenas. Drohungen und der taegliche Beweis, dass diese ernst zu nehmen sind, fuehrten in vielen Landesteilen zur Aufloesung von Gewerkschaftsvertretungen und sozialen Organisationen. Die Massaker an der Landbevoelkerung fuehrten derweil zur Entvoelkerung breiter Gebietsabschnitte, um die dortigen Rohstoffe ruhig ausbeuten zu koennen, um das Land dem Besitz paramilitaerischer Großgrundbesitzer einzuverleiben und um das Gebiet auf verschiedene Megaprojekte vorzubereiten.

Das Land blutet foermlich aus. Diejenigen, die sie nicht ermorden konnten oder aus verschiedenen Gruenden nicht ermorden wollten, die verfolgen sie juristisch.

URIBES DEMOKRATISCHE SICHERHEITSPOLITIK

Seit Uribe Velez im August letzten Jahres das Praesidentenamt uebernommen hat, sind in Kolumbien 2400 Bauern, Gewerkschafter, Studenten, Menschenrechtler, Indigenas, Afrokolumbianer und nicht spezifische Bevoelkerung aufgrund ihrer sozial-politischen Aktivitaeten oder schlichtweg wegen ihrer verdaechtigen Wohnlage juristisch verfolgt worden. Allein zwischen Januar und August dieses Jahres wurden 50 Gewerkschafter in Kolumbien ermordet, im selben Zeitraum wurden 25 Militaeroperationen gegen die Zivilbevoelkerung in verschiedenen Landesteilen durchgefuehrt, in den sog. Rehabilisierungszonen der Militaers (in dem Provinzen Arauca, Sucre und Bolivar) waren solche Militaeroperationen derweil quasi konstant.

Im letzten Jahr wurde eine Repressionswelle begonnen, die im August dieses Jahres besonders extreme Aussmasse annimmt. Diese Tage befinden sich hunderte von sozialen Aktivisten auf der Flucht vor staatlicher und parasstaatlicher Verfolgung. Im ganzen Land verueben die Paramilitaers Anschlaege, waehrend die staatlichen Organe Militaeroperationen lanzieren, in deren Rahmen sie gezielt soziale Aktivisten festnehmen und des Terrorismus beschuldigen. Fuer die Beschuldigungen kaufen sie sich falsche Zeugen oder zwingen die Menschen mit verschiedenen Mitteln zur falschen Aussage. Die Beschuldigten werden in anonymen Schnellverfahren abgeurteilt, ihre juristische Verteidigung wird bedroht und teilweise ermordet. Dieses Vorgehen ist Alltag in Kolumbien.

Im Folgenden einige Beispiele von Regionen, in denen diesen Monat Operationen durch legale Staatsorgane zur Zerschlagung des sozialen Netzes beigetragen haben.

ARAUCA

Etwa 200 US-Soldaten befinden sich in Arauca. Sie bilden kolumbianische Soldaten in Aufstandsbekaempfung aus und beschuetzen die Erdoelinstallationen (oleoducto Caño Limón-Coveñas) des multinationalen Unternehmens Oxy.

In der rohstoffreichen Provinz bauen sie gemeinsam mit der 18. (XVIII) Brigade, die ihr Hauptquartier in Arauca hat, eine US-Militaerbasis auf. Dafuer haben die US-amerikanische und die kolumbianische Regierung insgesamt 98 Millionen Dollar zur Verfuegung gestellt.

Neben der Kontrolle der Rohstoffe in der Region, v.a. des Erdoels, geht es bei dieser weiteren Militaerbasis offensichtlich auch darum, bei den Entwicklungen in Venezuela ggF schnellstens intervenieren zu koennen.

Seit November 2002 befinden sich nach wie vor 43 der ueber 2000 in Saravena festgenommenen Menschen in Haft. Die durch die Staatsmacht verdeckten Morde der Paramilitaers, genauso wie die Einschuechterung der breiten Bevoelkerung, gehen derweil ungehindert weiter.

Der letzte Schlag der Staatsmacht zur Verfolgung und Kriminalisierung der sozialen Bewegung Araucas fand am 21 August 2003 in Form verschiedener Operationen statt. Diese wurden von der Armee, dem Geheimdienst, der Polizei und der Staatsanwaltschaft unter Einsatz schweren Militaergeraets durchgefuehrt. In der Erdoelstadt Saravena wurden ueber 30 Personen festgenommen und der Rebellion und des Terrorismus angeklagt, alle Personen sind bekannte soziale und gewerkschaftliche Fuehrungskraefte der Provinz. Die Ermittler gingen mit ca. 500 Haftbefehlen und unter Einsatz von maskierten Informanten vor, auf deren Geheiss die Menschen festgenommen wurden.

SUCRE

Am 17. Agust 2003 wurden im Rahmen verschiedener Operationen der Armee, des Geheimdienstes, der Polizei und der Staatsanwaltschaft in den Sucre-Gemeinden Chalán, Colosó und Ovejas 156 Menschen festgenommen. Die Presse begleitete die Operationen mit einer Medienkampagne, in der sie die Festgenommen als Terroristen bezeichnete. Viele der Festgenommenen sind aktive Mitglieder der Gewerkschaft kleiner und mittlerer Bauern SINDAGRICULTORES (Sindicato de Pequeños y Medianos Agricultores de Sucre), die in dem stark angeschlagenen Gewerkschaftsdachverband CUT organisiert ist.

TOLIMA

Schon vor einigen Monaten wurden viele Mitarbeiter sozialer Organisationen im Norden Tolimas von Informanten der Rebellion und des Terrorismus beschuldigt, sie sitzen immer noch in Haft. Einige der "Zeugen" sind nicht zu halten gewesen. Andere haben wiederrufen. Der Staat meint aber, dass die erste Aussage zaehlt.

Am 24. August fuehrten Polizei und Staatsanwaltschaft dann wieder eine starke Operation in den Tolima-Gemeinden von Coello, Cajamarca und Anaime, unter anderem in der Bezirkshauptstadt Ibague, durch. Auch hier wurden 58 Personen festgenommen, viele von ihnen sind sozial-politische Aktivisten und Bauern der Region.

ANTIOQUIA

Auch in Medellin, der Bezirkshauptstadt Antioquias, sitzen seit Monaten fast 60 Leute ebenfalls unter Anschuldigungen des Terrorismus im Knast. Alle Inhaftierten sind Mitglieder von soz. Organisationen und Community- Organisation der Provinz. Im vergangenen Jahr sind in der Stadt 19 Militaeroperationen durchgefuehrt worden. Die heftigen Militaer- und Paramilitaeroperationen in einem bis dahin guerillakontrollierten Armenviertel Medellins, der Comuna 13, haben immerhin internationale Aufmerksamkeit - wenn auch nur maessige - erhalten. Sie stehen stellvertretend dafuer, wie der Staat den Kampf gegen den Terrorismus als Vorwand nutzt, um die Strukturen der sozialen Oposition brutal zu zerstoeren.

¿¡...UND DIE INTERNATIONALE SOLIDARITAET...!?

Die internationale Staatengemeinschaft sieht den Entwicklungen in Kolumbien scheinbar gelassen zu. Zu Zeiten des "internationalen Terrorismus" muss schliesslich gehandelt werden.

Das ist richtig: dem internationalen Terrorismus von Seiten der Regierungen der sog. ersten Welt, der in Laendern wie Kolumbien seine schaerfste Grimasse annimmt, muss etwas entgegengesetzt werden. Die soziale "Bewegung" Kolumbiens ist auf die internationale Solidaritaet angewiesen, sie ist ihre einzige Hoffnung.

Einerseits suchen unzaehlige kolumbianische Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und Bauernverbaende haenderingend nach internationalen Begleitern - denn auslaendisches Leben ist das einzige, was von Militaer und Paramilitaer (noch) respektiert wird, da Uribe auf den internationalen Widerhall seiner Politik gut acht geben muss. Andererseits gilt es, in Laendern wie Deutschland auf die Zustaende in Kolumbien hinzuweisen und Konsequenzen von der Bundesregierung und saemtlichen anderen oekonomisch involvierten Einrichtungen zu fordern.

http://www.kolumbienkampagne.de/

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