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Mon Jun 11 11:36:59 2001
 

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Erkundung in Bujumbura


VIDEAUX: Kurze Zeit später führte ich in der Nähe von Bujumbura, der Hauptstadt des Königreichs Burundi, meine erste Mission durch. Burundi ist eine kleine Insel, die im Süden an den Kongo grenzt, nahe des Viktoriasees. Dort versuchte ein gewisser Oberst Vidaliga, der eine Guerillagruppe mit einigen bewaffneten und einigen unbewaffneten Männern anführte, eine Front zu eröffnen. Seinen Angaben zufolge hatte er eine Kaserne in der Nähe von Uvira angegriffen, einen kleinen Posten der Belgier auf kongolesischem Gebiet, aber in der Nähe von Bujumbura. Er sagte, er habe einige Waffen erbeutet, eine Information, die nicht besonders gesichert war, und hatte die kubanische Führung um Hilfe gebeten, er wollte, daß wir ihm Kubaner schickten, um bei der Ausbildung seiner Leute zu helfen. Der Che war sich nicht sicher, ob er ihm die Wahrheit gesagt hatte und betraute mich mit der Mission, dort Erkundungen einzuholen. Ich sollte mir soviele Tage nehmen wie nötig, um festzustellen, ob es diese Truppe wirklich gab, wieviel Waffen sie besaßen, wie die Lage in der belgischen Kaserne war und ob es möglich war, sie anzugreifen.

Ich dachte, daß der Che mir mindestens vier Mann abstellen würde, aber er war in diesen Fragen sehr ökonomisch. Als ich ihn fragte: »Tatu, kommt jemand mit mir mit?«, sagte er mir: »Ja, mit dir geht Kingulo, ein Kubaner.« Wir brachen zusammen mit Vidaliga auf und waren ungefähr sieben Tage unterwegs. Wir rückten nachts in einem Ruderboot vor, am Ufer des Tanganyika-Sees entlang, und bei Tagesanbruch holten wir das Boot heraus, versteckten es und legten uns schlafen. Wir stellten eine Wache auf, und der Rest ruhte sich aus.

Es entstand einige Verwirrung um das Losungswort, das aus einem revolutionären Lied, einer Passage aus einem Lied auf Kisuaheli bestand, wir sollten mit einer anderen Passage auf Kisuaheli antworten; es gab große Verwirrung, und die kongolesischen Guerilleros eröffneten das Feuer auf uns. Das Scharmützel war bald in vollem Gange, und wir mußten schreien, es sei der Oberst Vidaliga, glücklicherweise passierte aber nichts Beklagenswertes. An diesem Tag gingen wir dort an Land und zu einem Dörfchen in der Nähe, und Vidaliga sprach mit einer Frau, damit sie uns Essen machte. Wir aßen Hühnchen mit Nüssen, sehr schmackhaft natürlich. Am Abend wurde ein großer Teil der Dorfbevölkerung versammelt, und Vidaliga stellte uns vor; die Dörfler bereiteten uns einen großen Empfang. Sie boten sogar an, uns für den Rückweg etwas vorzubereiten, damit wir es den Compañeros im Lager mitbrachten. Und so geschah es.

Als ich ankam, stellte ich fest, daß es dort Männer gab, nicht so viele wie Vidaliga gesagt hatte, und daß einige SKS-Karabiner hatten und andere gar nichts. Vidaliga sagte, er habe ungefähr dreihundert Mann, aber was wir gesehen haben, waren vielleicht zweihundert. Wenn es mehr gab, hatten sie sich dort irgendwo versteckt. Es waren Einheimische ohne Uniform, in zusammengeknoteten Stoffetzen und Lendenschurzen, mit Speeren und Pfeilen. Es waren Stammesmitglieder, die er zusammengebracht hatte.

Wir versuchten, die Lage und andere Eigenheiten der belgischen Kaserne in Augenschein zu nehmen, aber es erwies sich als schwierig, weil die Kongolesen uns nicht begleiten wollten. Es entstand ein Schußwechsel zwischen den Guerilleros, die hinter uns zurückgeblieben waren, und der Kaserne und uns mittendrin. Einige Guerilleros auf dem Hügel schossen aus Gewohnheit jeden Tag auf die Kaserne. Sie feuerten aus Flinten und einem Maschinengewehr, und natürlich erwiderten die Belgier das Feuer auf alle diese Hügel. Wir waren bei unserer Erkundung relativ nah an die Kaserne herangekommen, als sie, ohne auf uns zu achten, zu schießen begannen, und die Kaserne antwortete, sie schossen zurück, und die Kaserne antwortete wieder. Wir mußten die Dunkelheit abwarten, um dort herauszukommen. Der Compañero, der mich begleitete, bekam eine Krise, weil er in ein Loch voller Brennesseln gefallen war, und die Sache wurde ein bißchen häßlich für uns.

Am nächsten Tag setzten wir die Erkundung fort und machten uns eine Vorstellung von der Kaserne, der Verteidigung und den Waffenarten: sie hatten Infanteriewaffen und ein paar mittlere Artilleriegeschütze. Die Kaserne lag in unmittelbarer Nähe des Sees, und es gab dort ein Bataillon von etwa dreihundert Mann.

Auch auf dem Rückweg von Bujumbura hatten wir mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Wir waren mit dem Boot unterwegs, an das Ufer gepreßt, bei Nacht fuhren wir, und bei Tag versteckten wir uns. Wir machten Station an einem Ort in der Nähe des Dörfchens, wo man uns beschossen hatte, und erkundeten das Gelände, um sicher vor Überraschungen und Verrat zu sein, und als wir wieder in dem Dörfchen eintrafen, hatten sie dort praktisch schon ein Fest für uns vorbereitet. Es gab Essen und Geschenke, typische Dinge, Gerichte mit Nüssen, Palmwein. Sie gaben uns außerdem zwei lebendige Zicklein; sie wollten sie schlachten, damit wir sie unterwegs essen könnten. Ich erwiderte, daß wir versuchen würden, die Zicklein und außerdem ein Huhn lebendig mitzunehmen. Wir brachten sie aufs Boot, kehrten zum Lager zurück und erstatteten Tatu Bericht.

Was waren Tatus Absichten? Zum einen wollte er die Informationen überprüfen lassen, die sie ihm gaben. Insbesondere, wenn von kongolesischer Seite Kubaner angefordert wurden, mit ihnen zu kämpfen. Offenbar wollte er nicht das Risiko eingehen, aufgrund von falschen Informationen Kubaner dorthin zu schicken, wo sie angefragt wurden. Zum anderen wollte er im Rahmen seiner allgemeinen Strategie die kubanische Präsenz überall dorthin ausweiten, wo es kongolesische Guerilleros gab, die imstande waren zu kämpfen. Aber jedesmal ließ er sich die Informationen bestätigen. Das Ziel war, die kongolesischen und kubanischen Kräfte zu kombinieren und den Belgiern unter günstigen Bedingungen entgegenzutreten.

Als wir an der Basis ankamen, zeigte ich Tatu die Tiere. »Schau«, sagte ich zu ihm, »die haben uns die Leute dort geschenkt; sie wollten sie schlachten, aber ich wollte sie lieber lebendig hierherbringen.« Tatu sagte, das sei eine gute Idee. Und wenn wir sie schon hierhergebracht hätten, würden wir sie weiterzüchten, um eine Selbstversorgung aufzubauen. Er sprach mit Freddy und schlug ihm vor, daß er einen Ziegenbock besorgen sollte, denn wir hatten zwei weibliche Zicklein mitgebracht. Es gelang uns, einen kleinen Ziegenbock zu bekommen; wir hielten sie in der Nähe des Lagers und faßten allmählich Zuneigung zu ihnen. Das Huhn ließ er nach unten zu Kumis Lazarett bringen.

Außer diesen Tieren hatte der Che noch einen kleinen Hund, den er Simba nannte, genau wie der Löwe. Es war ein eher kleines Hündchen mit halb glattem, halb zotteligem Fell. Er war immer bei Tatu und folgte ihm auf Schritt und Tritt.



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