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Hamburg: Presseerklärung der Arbeitsgemeinschaft Neuengamme vom 16. Februar 2005

Presseerklärung der Arbeitsgemeinschaft Neuengamme

Konsequenzen der Einladungspolitik des Hamburger Senats zu den
Gedenkveranstaltungen auf dem Gelände des ehemaligen KZ Neuengamme
am 4. Mai 2005

Die Einladung des Ersten Bürgermeisters Ole von Beust an die Überlebenden des KZ
Neuengamme zu den Veranstaltungen im Mai 2005 enthielt bereits die Aussage,
Reisekosten könnten nicht übernommen werden. Lediglich etwa 260 Überlebende
meldeten sich daraufhin bis jetzt an, über 800 reagierten auf diese unwürdige
Einladung gar nicht erst oder sagten ihre Teilnahme ab.
Eine ungarische Überlebende, die heute in Israel lebt, schrieb:
"Ich habe inzwischen auch eine Einladung bekommen von Bürgermeister Ole von Beust
von Hamburg vom 2. bis 5. Mai. Leider (...) für mich nur Aufenthalt mit Frühstück
im Hotel, aber nichts für Begleitperson, und auch für mich keine Reisespesen. Da
ich nicht hundertprozentig gesund bin und nicht allein fahren kann und auch die
Reisespesen (für zwei Personen) sehr hoch sind, glaube ich, dass ich trotz meines
Willens, den Platz, an dem ich unter den schrecklichsten Bedingungen eingesperrt
war, wieder zu sehen,(...) in Israel bleiben werde."
Bis heute werden Reisekosten in voller Höhe nur für die osteuropäischen
Überlebenden übernommen. Für einige Gruppen ehemaliger KZ-Häftlinge werden
überhaupt keine Reisekosten gezahlt, in anderen Fällen gibt es lediglich
Reisekostenzuschüsse. Etwa 750 Angehörige und Begleitpersonen, die viele
Überlebende aufgrund ihres hohen Alters, ihrer angegriffenen Gesundheit und der
psychischen Belastungen dieser Rückkehr an den Ort ihrer KZ-Haft dringend
benötigen, werden finanziell überhaupt nicht berücksichtigt. Darüber hinaus
müssen die Überlebenden, die nicht innerhalb nationaler Überlebendenverbände
anreisen, ihren Aufenthalt eigenständig organisieren (Anreise, Hotelbuchung,
etc.) und die Kosten hierfür zunächst in voller Höhe selbst aufbringen. Der Senat
der Freien und Hansestadt Hamburg hat nicht einmal ein Abendessen für den Tag der
Anreise (2. Mai 2005) in seinem Etat eingeplant.
55 Jahre lang wurde das ehemalige Schutzhaftlager des KZ Neuengamme durch die
Justizvollzugsanstalt XII geschändet. Seit ihrem Bau kämpften vor allem
KZ-Überlebende aus aller Welt für die Verlegung des Gefängnisses und für eine
würdige Gedenkstätte in Neuengamme und setzten sie nun, gemeinsam mit anderen
engagierten Menschen, nun endlich durch - gegen massive Widerstände, auch von
Vertretern des amtierenden Hamburger Senats. Dieser aber steht nun in der
historischen Pflicht, eine würdige Gedenkfeier zu ermöglichen und sie für die
Überlebenden vollständig zu finanzieren. Die unter dem Prinzip "Vernichtung durch
Arbeit"; durchgeführte Klinkerproduktion im KZ Neuengamme geschah im Jahr 1940
auf Grundlage eines Vertrages zwischen der Hansestadt Hamburg und der SS.
Die Arbeitsgemeinschaft Neuengamme fordert den Ersten Bürgermeister und den Senat
der Freien und Hansestadt Hamburg nochmals auf, allen Überlebenden des KZ
Neuengamme und seiner Außenlager sowie ihren Begleitpersonen ein würdiges
Gedenken zum 60. Jahrestag der Befreiung aus ihrer KZ-Haft zu ermöglichen und die
dafür erforderlichen finanziellen Mittel in voller Höhe bereitzustellen.

Hamburg, 16. Februar 2005

 

16.02.2005
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