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Berlin: Antiquitätendemo im Wedding

Antiquitätendemo in Berlin-Wedding

Abschluss: Arbeitsamt Müllerstr.
Antiquitätendemo ­ Protest gegen Hartz IV !

Peinlich genau und ziemlich kleinlich prüfen die Bundesagentur für Arbeit
und die Sozialämter derzeit mit einem detaillierten Fragebogen die
Lebensverhältnisse der Langzeitarbeitslosen, um zu entscheiden, ob sie denn
auch bedürftig genug sind, das Arbeitslosengeld II zu erhalten!
Die Fragen, die zu beantworten sind, erfordern teilweise einen erheblichen
Aufwand, will man fehlerhafte Antworten vermeiden. Ein Hinweisblatt warnt
uns sogar vor "unvollständigen bzw. falschen Angaben"und droht uns
strafrechtliche Konsequenzen an!
Derart eingeschüchtert sollten wir uns natürlich beim Ausfüllen des
Fragebogens um peinlichste Genauigkeit und größte Gewissenhaftigkeit
bemühen!
Unvollständige und falsche Angaben könnten uns beispielsweise sehr leicht
bei den in unserem Haushalt befindlichen Antiquitäten und Gemälden (s.
Zusatzblatt 3, S.4) unterlaufen. Durchforsten wir also Wohnung, Keller und
Dachboden: haben wir Omas Sammel-tassen nicht vergessen, unseren Teddy aus
Kindertagen (antiquarisches Spielzeug!), die verstaubte DDR-Fahne auf dem
Speicher, das Ölgemälde mit dem röhrenden Hirsch, unsere Schnäppchen vom
Flohmarkt?
Alles wertloses Zeug!? Wissen wir¹s denn wirklich? Die kapitalistische
Marktlogik ist auch hier unergründlich: so mancher Krempel, der vor 20
Jahren auf dem Sperrmüll gelandet war, ist inzwischen zu wertvollen
Sammlerstücken avanciert. Also, gehen wir hier kein Risiko ein und geben
alles an! Wie aber schätzen wir den Geldwert?

Kommt einfach mit Eurem Krempel
am Donnerstag, dem 16. September, um 13 Uhr
zum Leopoldplatz!

Dort wird eine Aktion zur Einschätzung des Wertes stattfinden. Sollten sich
die hier Versammelten trotz aller Bemühungen des Kabarettisten Dr. Seltsam
nicht auf einen Wert für die hier präsentierten Gegenstände einigen können,
dann bleibt uns nichts anderes übrig als zum nahegelegenen Arbeitsamt
Wedding (Müllerstr.) weiterzuziehen, und unsere potentiellen Wertstücke den
Sachbearbeitern im Arbeitsamt zur Begutachtung auf den Schreibtisch zu
stellen! So können wir uns auf jeden Fall gegen den Vorwurf der
betrügerischen Erschleichung von Sozialleistungen absichern (also
Schubkarren, Einkaufswagen, Handwagen, Wäschekörbe etc. als Transportmittel
mitbringen !).

Achtung: man könnte uns hier vorhalten, daß wir diese Gegenstände auf dem
letzten Arbeitslosenhilfeantrag nicht angegeben haben. Dies ist jedoch kein
Problem, wenn wir sie erst kürzlich erworben oder geschenkt erhalten haben.
Auch wollen wir ja vor allem sicherstellen, daß wir diesmal auch wirklich
alles angeben, was in letzter Zeit eine Wertsteigerung erfahren haben
könnte.

Wer wider Erwarten nicht zu einem Sachbearbeiter vorgelassen wird, sollte
als gewissenhafter Bürger vor dem Ausfüllen des Fragebogens ein
Sachverständigengutachten in Auftrag geben! Doch Vorsicht! Das wird
vermutlich so teuer werden, daß wir uns das als Arbeitslose nicht so ohne
weiteres leisten können. Also stellen wir zuvor schriftlich einen “Antrag
auf Kostenübernahme für ein Sachverständigengutachten³ (Vordrucke gibt¹s auf
der Demo).

Dieser Antrag muß von der Behörde bearbeitet werden. Übrigens: Wenn uns die
Behörde in dieser Angelegenheit lieber einen “Sozialdetektiv³ an die Haustür
schickt, dann muß er sich damit zufrieden geben, daß wir mit ihm einen
Termin vereinbaren (Unverletzbarkeit der Wohnung, Artikel 13 Grundgesetz)!

Demostart: Donnerstag, den 16. September, um 13 Uhr
Leopoldplatz, Berlin-Wedding

 

11.09.2004
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