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Mittenwald: Einladung

Einladung nach Mittenwald 2004

Mittenwald 2004 steht vor der Tür.

Wir rufen alle AntifaschistInnen und AntimilitaristInnen zur Teilnahme an
den geplanten Protestveranstaltungen gegen die Traditionspflege der
Gebirgsjäger auf. Zu Pfingsten, am 29. und 30. Mai 04 wollen wir erneut dazu
beitragen, dass dieses Soldatentreffen nicht ungestört über die Bühne gehen
kann. VeranstalterInnen sind der AK Angreifbare Traditionspflege und die
VVN-BdA

Weil ungefähr die Hälfte der Gebirgsjägereinheiten aus =D6sterreich stammte, und auch die Wehrmachtsausstellung große Aufmerksamkeit erregt hat, würden wir gerne in Österreich mit Widerstandskämpferorganisationen, HistorikerInnen, antifaschistischen Gruppen und GewerkschafterInnen Veranstaltungen für die Mobilisierung organisieren.

Wir möchten deswegen ReferentInnen anbieten, die in den größeren Städten Veranstaltungen machen könnten. Schwerpunkte der Veranstaltungen könnten die Traditionspflege in Gebirgsjägerkameradschaften und die Kriegsverbrechen in Griechenland, Italien und Frankreich sein.

Für weitere Informationen stehen wir gerne zur Verfügung. Materialien sind auf unserer Internetseite www.nadir.org/mittenwald einzusehen. Es gibt zur Mobilisierung auch die Panorama und Monitor Fernsehbeiträge


Mit freundlichen Grüßen
für die Angreifbare Traditionspflege


Samstag, den 29. Mai 2004

11.00 Demonstration ab Bahnhof durch Mittenwald

15.00 bis 18.00 Uhr Veranstaltung mit Beiträgen zu den NS-Kriegsverbrechen
der Gebirgsjäger in Frankreich, Italien und Griechenland
Angefragt sind u.a. Manolis Glezos (Athen), Vertreter aus Lingiades
(Griechenland) Vercors (Frankreich)
Sonntag, den 30. Mai 2004

ab 9 Uhr Kundgebung gegen das Pfingsttreffen am Hohen Brendten

Zur Mobilisierung gibt es Plakate und den Aufruf. Wir bieten auch
ReferentInnen für Mobilisierungsveranstaltungen mit Filmchen und
historischen Hintergrundinformationen an.
Außerdem fährt von Wuppertal und von Bremen (?) auch wieder ein Bus. Meldet
euch schnell an bei  angreifbare.tradition@freenet.de


Angreifbare Traditionspflege

Die Mörder sind unter uns

Schluss mit dem Pfingsttreffen der Gebirgsjäger in Mittenwald/ Bayern 2004

Traditionspflege in Mittenwald
Seit 1952 treffen sich alljährlich zu Pfingsten Veteranen der
Wehrmachtseinheiten im Schulterschluss mit aktiven Bundeswehrsoldaten in
Mittenwald, um eine der größten soldatischen Feiern Deutschlands zu begehen.
Unterstützt von der Bundeswehr, gehuldigt durch Kranzniederlegungen des
Verteidigungsministeriums und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung. Es
wird der gefallenen Kameraden und ihrer anständigen Pflichterfüllung gedacht
und der Mythos vom Kampfes- und Opfermut der Wehrmachtssoldaten genährt. Es
wird eine Traditionspflege betrieben, die eine Verdrehung des Verhältnisses
von Opfern und Tätern verfolgt, die die kriegerischen Handlungen der
Soldaten verherrlicht und die Verbrechen verharmlost, leugnet oder als
notwendige Kriegshandlungen umdeutet.
Organisiert und ausgerichtet werden die Feiern vom Traditionsverband
"Kameradenkreis der Gebirgstruppe", der sich 1952 gründete.

"Ich würde gern einen der Soldaten finden und ihn fragen, warum hast du das
getan?" Diese Frage stellte Christina Dimou, Überlebende aus dem
griechischen Dorf Kommeno, als sie Pfingsten 2003 an den
Protestveranstaltungen gegen die Traditionspflege der Gebirgsjäger in
Mittenwald teilnahm. Als 13-jähriges Mädchen hatte sie erleben müssen, wie
im August 1943 ihr Dorf Kommeno in Nordgriechenland von einer
Wehrmachtseinheit zerstört wurde und 317 Menschen erschossen wurden. Die
tätige Wehrmachtseinheit war die 12. Kompanie des Gebirgsjäger-Regiments 98
der 1. Gebirgsjägerdivision aus Mittenwald gewesen.
In dem idyllisch anmutenden Städtchen Mittenwald in Bayern, das damals und
heute Stationierungsort der Gebirgsjägereinheit war und ist, scheint seitens
der Bevölkerung niemand Fragen zu haben - seit Jahrzehnten nicht!

Auf Fragen sowie auf die seit zwei Jahren stattfindenden
Protestveranstaltungen reagieren die Mitglieder der Traditionsgemeinschaften
und der Großteil der Bevölkerung mit Antworten, die sich in einem gruseligen
Ordnungsdenken verlieren. Als die jahrzehntelange Ruhe des
Traditionstreffens zu Pfingsten 2002 von einigen Personen durch Protest und
mit der Aufforderung unterbrochen wurde, u.a. der griechischen Opfer der
deutschen Gebirgsjäger zu gedenken, reagierten die ausgebildeten Kämpfer -
Veteranen und Bundeswehrsoldaten vereint - mit gezielten Kniestößen und
Fausthieben. Alte Veteranen verwandelten ihre Krückstöcke rasant zu
Schlagstöcken. Der Wunsch nach Säuberungsaktionen und Entsorgungsphantasien
wurden Pfingsten 2003 angesichts der Proteste vor laufender Fernsehkamera
ausgesprochen.

Blutige Vergangenheit
Das von den Gebirgsjägern der Wehrmacht begangene Massaker in dem
griechischen Dorf Kommeno am 16.August 1943 war kein Einzelfall; zum Katalog
der Gebirgsjäger-Verbrechen gehört auch die Erschießung von ca. 5.000
italienischen Kriegsgefangenen auf der griechischen Insel Kephallonia im
September 1943. Die Blutspur schwerster Kriegsverbrechen dieser Eliteeinheit
zieht sich über Finnland, die heutige Ukraine, Jugoslawien, Italien,
Frankreich bis nach Griechenland. "Sühnemaßnahme" und "Vergeltungsaktion"
lautete die kriegspropagandistische Rechtfertigung, mit der die deutschen
Gebirgsjäger Zivilisten ermordeten, plünderten und die Dörfer niederbrannten
und zerstörten.

Im Gefechtsbericht zu dem Massaker in Kommeno hieß es später: "Beute: etwa
150 tote Zivilisten, 16 Stück Großvieh, 1 LKW, 5 italienische Karabiner,
eine italienische MP."

Keine Verurteilung der Täter
Wie es zu den "erbeuteten 150 toten Zivilisten" kam, beschäftigte die
deutsche Justiz erst ein Vierteljahrhundert später, doch auch dann kam es
nur zu Ermittlungsverfahren, die alle eingestellt wurden. Die begangenen
Verbrechen wurden im Paragraphenmantel und mit juristischer Diktion versehen
als Kriegshandlungen legitimiert, die Täter mit widersprüchlichen
juristischen Konstruktionen vor einer Strafverfolgung geschützt. Keiner der
Mörder von damals wurde je von einem deutschen Gericht verurteilt; sie
konnten sogar unbedenklich öffentlich auftreten, ohne eine Verhaftung zu
befürchten.

Dass Kriegsverbrechen begangen wurden, war bereits bald nach 1945 durch
Kriegsberichterstattungen oder Unterlagen staatsanwaltschaftlicher
Ermittlungen mit Zeugenaussagen der Beteiligten bekannt geworden und
dokumentiert. Im Nürnberger "Geiselmordprozess" 1948 waren u.a. wegen
Okkupationsverbrechen in Griechenland einige Generäle zu Freiheitsstrafen
verurteilt worden. Im Zuge der Amnestiewelle wurden sie jedoch im Jahre 1951
wieder aus der Haft entlassen.

Die personellen Kontinuitäten im Justizbereich, die Reintegration der
Bundesrepublik in die westliche, kapitalistische Welt und die damit
verbundene Wiederbewaffnung waren die Hintergründe dafür, dass kein
Interesse an einer Strafverfolgung existierte, dass kein politischer Druck
bestand und sich einige Politiker vielmehr engagierten, um die alten
Offiziere nicht im Gefängnis, sondern in den militärischen Reihen der neu
gegründeten Bundeswehr einzugliedern. Der Kameradenkreis hat somit auch die
Funktion einer Art Selbsthilfegruppe von NS-Kriegsverbrechern.

Keine Entschädigung für die Opfer
Während die Mörder von einst strafrechtlich nicht verfolgt wurden und von
staatlichen Renten leben, erhalten die meisten Opfer bis heute keine
Entschädigungen, so auch nicht die Überlebenden der von den Gebirgsjägern
begangenen Massaker in Griechenland. Die Entschädigungszahlung an Opfer von
Kriegsverbrechen wurde mit Verweis auf das Londoner Schuldenabkommen von
1953 auf den Zeitpunkt eines endgültigen Friedensvertrages verschoben. Doch
nach dem Zustandekommen des 2-plus-4 Abkommens 1989 verweigerte die
Bundesrepublik die Verhandlungen über Entschädigungszahlungen, sprach
weiterhin von notwendigen Kriegshandlungen oder betonte die guten
zwischenstaatlichen Beziehungen, als Beweis des bereits gezogenen
Schlussstrichs.

Elitetruppen: heute und gestern
Die Einheiten der Gebirgsjäger gehören auch heute zu den Elitetruppen der
Bundeswehr, seit Mitte der 90er Jahre sind sie an Auslandseinsätzen
beteiligt. Ihre Verbindungen zu den Traditionsgemeinschaften sind im
Vergleich zu anderen Truppengattungen der Bundeswehr besonders ausgeprägt.
Als Bestandteil der Krisenreaktionskräfte und des Kommandos Spezialkräfte
werden sie auch in der seit Herbst 2003 bereitstehenden
EU-Interventionstruppe zum Einsatz kommen. In Anlehnung an die Wehrmacht
propagiert die Bundeswehr das sog. unpolitische Soldatentum, den "Kämpfertyp
", der professionell seinen Job erledigt. Die in den Traditionsvereinen
gepflegte "Kameradschaft" soll den Bundeswehrangehörigen - wie einst den
Soldaten der Wehrmacht - dabei helfen, traumatische Erfahrungen wie
Verwundung, Verstümmelung und Tod im Einsatz zu bewältigen.

Mittenwald - der Blick in ein Reagenzglas
Eng verstrickt zeigt sich in diesem Städtchen die Verwobenheit von Militär
und Zivilgesellschaft. Dass der derzeitige Bürgermeister Salminger der Sohn
von Josef Salminger ist, der u.a. im August 1943 das Massaker in Kommeno als
Kommandeur des Gebirgsjägerregiments 98 zu verantworten hatte, ist
exemplarisch für die enge familiäre Verflochtenheit. Für seinen familiären
Ursprung ist der Bürgermeister nicht angreifbar, doch dass er unbeirrt
Mitglied im Kameradenkreis ist und die Traditionspflege betreibt, ist
Ausdruck der verbreiteten Identifizierung mit der traditionellen
Eliteeinheit und für die ungebrochene Verherrlichung der Taten in dieser
Region.


Wir rufen alle AntifaschistInnen und AntimilitaristInnen zur Teilnahme an
den geplanten Protestveranstaltungen gegen die Traditionspflege der
Gebirgsjäger auf. Zu Pfingsten, am 29. und 30. Mai 04 wollen wir erneut dazu
beitragen, dass dieses Soldatentreffen nicht ungestört über die Bühne gehen
kann.

Samstag, den 29. Mai 2004

11.00 Demonstration ab Bahnhof durch Mittenwald


15.00 bis 18.00 Uhr Veranstaltung mit Beiträgen zu den NS-Kriegsverbrechen
der Gebirgsjäger in Frankreich, Italien und Griechenland

Sonntag, den 30. Mai 2004

ab 9 Uhr Kundgebung gegen das Pfingsttreffen am Hohen Brendten

Bestrafung der Kriegsverbrecher

Entschädigung aller NS-Opfer

Für die Auflösung der Bundeswehr

Infos unter:  http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/mittenwald/

 

27.04.2004
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