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Berlin: Veranstaltung zur EU


Den Stier bei den Hörnern packen!
Linke Perspektiven auf EU, Kapitalismus und europäische Identität

Die EU ist in linken Debatten der letzten Jahre oft vernachlässigt
worden. Meist stand der Rassismus der "Festung Europa" im
Mittelpunkt. Dass die Maastricht-Kriterien neoliberale Politik
institutionell verankert haben und das europäische Parlament wenig zu
sagen hat, ist einigen noch im Gedächtnis geblieben, war aber selten
Gegenstand politischer Interventionen.

Welche Bedeutung aber die EU als Staatenbund für die neue Form des
Kapitalismus hat, welche neuen Ausschlüsse und Hierarchien mit der EU-
Osterweiterung entstehen, warum sich die Lebensbedingungen
verschlechtern, wie durch eine europäische Identität der soziale
Widerstand herrschaftlich eingebunden werden soll - über diese
aktuellen Fragen diskutieren aus Anlass der Osterweiterung der EU
Gisela Neunhöffer, Markus Wissen sowie Kritik & Praxis Berlin.

Wirtschaftsraum
Am 01. Mai wird der Staatenverbund Europäische Union seinen
Regelungsbereich auf 10 weitere Nationalstaaten erstrecken.

“Es wird ein Wirtschaftsgebiet ohne Binnengrenzen, mit freiem Waren-,
Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr geschaffen.” (EU-
Website)

Diese Vision hat zunächst wenig mit der Wirklichkeit zu tun, für die
Beitrittsgebiete wird der Personenverkehr in die EU weiterhin nur
beschränkt gewährt. Aber auch die von einem später unbeschränkten EU-
Binnenmarkt erwartete Segnung einer allgemeinen Steigerung der
Lebensqualität ist frommer Wunsch, denn zentral ist die EU um die
Freiheit des Kapitals herum organisiert. Die Dynamik des freien
Marktes schafft eine Zunahme der Unterschiede zwischen Arm und Reich,
sie begünstigt eine Umverteilung nach oben und bedingt den Niedergang
einzelner Wirtschaftszweige und Regionen im Rahmen der
Standortkonkurrenz. Die konkreten Perspektiven in Osteuropa im Rahmen
der kapitalistischen Freihandelszone EU, die zu erwartenden
wirtschaftlichen und sozialen Folgen analysiert Gisela Neunhöffer.

Suprastaat
“Das erweiterte Europa kann seine Interessen in der globalisierten
Wirtschaft noch wirkungsvoller wahrnehmen.” (EU-Website)

Deutschland sichert den eigenen Wirtschaftsstandort nun im Konzert
einer Schar von Nationen, die jede für sich und formal geeint nach
günstigen Verwertungsbedingungen sowie dem dazu nötigen
weltpolitischen Einfluss trachten. Die gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik der EU sowie parallel die Währungsunion sind dabei
die Instrumente zur Sicherung von Einflusssphären. Die Übertragung
dieser ehemals nationalstaaatlichen Aufgaben auf ein supranationales
Regulierungsinstrument geht nicht einher mit der Überwindung von
Nation und Nationalismus, sondern mit einer Aktualisierung des
Konstrukts Nation - beispielsweise in der Debatte um die
>Unternehmensethik<. Die Veränderungen von kapitalistischer
Staatlichkeit beschreibt Markus Wissen.

Ideologie
“Werte wie politische Stabilität, Frieden und Menschenrechte werden
auch im östlichen Europa zum Maßstab des Zusammenlebens.” (EU Website)

Dass mit Europa der Garant von Frieden und Menschenrechten geschaffen
wird, schmeichelt den ‘alten Europäern’, ist aber wenig plausibel.
Zur ‚europäischen Identität’ gehört insbesondere auch die
Verschärfung von Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen nach innen
sowie Abschottung und militärische Intervention nach außen. Eklatante
Unterschiede von Reichtum und Lebenschancen zwischen und innerhalb
der einzelnen Länder werden mit der Vorstellung der gemeinsamen
Identität verwischt. Unterhalb des angenommenen europäischen ‚Wir’-
Gefühls findet die Rückbesinnung auf eine nationale Standortideologie
statt, zudem gibt es gegenwärtig eine Verschärfung rassistischer
Ausgrenzung, auch und gerade in den Beitrittsländern. Die
ideologische Anordnung, die Europa als "friedlich und sozial"
verkaufen soll, nimmt Kritik & Praxis unter die Lupe.

Mittwoch, 28.04.04 19.00h

Kato, U-Bahnhof Schlesisches Tor

www.kp-berlin.de




 

26.04.2004
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