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München: Gefälschter Bürgeraufruf

Münchner sollen Daten bei der Polizei speichern lassen

Der Termin "Sicherheitskonferenz" rückt näher, und der Protest von
Globalisierungs- respektive Kriegsgegnern nimmt langsam Formen an. Im Internet
häufen sich Aufrufe zu Demonstrationen, an Bushäuschen pappen Aufkleber mit
Anti-Nato-Sprüchen, und es gibt noch was Neues: eine Flugblattaktion von
Unbekannten, die im Namen der Polizei und des Rathauses in der Altstadt,
Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt und der Maxvorstadt die Bürger zum
Erkennungsdienst bitten. Derlei Blödeleien tauchen immer wieder einmal auf.
Aber in diesem Fall fielen zahlreiche Leute auf den Streich rein - jedenfalls
verzeichnete das Polizeipräsidium bis gestern Nachmittag mehrere Dutzend
Anfragen bezüglich dieser "Erkennungsdienstaktion".

In dem mit dem offiziellen Polizeistern und dem Stadtwappen versehenen falschen
"Bürgeraufruf" werden die Münchner zunächst an ihre "Mitverantwortung für die
Innere Sicherheit" erinnert. Im schönsten Bürokratendeutsch referieren die
Fälscher dann über die "Qualitätssicherung und Effizienzsteigerung der
bayerischen Sicherheitskonzepte", ehe es ans Eingemachte geht: Bürger, heißt es
da, kommt zur "Erfassung der biometrischen Personendaten im Rahmen des
Pilotprojektes Automatisches Iris Identifikations-System" ins Polizeipräsidium.
Vom 26. bis 30. Januar, Zimmer 0311. "Bitte bringen Sie Ihren Personalausweis
mit!" Die Glaubwürdigkeit des Schreibens untermauert ein typisch münchnerischer
Hinweis am Schluss: "Bitte kommen Sie mit dem MVV!"

Wie viele von den DIN A4-Zetteln aus Umweltpapier bislang im Stadtgebiet
verteilt wurden, kann die Polizei nicht abschätzen. Doch egal ob es hunderte
oder tausende waren, hier verstehen die Beamten keinen Spaß. Und es wird
ermittelt: gegen Unbekannt, wegen einer Ordnungswidrigkeit, weil "das Impressum
auf dem Schreiben unrichtig ist", so ein Polizeisprecher. Zudem verstießen die
Verfasser des "Bürgeraufrufs" nach Auffassung der Beamten gegen das
Geschmacksmustergesetz, indem sie den Polizeistern und das Stadtwappen samt
Münchner Kindl zweckentfremdet haben. Die Frage lautet nun: Kann der Schuldige
überhaupt gefunden werden? Denn beim Erkennungsdienst hat man auf den Schreiben
so viele verschiedene Fingerabdrücke geortet, dass selbst ein "Automatisches
Identifikations-System" überfordert wäre.

 

28.01.2004
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