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Berlin: Einladung zum Vorbereitungstreffen für den 8. März 2004


Freitag, 16.01.2004 um 19.30h im Größenwahn, Kinzigstr. 9,
Berlin-Friedrichshain

Der 8. März ist traditionell ein Datum feministischen Widerstands gewesen,
mal mehr und mal weniger stark ausgeprägt. Auch in diesem Jahr wollen wir
das Datum zum Anlass nehmen, eine feministische Perspektive auf die
gesellschaftliche Situation zu werfen. Zentrales Thema sollen feministische
Kritiken und Auseinandersetzungen mit Arbeitsverhältnissen sein. Wir finden
das
interessant und wichtig, da zum einen aktuell die Frage nach "der Arbeit"
gesellschaftlich gerade breit in der Debatte ist im Zusammenhang mit Hartz,
Agenda 2010, Sozialabbau und neoliberaler Umstrukturierung aller
gesellschaftlichen Bereiche. Dies geht auch einher mit dem Wegbruch
feministischer,
erkämpfter Freiräume, was sich am deutlichsten an der Schließung von
Frauenhäusern in Hamburg und anderswo, in Berlin konkret an der Schließung
des Autonomen Mädchenhauses zeigt. Zum anderen haben wir die Einschätzung,
dass die Veränderungen in den
letzten Jahren rund um die "Arbeitsmärkte" durchaus bereits ihre Wirkungen
zeigen, auch auf innerlinke Strukturen. So stellt sich in den eigenen
Zusammenhängen die "Arbeitsfrage" dem Eindruck nach auch
vermehrt und es wird von selbsterlebter Verschärfung der Konkurrenz
berichtet; Konkurrenz zwischen Frauen und Männern, und zwischen Frauen
untereinander,
je abhängig von der jeweils unterschiedlichen gesellschaftlichen Position,
strukturiert nach Aufenthalts- / bzw. Zugehörigkeitsstatus zur deutschen
Staatsangehörigkeit, entlang verschiedener ökonomischer Positionen und
Situationen oder anhand sexueller Orientierungen oder körperlicher
Leistungsfähigkeit.

Arbeitsverhältnisse sind immer ein Thema in der feministischen und
Frauenbewegung gewesen. So ist der 8. März als Datum auch geschichtlich mit
dem Kampf von Frauen für ihre Rechte in Arbeitsverhältnissen verbunden: 1858
gab es
zum 8. März Demonstrationen von New Yorker Textilarbeiterinnen. Am 8. März
1908 wurden im Rahmen eines Streikes der Tabak- und Textilarbeiterinnen in
Manhattan streikende Arbeiterinnen von Aufsehern und Unternehmern in der
Fabrik eingeschlossen um zu verhindern, dass sie Kontakt zur Gewerkschaft
aufnahmen, wobei aufgrund eines Brandes 129 Frauen umkamen.
Wir wollen daher an diesem Datum (8. März) daran anknüpfen und in Erinnerung
rufen, dass die Frage nach den Bedingungen in Arbeits- bzw.
Ausbeutungsverhältnissen immer mit feministischen Kämpfen verbunden war.
Angesichts solcher
traditionellen Arbeitskämpfe stellt sich jedoch uns die Frage nach (neuen?)
Widerstandsformen in den aktuellen, veränderten ökonomischen Strukturen, im
postfordistischen und/oder neoliberalen Kapitalsimus. Ein zentraler
Anknüfpungspunkt ist hier velleicht die in der feminsitischen Debatte schon
lange
bestehende Verknüpfung des gesellschaftlichen Produktions- und
Reproduktionsbereiches und darüber die Verbindung von Kämpfen um Arbeits-
und Lebensbedingungen
als Ganzen.

Wir, dass ist das Vorbereitungsbündnis zum letzten 8. März 2003 in Berlin.
Letztes Jahr hatten wir aufgrund der aktuellen Debatten um
Sicherheitspolitik,
11. September 2001 und Krieg eine Kundgebung der Gruppe 'Frauen im Exil' vor
dem Abschiebeknast in Grünau unterstützt und eine Demo durch Mitte unter dem
Motto "Wir brauchen keinen großen Bruder und auch keine große Schwester"
organisiert. Anlass waren dabei auch der Bezug auf die Verteidung von
Frauenrechten zur Legitimierung des Krieges in Afghanistan und die
Durchsetzung von
Repressionsmassnahmen und den Ausbau der staatlichen Überwachung (z.B. in
der
BRD) auch zum Schutz der "weißen Frau".
In der Nachbereitung haben wir viel diskutiert, über Antiamerikansimus, über
verschiedene Machtverhältnisse auch unter Frauen und über die Kritik an der
Tendenz in feministischer Identitätspolitik, zu Gunsten eines Opferstatus
Gemeinsamkeiten, wo keine sind, zu konstruieren.

Aus diesem Nachbereitungskreis ist dann (als Antwort auf die unvermeidlichen
Frage, wie weiter?), aufbauend auf unseren gemeinsamen Ideen und
Diskussionen, ein neuer Vorbereitungskreis entstanden.
Wir wollten also etwas rund um den 8. März 2004 machen, diesmal zum Thema
"Arbeit, Arbeitsverhältnisse, Ausbeutungsverhältnisse...", wobei wir die
Ergebnisse unsere Nachbereitungs-diskussionen mit umsetzen wollen.

Wie dies geht, welche Aktionen möglich sind und welche thematischen
Schwerpunkte wir wichtig fänden, wollen wir zusammen mit Euch diskutieren.
Daher
laden wir alle interessierten FrauenLesben + transgender ein, mit uns zu
diskutieren und ein neues Vorbereitungsbündnis zu gründen für die Gestaltung
eines
spannenden 8. März 2004 in Berlin.

Wir hatten bereits die Überlegung, diesmal nicht nur eine Kundgebung und/
oder Demo zu machen, sondern eine Art Aktionstage rund um den 8. März (der
ja
ein Montag ist), zu organisieren, in denen unsere verschiedenen Zugänge und
Perspektiven zum Thema ausreichend Platz haben, die einzelnen Tage aber
nicht
überfrachtet werden und wir uns gegenseitig dennoch aufeinander beziehen
können. Damit hoffen wir in die gemeinsame Diskussion zu kommen, aber auch
unseren
Widerstand laut und phantasievoll auf die Strasse und in die Köpfe zu
tragen.

Wir haben bereits folgenden Ideen spontan gehabt:
Es könnte an mehreren Tagen um den 8. März Veranstaltungen und Aktionen
geben und wir wollen eine gemeinsame Demo organisieren.

Bei Veranstaltungen waren von uns bis jetzt angedacht: die Kopftuchdebatte
(und ihr Pendant in feministischen Freiräumen, wie Frauenhäusern),
genderspezifische Veränderungen in
Arbeitsverhältnissen/-bedingungen/-rollen, Frauen und

Kolonialismus (Missionarinnen) [angedachte Zusammenarbeit mit dem Bündnis
zur Vorbereitung der Kolonialismus/ Afrika-Konferenz], innere/äußere
Kolonialisierung und die
Zurichtung von Arbeitskräften, Zwangsarbeiterinnen, sowie Widerstandsformen
von
Frauen in "illegalisierten" Arbeitsverhältnissen. Wir dachten,
Veranstaltugen
könnten Vorträge mit gemeinsamen Diskussionen, direkter Erfahrungsaustausch
oder Filmabende sein.

Aktionen könnten wir vielleicht zu folgenden Themen machen: Agenda 2010,
"Illegalisierte" / rassistisch strukturierte Ausbeutungsverhältnisse am
Beispiel
von Jobs als Zimmermädchen, "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" für
Frauen/Männer in Supermärkten, Postkarten oder Plakataktion für
Mobilisierung oder als
Aktionistische Begleitung.

Zur Demo hatten wir noch nicht so viele Ideen, es soll irgendwie um das die
Tage verbindende Thema "Arbeit" gehen, hier müssten noch die Route
(+Aktion?)
und gewünschte Redebeiträge überlegt werden.

Vielleicht wäre auch eine kleine Party nett.

Auch wollten wir versuchen ein paar Forderungen auszuarbeiten, die uns die
Tage über begleiten könnten und die wir in die Öffentlichkeit tragen wollen:
Hier war aus einer Diskussion spontan entstanden die Forderung nach
Anerkennung von Ausbildung und Abschlüssen von Migrantinnen, nach
"Legalisierung" von
Arbeitsverhältnissen und die Forderung nach gleichem Lohn. Hierzu müsste
aber
noch ganz viel mehr diskutiert und erarbeitet werden.

Außerdem ist einer der ersten Punkte, die wir gemeinsam mit Euch diskutieren
wollen, die Begriffe zu klären, mit denen wir uns und unsere Politik
bezeichnen wollen. Also kämpfen wir am 8. März als Frauen, FrauenLesben, (in
der
Gesellschaft) als Frauen bezeichnete, gegen jede Identitätszuschreibung,
als/
mit Trans-/ Intersexuellen oder als vieles/ alles gleichzeitig oder nichts?
Dass heißt auch, wie gehen wir mit der ganzen Frage der Identitätspolitik
um?

Ein weiteres Ziel, was wir für uns formuliert hatten, ist die Vernetzung
feministischer Gruppen und Einzelpersonen.

Wir würden gerne AG' s zu den verschiedenen Formen/Themen bilden, um
konzentrierter arbeiten zu können und z.B. die einzelnen Veranstaltungen
dann an die
AG's oder ganze Gruppen abgeben. Auch würden wir uns freuen, wenn Gruppen
ihre eh schon geplanten Veranstaltungen mit uns in einen größeren Rahmen
stellen wollen.

Kommt zahlreich, egal ob als Gruppen oder Einzelpersonen - wir freuen uns
auf Euch!

 

07.01.2004
Vorbereitungsbündnis 8. März 2003   [Aktuelles zum Thema: Gender & HERRschaft]  Zurück zur Übersicht

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