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Magdeburg: Zweifelhafte Entscheidung des BGH

Zweifelhafte Entscheidung des BGH. Drei der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verdächtige Männer aus Magdeburg, bleiben weiter in Untersuchungshaft.

Seit dem 2. Oktober 2003 ist nun klar, unsere Genossen Daniel, Carsten und Marco bleiben vorerst in Untersuchungshaft. Ihnen wird vorgeworfen, Mitglieder in einer terroristischen Vereinigung zu sein und aus dieser heraus unter anderem Anschläge gegen das Gebäude des Landeskriminalamt und einen Bus des Bundesgrenzschutz in Magdeburg durchgeführt zu haben. Das Oberlandesgericht hatte, nach der Anklageerhebung durch die Bundesanwalt-schaft, am 22.August 2003 die Untersuchungshaft außer Vollzug gesetzt und die Vollziehung des Beschlusses bis zu einer Entscheidung durch den Bundesgerichtshof ausgesetzt, da nicht ganz auszuschließen sei, das der Bundesgerichtshof nach einer angekündigten Beschwerde der Bundesanwaltschaft anderer Auffassung ist.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hat der Beschwerde der Bundesanwalt-schaft (BAW) stattgegeben und den Beschluß des Oberlandesgerichts Naumburg vom 22. August 2003, den Haftbefehl gegen die drei Magdeburger Genossen außer Vollzug zu setzen, aufgehoben. Der BGH hat den Haftbefehl entsprechend den Anklagevorwürfen und dem Be-gehren der BAW neu gefaßt, demnach sind die drei weiterhin dringend verdächtig Mitglieder in einer terroristische Vereinigung zu sein und aus dieser heraus die ihnen vorgeworfenen Brandanschläge begangen zu haben.

Das OLG Naumburg hatte in einem Schreiben vom Mai 2002, indem sich die fragliche mili-tante Gruppe selbst auflöste, einen Strafaufhebungsgrund gemäß § 129 a Abs. 5 in Verbin-dung mit § 129 Abs. 6 StGB gesehen, mit der Folge das der dringende Tatverdacht der Mit-gliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129 a StGB und damit der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO entfällt.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs bezweifelt, entgegen dem OLG Naumburg, daß das aufgefundene Auflösungsschreiben einen realen Hintergrund hat und begründet diese Zweifel  mit der Tatsache das noch im Mai 2002 ein Bekennerschreiben zu den Anschlägen auf eine Bus des Bundesgrenzschutz und das Landeskriminalamt in Magdeburg veröffentlicht wurde, aber im Gegenzug nicht die Auflösung der Gruppe öffentlich gemacht wurde.

Dabei verkennt der BGH aber, daß selbst die BAW von einer Auflösung der sog. terroristischen Vereinigung ausgeht und das diese auch seit den Anschlägen vom März 2002 nicht mehr in Erscheinung getreten ist. Auch kommt es bei einem Strafaufhebungsgrund gemäß § 129 a Abs. 5 in Verbindung mit § 129 Abs. 6 StGB auf eine Verhinderung des Fortbestehens der Vereinigung an und nicht auf die öffentliche Kundgabe der Auflösungserklärung.

Der BGH überläßt die Klärung der Zweifel an dem realen Hintergrund des Auflösungsschrei-bens der Hauptverhandlung und sieht bis zu dieser Klärung weiterhin den dringenden Tatver-dacht nach § 129 a Abs. 1 StGB gegeben.
Sollte sich in der Verhandlung jedoch herausstellen, daß das Auflösungsschreiben einen rea-len Hintergrund hat, kann im Umkehrschluß davon ausgegangen werden, daß der Vorwurf des § 129 a StGB wegfällt und das somit „nur noch“ eine Verurteilung wegen Brandstiftung in Betracht käme.

Fraglich ist, ob diese Entscheidung des BGH eine reine juristische ist oder ob der BGH sich aus politischen Gründen vor einer klaren Wertung des Auflösungsschreiben nur drücken wollte. Den immerhin würde eine klarere Entscheidung weitreichendere Folgen für noch of-fene Verfahren, wie zum Beispiel gegen ehemalige Mitglieder der RAF oder des Komitee, oder gerade laufenden Prozessen, wie dem seit zwei Jahren laufenden RZ Prozeß in Berlin, haben.
Bei einer klareren Entscheidung des BGH wären nämlich plötzlich einige noch ausstehende Verfahren vom Tisch und dies liegt durchaus nicht im Interesse der BAW, die nach wie vor eine juristische Aufarbeitung des linken militanten Widerstandes der siebziger und achtziger Jahre anstreben.
Insofern bleibt zu hoffen, daß das OLG auch weiterhin mit soviel „Augenmaß“ entscheiden wird und sich nicht durch die politisch motivierten Vorgaben seitens der BAW und des BGH beeinflussen läßt.

Weg mit § 129 a Verfahren in Magdeburg!
Freiheit für Daniel, Carsten und Marco!

 

07.10.2003
Soligruppe   [Aktuelles zum Thema: Repression]  [Schwerpunkt: 129a-Verfahren in Sachsen-Anhalt]  Zurück zur Übersicht

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