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Schwäbisch Hall: Presseerklärung | Staatliche Repression gegen Antifaschisten

Rote Hilfe e. V.
Ortsgruppe Heidelberg
Postfach 10 31 62
69021 Heidelberg
Fax: (0 62 21) 65 71 62
E-Mail:  heidelberg@rote-hilfe.de

20.08.2003


Presseerklärung zur staatlichen Repression gegen Aktivisten aus dem
antifaschistischen Widerstand

Im Zusammenhang mit dem antifaschistischen Widerstand gegen insgesamt drei
Naziaufmärsche im hohenloheschen Schwäbisch Hall (Juni/Juli 2003) kam es
innerhalb kurzer Zeit zu einer Vorladung zur (präventiven) ED-Behandlung beim
Staatsschutz im baden-württembergischen Heidelberg sowie zu einer
Hausdurchsuchung beim Betreiber einer antifaschistischen Homepage im hessischen Fürth. Es
ist damit zu rechnen, dass die staatlichen Ermittlungsbehörden diese
Kriminalisierung zu einer ganzen Repressionswelle gegen linke AktivistInnen ausweiten
werden.

Nachdem bereits vor mehr als einer Woche ein Antifaschist aus Heidelberg
unter ausdrücklicher Berufung auf den § 81 b StPO, der es den staatlichen
Ermittlungsbehörden ermöglichen soll, auch politisch aktive Personen - in
Extremfällen ohne deren Verwicklung in laufende Strafverfahren sogar „präventiv“ -
einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen, zum Heidelberger
Staatsschutz geladen worden war, ist nun Folgendes bekannt geworden:

Am gestrigen Morgen um 8.20 Uhr „besuchten“ vier Polizisten einen
Antifaschisten in dessen Wohnung in Fürth (Hessen). Unter den vier Schnüfflern befand
sich ein Staatsschützer aus Heppenheim, der auch am 11. Juli 2003 vor Ort
gewesen war, als im ebenfalls hessischen Rimbach bereits eine Hausdurchsuchung
wegen der angeblichen „Teilnahme [des Betroffenen] an gewalttätigen
Ausschreitungen anlässlich des EU- Gipfels in Göteborg (14./15.06.2001)“ stattgefunden
hatte.

Bei der gestrigen Hausdurchsuchung, welche die Darmstädter
Staatsanwaltschaft wegen „Verstoßes gegen § 111 StGB“ angeordnet hatte, ging es darum, dem
Beschuldigten nachzuweisen, dass er als Betreiber der antifaschistischen
Homepage www.ainfos.de eindeutig zu Gewalt aufgerufen habe: Auf ebendieser Homepage
sei nämlich unter der Rubrik „Die Nazi-Aufmärsche in Schwäbisch Hall stoppen“
ein Bild des ehemaligen James Bond-Darstellers Sean Connery zu sehen, der
gerade einen ins Bild montierte Baseballschläger schwinge und dabei mit den
Worten zitiert werde: „Nazis machen schlechte Laune, also WEG DAMIT!“
Und diesem „Aufruf zu Gewalt“ seien ja dann auch einige AntifaschistInnen in
Schwäbisch Hall nachgekommen, als sie am 14.06., am 21.06. und am 12.07.
dieses Jahres versuchten, Nazi-Aufmärsche gegen die zu dieser Zeit dort
präsentierte Wehrmachtsausstellung zu stoppen.

Beschlagnahmt wurden zwei PCs (der des Beschuldigten und der seines Vaters,
bei dem er wohnt), eine Videokassette, mehrere CD-Roms und „linke
Schriftstücke“ (Aufkleber, Flugblätter, Protokolle usw.)
Aber damit nicht genug: Daraufhin drohten sie dem Domain-Inhaber der
antifaschistischen Homepage damit, ihn „jetzt gleich“ mitzunehmen: zur
ED-Behandlung. Das konnte der von Repression Betroffene unter Hinweis auf die frühe
Uhrzeit noch verhindern; trotzdem musste er sich mehr als vier Stunden später auf
der Wache einfinden, um sich dort dann doch noch erkennungsdienstlich
behandeln zu lassen.

Auf der Wache wurde dann sehr schnell klar, dass der „Tatverdacht“, auf
einer antifaschistischen Homepage „erfolgreich“ zu „Gewalt gegen Nazis“
aufgerufen zu haben, ein Vorwand war, um die Möglichkeiten zu verbessern, politische
Szenezusammenhänge auszuleuchten. Auf der Wache wurde der Betroffene - obwohl
er die Vernehmung verweigerte - dann nur noch gefragt, wer außer ihm denn
noch hinter diesem Projekt stecke, wie viel Zeit er und andere investierten, wer
noch so alles mitarbeite usw.

Die Rote Hilfe e. V. Ortsgruppe Heidelberg geht - auch im Hinblick auf die
polizeilichen Verlautbarungen im Vorfeld der drei Nazi-Aufmärsche in
Schwäbisch Hall im Juni/Juli dieses Jahres - davon aus, dass die staatlichen
Ermittlungsbehörden ein „von außen“ gesteuertes antifaschistisches
Widerstandspotenzial konstruieren, um mit Hilfe dieses Feindbildes dann in nächster Zeit in
repressionstechnischer Hinsicht besser agieren zu können.
Wir befürchten, dass alle linken Menschen, die in irgendeiner Weise zu den
antifaschistischen Protesten in Schwäbisch Hall aufgerufen haben oder gar
selbst dort anwesend waren, mit vermehrten Attacken von Ermittlungsbehörden
rechnen müssen.

Solltet auch ihr wegen des linken Widerstandes in Schwäbisch Hall Opfer
staatlicher Repression werden, dann wendet euch schnellstmöglich an die Rote
Hilfe Ortsgruppe Heidelberg oder an irgendeine andere solidarische
Anti-Repressionsorganisation in eurer Nähe.

Wir protestieren hiermit entschieden gegen die Kriminalisierung linken
Widerstandes und fordern die Einstellung aller Verfahren gegen AntifaschistInnen
sowie die Vernichtung aller erhobenen Daten.

Kampf der staatlichen Repression!


Rote Hilfe e. V. Ortsgruppe Heidelberg

 

21.08.2003
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