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Berlin-Buch: antifaschistische Demonstration am 31.Mai 2003

Hallo liebe GenossInnen,

hier der zu veröffentlichende Aufruf für die diesjährige
antifaschistische Gedenkdemonstration "Dieter Eich" in Berlin-Buch.
Bitte veröffentlicht ihn wo ihr könnt (Internet, Mailinglisten usw.)
und natürlich bitten wir auch um rege Teilnahme am 31. Mai 2003.
Infomaterialien und Pennplätze könnt ihr gerne bei uns anfordern:
 aanb@mail.nadir.org

Die genauen Termine der Infoveranstaltung, Soliparty und natürlich
der Demonstration findet ihr am Ende des Aufrufes. Weiterhin ist es
natürlich möglich sich als Unterstützer des Aufrufes zurückzumelden.
Er wird immer aktualisiert.

Hintergrundinformationen zum Fall und der Demonstration findet ihr
unter: www.berlin-buch.tk
Außerdem findet ihr die neuesten Informationen unter: www.aano.tk
oder www.nordost.antifa.de

mit antifaschistischen Grüßen
eure Autonome Antifa Nordost Berlin [AANO]


_____________________________
Erinnern heißt kämpfen!
Den rechten Konsens brechen!

„Als in der Nacht zum 24. Mai 2000 vier jugendliche Neonazis den
Arbeitslosen Dieter Eich in Buch brutal ermorden, ist für die
ermittelnde Staatsanwaltschaft erst mal unklar, ob es sich um ein
rechtsextremes Tatmotiv handelte. Monatelang wurde der Hintergrund
des Mordes der Öffentlichkeit vorenthalten. Erst nach monatelangen
Recherchen von Antifas und JournalistInnen wurde bekannt, dass die
vier jugendlichen Täter einer rechten Kameradschaft angehörten und
den 60-jährigen Dieter Eich zunächst zusammengeschlagen hatten, und
erst später tötete der 18-jährige René R., Sohn eines BGS-Beamten,
ihn mit einem Messerstich ins Herz. Drei Tage vor der Tat waren sie
durch Sieg-Heil-Rufe in dem Hochhaus aufgefallen, wo einer der
Angeklagten wohnte und Dieter Eich starb. Wenige Stunden, bevor sie
in die Wohnung des Sozialhilfeempfängers gestürmt waren, haben sie
einen Afrikaner auf der Straße „angepöbelt„, wie einer der
Angeklagten im Prozeß zugab."
Aus "FightBack - Antifa.Recherche.Berlin-Nord-Ost"

Innerhalb der bundesdeutschen Gesellschaft hat sich seit längerem ein
Diskurs über "Innere Sicherheit " etabliert, der die angeblich
notwendige "Verteidigung der öffentlichen Ordnung" als Aufforderung
zu Zwangsmaßnahmen gegen soziale „Randgruppen" interpretiert. In der
Praxis bedeutet das unter anderem, daß MigrantInnen, Obdachlose,
DrogenuserInnen, BettlerInnen aus öffentlichen Räumen wie
Einkaufszentren und Bahnhöfen verwiesen und dass z.B
MotzverkäuferInnen vom Sicherheitspersonal vertrieben werden, während
die „seriöse" Konkurrenz des Springerverlages überall präsent ist und
sich niemand daran stört. Auch in der öffentlichen Debatte über den
Umbau des Sozialstaates tauchen vermehrt Ressentiments gegen
sogenannte "faule Arbeitslose" und "Sozialschmarotzer" auf. Das geht
bis zu dem Punkt, daß Menschen, die nicht "fleißig arbeiten und statt
dessen Kosten verursachen", als "wirtschaftlich nicht verwertbar"
gelten und als sozial minderwertig abgestuft werden.
In diesen Diskursen können Neonazis Anknüpfungspunkte finden. Die
systematische Vertreibung von verarmten bzw. nach den herkömmlichen
Normen "sozial auffälligen" Menschen aus den repräsentativen
öffentlichen Räumen hat sich insbesondere in den Großstädten extrem
verschärft. Konkret sieht das in den meisten Städten dann so aus, daß
vormals öffentliche Räume privatisiert und in Einkaufszentren
umgewandelt werden, aus denen alle mißliebigen und vermeintlich
störenden Personen problemlos ausgewiesen werden können. Die
Konsequenz ist nicht nur die Stigmatisierung und Kriminalisierung von
Menschen, sondern auch das bewusste Vortäuschen einer heilen,
sauberen Welt, in der es keine Armut gibt.

Wir wollen nicht nur an den vor drei Jahren ermordeten Dieter Eich
erinnern. Denn wir wissen auch, dass an den europäischen Außengrenzen
jährlich hunderte Menschen sterben, die versuchen, in die EU zu
kommen. Diese tödlichen Konsequenzen, einer sich immer weiter
verschärfenden Abschottungspolitik, haben Rot-Grün und die anderen
europäischen Regierungen zu verantworten.
Die Folgen der sozialdemokratischen Arbeitsmarktregulierung zeigen
sich auch in der Einwanderung. Seit der Einführung der »Green-Card«
dürfen Migrantinnen und Migranten dann nach Deutschland einreisen,
wenn sie für das Land wirtschaftlich verwertbar sind. Das
manifestiert sich auch in der Asylpolitik, in der ein Unterschied
zwischen „nutzlosen" und verwertbaren MigrantInnen gezogen wird. So
werden Flüchtlinge, die nach Deutschland einreisen von vornherein
diskriminiert: durch die Isolation in und von sogenannten
AsylbewerberInnenheimen, den bargeldlosen Chipkarteneinkauf und die
mangelnde medizinische Versorgung sowie der Residenzpflicht etc. Die
„Guten" kommen rein, die „Schlechten" bleiben draußen - so heißt das
Prinzip, das Menschen nach ihrem Nutzen für den Standort Deutschland
sortiert.

Beim momentanen Umbau des traditionellen Sozialstaates geht es nicht
nur um Sozialabbau, die Demontage von Sozialeinkommen und
gesellschaftlichen Rechten. Es geht auch darum, auf ideologischer
Ebene die bisherigen Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit
auszuhöhlen und um zu definieren. An den Elementen einer repressiven
Ausgrenzungsstrategie gegenüber verarmten oder verelendeten Menschen
und "sozial auffälligen" Personen läßt sich der Versuch nachweisen,
einen gesellschaftlichen Konsens gegen diejenigen zu konstruieren,
die der "Gemeinschaft" auf der Tasche liegen.
Mit Hilfe des neuen „Hartz - Konzeptes" soll den „Drückebergern und
Schmarotzern" auf die Pelle gerückt werden. Die Ausweitung des
Billiglohnsektors, wo einem Gehaltsexplosionen von 3,0-5,50 EURO pro
Stunde erwarten; der Ausbau von PersonalServiceAgenturen, die eine
untertarifliche Entlohnung vorsehen; die Aufhebung des
Kündigungsschutzes; die private Ausbildungsfinanzierung per Lehrgeld
aus den Taschen von Oma und Opa usw. werden die Folgen dieser Politik
sein. Die Konsequenz daraus ist nicht die Minimierung von
Arbeitslosen, sondern die Maximierung des Wettbewerbs und der
Ausbeutungsmechanismen. In der reellen Praxis ergeht es den
Lohnabhängigen schon heute so, doch bekommt das ganze mit dem
„Hartz-Papier" seine Legitimation.
In den Vertreibungsmaßnahmen und ihrer Begründung wird ein
leistungsfähiger und produktiver gesellschaftlicher Kern beschworen.
Die "Gemeinschaft" sind die fiktiven "Bürgerinnen und Bürger dieser
Stadt", deren Werte und Normen definieren, was "allgemeinverträglich"
ist und was nicht. Die Feinde dieser "Gemeinschaft" sind in erster
Linie all diejenigen, die nicht fleißig arbeiten und statt dessen
Kosten verursachen. Von der Konstruktion einer "Problemgruppe" geht
das Muster über in eine gezielte Abspaltung und Ausgrenzung.
Die vom ehemaligen Bundesinnenminister Kanther initiierte Aktion
Sicherheitsnetz, die mittlerweile in vielen Kommunen verankert ist,
verstand sich in diesem Sinne als "Verteidigung der öffentlichen
Ordnung" gegen "Pennertum, Bettelei" und "Milieus der Unordnung ".
Wenn erst einmal "menschlicher Müll" definiert worden ist, erscheint
es nur konsequent, ihn auch als solchen zu behandeln. An dieser
Stelle überschneiden sich Vertreibungspolitik und die Motivation
rechtsextremer Gewalttäter. Deren Denkmuster beruhen u.a. auf
strikter Ablehnung von vermeintlich Leistungsunwilligen und
-unfähigen und auf der ausgeprägten Identifizierung mit bürgerlichen
Werten wie Leistung, Status, Karriere und Geld.
Die Übergriffe der Neonazis sind letztendlich eine extreme
Überprojektion solcher Wertvorstellungen. Die gesellschaftliche
Ausgrenzung verstärkt das Gefühl der Täter, mit ihren Aktionen die
Interessen der Bevölkerung zu vertreten. "Asoziale und Landstreicher
gehören nicht ins schöne Ahlbeck" sagte etwa einer der Täter, die am
27. Juli 2000 den 51jährigen Obdachlosen Norbert Plath zu Tode
geprügelt hatten. Diese erschreckend gewöhnliche Aussage zeigt, wie
sehr sie sich damit im Fahrwasser alltäglicher Diskurse bewegen.

Wir wollen uns offensiv gegen den bewußten Gedächtnisschwund und den
gelebten Sozialdarwinismus in dieser Gesellschaft stellen und dies
weit über die Stadtgrenzen von Buch hinaus verbreiten. Die Erinnerung
an die unzähligen Opfer des braunen Mobs, der Asyl- und
Abschiebepolitik und der kapitalistisch-bürgerlichen Gesellschaft
muss wachgehalten werden. Darüber hinaus sollten die Ursachen benannt
und bekämpft werden, um eine emanzipatorische linksradikale Politik
zu ermöglichen. Unter dem Motto „Erinnern heißt kämpfen!; Den rechten
Konsens brechen!" rufen wir zu einer antifaschistischen Demonstration
am 31.Mai in Berlin - Buch auf. Zusammen können wir die Angriffe der
Neonazis und den Abbau vieler sozialer Zugeständnisse angemessen
beantworten.
Autonome Antifa Nordost [AANO] im April 2003

unterstützt von: Antifa Aufstand Köpenick, Antifa Erkner, Antifa
Hagen, Antifa U7, antifaschistische Jugendkoordination III [A3],
Autonome Antifa Moers, Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten
Pankow e.V., ex - JungdemokratInnen / Junge Linke Berlin,
Gruppe.Internationale.Webteam, Info Cafe Pankow [ICP],
jungePrenzlberger Antifa-Gruppe [juPAG], Jugend denkt, Jugend Antifa
Belzig [JAB], ostsachseninfos, Pankower Antifa Offensive [PAO],
[`solid]36 - die sozialistische Jugend Kreuzberg


>> Stand 19.April 2003

TERMINE

28.05. - 2003 - 19:00
> Informationsveranstaltung zum Thema Sozialdarwinismus und neonazistische Angriffe
im Info Cafe Pankow,
*Kurt Lade Klub in Zusammenarbeit mit dem ICP

31.05 - 2003 - 15:00
> überregionale antifaschistische Gedenkdemonstration ERINNERN HEISST KÄMPFEN!
* S-BHF Buch :: Berlin-Pankow

14.06 - 2003 - 19:00
> POP*ANTIFA*PARTY
mit GartenBar, Disko und Grillen
DJs legen ab 21:00 Pop, Elektro und Hip Hop auf ...
* im Kurt Lade Klub, Grabbeallee 33, in Zusammenarbeit mit der RAW

 

20.05.2003
Autonome Antifa [NO] Berlin [homepage]   [Email] [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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