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München: Kongress SPIEL OHNE GRENZEN | Zu- und Gegenstand der "Antiglobalisierungsbewegung"

Multinationaler Kongress
mit bairischem Biergarten
23.-25. Mai 2003 an der Universität München
Veranstaltet von:
Ak Antisemitismus, AStA der Universität München, r.a.be, Ak
Internationale Politik der PDS München, HaidhausenKolleg, konkret, 17°,
Jungle World, IZ3W, Phase 2

AUFRUF
Seit dem Ende der Blockkonfrontation und der Systemkonkurrenz wird von
vielen ein zentrales Element des gegenwärtigen Stadiums des weltweit
konkurrenzlosen kapitalistischen Systems als "Globalisierung"
bezeichnet. Sogar in Deutschland hat sich eine große, heterogene
Bewegung gebildet, die seit einigen Jahren vor allem gegen die
Zusammenkünfte der Vertreter der kapitalistischen Metropolen und ihrer
Institutionen (WTO, NATO, EU, etc...) mobilisiert. Für manche
systemoppositionellen Kräfte ist sie, auf der Suche nach einem
revolutionären Subjekt, ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Es zeigt sich
eine soziale Bewegung die - im Unterschied zur Ökologie- oder
Friedensbewegung - die Ökonomie als Hauptansatzpunkt ihrer Aktivitäten
gewählt hat. Tausende strömen gegen die ungerechte Welt auf die Straßen,
ohne dass jedoch genau klar wird, was mit der kritisierten
"Globalisierung" oder dem "neoliberalen Turbokapitalismus" eigentlich
gemeint ist. Es ist an der Zeit einen fundierten Blick auf die
"Bedrohung Globalisierung" und die dagegen gerichtete Bewegung zu
werfen.
Der Kongress "Spiel ohne Grenzen" soll zwei Dinge leisten: Einerseits
wird, anknüpfend an seit längerem vereinzelt geführte Debatten, die
Kritik an der "Antiglobalisierungsbewegung" überprüft, zusammenführt und
weiterentwickelt. Es ist eine zentrale Frage, welche progressiven
Ansätze in dieser Bewegung stecken und wie gefährlich das reaktionäre
Potential darin ist. Daher soll der Kongress verschiedenen Strömungen
der Linken die Möglichkeit bieten, über die Antiglobalisierungsbewegung
kontrovers zu diskutieren.
Andererseits soll über die Tragfähigkeit von konkurrierenden
theoretischen Modellen diskutiert werden, die den gegenwärtigen Zustand
der kapitalistischen Welt beschreiben. Die möglichst genaue Analyse des
von Gewalt- und Herrschaftsverhältnissen, von Ausbeutungsstrukturen und
sozialen Schichtungen geprägten Systems ist Voraussetzung für die
Entwicklung von Überwindungsstrategien.


POLITISCHE ÖKONOMIE
Zunächst werden in mehreren Veranstaltungen zentral diskutierte Konzepte
zur Analyse des Kapitalismus auf ihre Stärken und Schwächen hin
überprüft: Empire, Postfordismus, Neoliberalismus und Imperialismus.
Weiterhin wird untersucht, was sich als Hauptfeindbild der
globalisierungskritischen Bewegung bezeichnen lässt: Das sogenannte
transnationale Kapital. Nachgegangen wird der Frage, ob sich das Kapital
in der Globalisierung aus der Bindung an den Nationalstaat wirklich
gelöst hat und welche Rolle dem Nationalstaat im globalen Kräftespiel
zukommt. Sind der an Geschwindigkeit zunehmende Abbau sozialer
Sicherungssysteme und die verstärkten innerimperialistischen
Konkurrenzkämpfe um Einflusssphären, Rohstoffe und Absatzmärkte
Phänomene, die sich mit der angeblichen Auflösung des Nationalstaates in
der Globalisierung erklären lassen? Und sind es Entwicklungen, die sich
mit dem Ruf nach dem Sozialstaat oder der Kontrolle der Finanzmärkte
aufhalten lassen? Eine Bewegung, die sich mit der Regierung einig ist,
dass der Kapitalismus nicht das Grundübel ist, sondern lediglich
national kontrolliert und sozial gestaltet werden muss, die blind dem
strömungsübergreifenden Konsens vom "ressourcengeilen Weltpolizisten
USA" als eindimensionale Erklärung für geopolitische Neuordnungen und
Auseinandersetzungen zustimmt, ist für die Linke kein Gewinn.


IDEOLOGIEKRITIK
Selbst dort, wo innerhalb der globalisierungskritischen Bewegung
fundamentalere Opposition gegen das kapitalistische Verwertungsprinzip
eingefordert wird, tauchen nicht selten Verschwörungstheorien, längst
überwunden geglaubte dichotomisch-antiimperialistische Weltbilder,
antisemitische Stereotype und nationalrevolutionäre Querfrontstrategien
wieder auf, denen entgegengetreten werden muss.
Auch Rechtsextreme wollen in Sachen "Globalisierungskritik" gerne
andocken. Wenn sie sich, wie schon in diversen deutschen Städten
passiert, den Protestzügen anschließen und Parolen wie "Nationale
Rebellion gegen die Globalisierung" skandieren, dann reicht es nicht
aus, dies allein mit deren taktischem Kalkül zu erklären. Es kommt ihnen
entgegen, dass auch Bewegungs-Linke oft nicht in der Lage sind,
Kapitalismus als gesellschaftliches Verhältnis zu kritisieren, sondern
ihn in die einzelnen Bereiche Staat, Politik und Wirtschaft zerlegen.
Das hat die Illusion zur Folge, Staat und Politik könnten den
"Raubtierkapitalismus" bändigen. Dort, wo Teile der Bewegung den
Nationalstaat gegenüber dem globalisierten Kapital stärken und die
Institutionen des Kapitalismus stärker kontrollieren wollen, entstehen
in der Außenwirkung fatale Gemeinsamkeiten.
Was führt zur Duldung von Nazis und Antisemiten auf Demonstrationen oder
zur emotional positiven Bezugnahme auf die bundesdeutsche
Regierungspolitik im Konkurrenzkampf mit den USA?
Obwohl der emanzipative Anspruch großer Teile der
globalisierungskritischen Bewegung denen der extremen Rechten diametral
entgegenstehen, sind manche Programmatiken zum Verwechseln ähnlich. Auch
relevante Teile der globalisierungskritischen Bewegung preisen die
Vorzüge des Lokalen, des Nationalstaats und kritisieren statt des
Kapitalismus lediglich die Finanzmärkte und das Geld.
Dabei ist im Kapitalismus jede Arbeit Ware, und der Handel von Geld
unterscheidet sich nicht prinzipiell vom Handel mit Computern oder
Karotten. Die Dämonisierung von Börsenhandel und Spekulation führt zur
analytisch falschen Unterteilung in produktive und spekulative Sphäre
des Kapitals. Dies entspricht in letzter Konsequenz der rechten
Demagogie vom "raffenden" und "schaffenden" Kapital.


KULTUR UND IDENTITÄT
Das erste, was mit Globalisierung assoziiert wird, ist die banale
Aussage, dass heute alle über kulturelle und geographische Grenzen
hinweg miteinander kommunizieren könnten, so sie denn wollten. Wir
wollen überprüfen, ob dies stimmt und welche kulturellen und
gesellschaftlichen Implikationen und Auswirkungen dies hätte. Der
Kongress wird sowohl "Globalisierung" als auch die
"Antiglobalisierungsbewegung" als Kulturphänomen untersuchen.
Das Unbehagen über die Annahme, die zunehmende weltweite Vernetzung
führe zu einer Angleichung der Kulturen, zu einem indentitätslosen
Einheitsbrei unter der Vorherrschaft von Coca Cola und schlechten Soaps,
lässt bei kritischen Geistern oft den Wunsch nach Authentizität
aufkommen: Sei es die Verherrlichung der "naturnahen" Lebensweise von
Menschen in der sogenannten dritten Welt und damit der Wunsch, diesen
den Fortschritt in Form von technischen Errungenschaften zu verweigern,
sei es die Verzückung mit der mensch der Musik dieser "unverdorbenen"
Leute lauscht. Sei es die Idee, sich eine persönliche heile, spirituelle
Selbstversorgerwelt aufzubauen und aus dem Verwertungsprinzip
auszusteigen, sei es der Trend, der diagnostizierten "Amerikanisierung"
der Gesellschaft längst überwunden geglaubte Traditionen oder angebliche
kulturelle Wurzeln entgegenzusetzen.
Die Versuche durch kulturelle Renationalisierung und Regionalisierung
ein Gegengewicht zur anscheinend alles erdrückenden globalen
Kulturindustrie zu setzen sind ebenso Thema, wie die identitären
Konzepte von sozialen Bewegungen, ihre Ausdrucksformen und der
Multikulturalismusdiskurs.


ANMELDUNG
Der Unkostenbeitrag für den Kongress beträgt:

Gesamter Kongress:
3 Tage: 30 Euro; ermäßigt 20 Euro

Einzelne Tage:
Freitag: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro
Samstag: 14 Euro, ermäßigt 10 Euro
Sonntag: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro

Bei einer Voranmeldung für den gesamten Kongress (3 Tage) ist der
Unkostenbeitrag 25 Euro (ermäßigt 15 Euro).

Anmeldung per Mail an:  info@spiel-ohne-grenzen.org.

Die Ermäßigung gilt bei Voranmeldung bis zum 16.Mai; Jede Anmeldung wird
bis zu diesem Datum per Email bestätigt.

Wer am Samstag auf die Karawane-Demontration (  http://lola.d-a-s-h.org/%7Erp/az/Demo030524/Aufruf_030524.pdf ) "Deutschland Lagerland" gehen und anschliessend den Kongress besuchen will, zahlt
für Samstag nicht den vollen Preis.

PROGRAMM
Freitag: 23.05.2003

19.00 Uhr
Antiamerikanismus - Antikapitalismus für Dumme?
- Hermann Gremliza (Herausgeber konkret, Hamburg)
- phase2 (Redaktion Berlin)
- Mod.: Torsten Weber (17grad, München)


Samstag: 24.05.2003

9.30 Uhr - 10.00 Uhr: Eröffnung

10.00 Uhr - 12.00 Uhr
Globalisierungskritik und reaktionäre Ideologien
- Thomas Schmidinger (Redakteur Context XXI): Verkürzte
Kapitalismuskritik und struktureller Antisemitismus in der
Antiglobalisierungsbewegung
- Kritik und Praxis- KP Berlin : Globalisierungskritik von Rechts? Die
extreme Rechte und die Globalisierung
- Peter Bierl (Autor, München): Tauschringe, Schwundgeld und
Subsistenzwirtschaft - Obskuranten und Esoteriker in der
globalisierungskritischen Bewegung
- Mod.: Fritz Burschel
(Netzwerkstelle geg. Rechtsextremismus b. Radio "Lotte in Weimar")

12.00 Uhr - 13.30 Uhr

Nationalstaaterei und Globalisierung
- Rainer Trampert (Autor, Hamburg)

Parallel dazu ist die Demo "Deutschland Lagerland" organisiert von
Karawane, Bayerischer Flüchtlingsrat, Interkulturelles Forum, Münchner
Flüchtlingsrat und res publica.
- 12.00 Uhr Karlsplatz/Stachus: Auftaktkundgebung
- ab 13.00 Uhr Demonstration

13.30 Uhr - 14.30 Uhr: Pause

14.30 Uhr - 16.00 Uhr

No Logo - no music
- Marcel Malachowski (Autor, Jungle World, Berlin)

(Post)fordismus in der Peripherie
- Gruppe Demontage (Hamburg)

16.00 Uhr - 18.00 Uhr

Fetischistische Wertverwertung, Globalisierung und Israel
- Andrea Woeldike (Autorin, Hamburg)
- Stephan Grigat (Café Critique, Wien)

Empire - Neues in der Weltordnung?
- Fabian Kettner (Rote Ruhr Uni, Bochum)
- N.N.

18.00 Uhr - 19.30 Uhr

Globalisierung als Ideologie
- Thomas Ebermann (Autor, Hamburg)
"Transnationales" Kapital - Realität oder Projektion?
- Winfried Wolff (Autor, Stuttgart)

19.30 Uhr - 20.30 Uhr
Halbzeit - Analyse zum Spiel ohne Grenzen
Wo ist und was vermag die Kunst?
- Victor Halb (Autor, Nürnberg)

ab 20.00 Uhr: Original autochthoner bairischer Biergarten

Sonntag 25.05.2003

9.30 Uhr - 11.30 Uhr

Come together: Kultur und Identität
- Roger Behrens (Herausgeber Testcard, Hamburg)
- Thommy Schroedter (Buko, Paderborn)
- Mod.: Torsten Weber (17grad, München)

Postkoloniale Theorie und Antiimperialismus
- Udo Wolter (Autor, Berlin)

11.30 Uhr - 13.30 Uhr

Neoliberalismus, Hegemonie und Opposition
- Mario Candeias (Autor Das Argument, Berlin)
- Gruppe Demontage (Hamburg)
- Mod.: Jule Gilles (Akip, München)

Der Imperialismus als Papiertiger
- Stefan Eggerdinger (Herausgeber Streibarer Materialismus, München)

14.00 Uhr: Abschlussveranstaltung

 http://www.spiel-ohne-grenzen.org
 info@spiel-ohne-grenzen.org


 

14.05.2003
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Globalisierung]  Zurück zur Übersicht

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