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Halle: Kein Naziaufmarsch am 1. Mai!

Bitte kippen! Kein Naziaufmarsch am 1. Mai 2003 in Halle!


Für den 1. Mai 2003 haben Neonazis aus dem Spektrum der »freien
Kameradschaften« eine Demonstration in Halle angemeldet. Veranstalter des Aufmarsches ist
eine »Jugendinitiative für Arbeit, Freiheit und Frieden«. Hinter dieser
Initiative verbirgt sich die »Kameradschaft Köthen«, deren Mitglieder in den
vergangenen Jahren mehrfach für die Anmeldung von Nazidemonstrationen in
Sachsen-Anhalt verantwortlich waren. Derzeit scheint es so, als würde die
Demonstration am 1. Mai in Halle zum zentralen Aufmarsch der »freien Kameradschaften« an
diesem Tag – das heißt es muss mit bis zu 1.000 Demonstranten gerechnet
werden.

Das Motto
Das Motto des Naziaufmarsches lautet »Arbeitsplätze statt Kriegseinsätze«.
Im Aufruf zu dieser Demonstration wird die national-revolutionäre bzw.
national-sozialistische Ausrichtung der »freien Kameradschaften« besonders deutlich
hervorgehoben. Das zentrale Agitationsfeld der Nazis ist nicht mehr, wie noch
vor sieben oder acht Jahren, Rassismus. Im Zentrum ihrer Argumentation
stehen vielmehr soziale Belange. Die Nazis beklagen sich über »Steuererhöhungen,
Korruption, Verausländerung, Bildungsmisere, wachsendes Elend« und empören
sich über Arbeitslosigkeit, »Bonzen«, die Einfuhr von Produkten aus
Billiglohnländern, die Globalisierung und den vermeintlichen Kolonialstatus der
Bundesrepublik. Deutschland wird als Opfer fremder Mächte und einer »kleinen
Machtclique« betrachtet, die sich »immer unverhohlener zu Helfershelfern ausländischer
Interessen« mache.
Das zentrale Bindeglied, mit dem diese verschiedenen, auf den ersten Blick
lose nebeneinander stehenden Agitationsfelder – Antiamerikanismus,
Kriegsgegnerschaft, soziale Frage usw. – im Weltbild der Nazis verbunden werden, ist
Antisemitismus. Auch wenn im Aufruf zum 1. Mai keine offen antisemitische Hetze
auftaucht – die Parole »Die Juden sind unser Unglück« kann bekanntlich
einstweilen nicht ungestraft in einem Aufruf zu einer Demonstration verbreitet
werden – werden hinter allen als negativ empfundenen Phänomenen Aktivitäten von
Juden vermutet.

»Deutsche Arbeit«
Besonders deutlich wird diese Ausrichtung im Arbeitsbegriff, auf den im
Aufruf zur Demonstration am 1. Mai unterschwellig zurückgegriffen wird. Die Nazis
beklagen sich darüber, dass die »deutsche Arbeitskraft« nicht mehr »richtig
geschätzt und geschützt« werde, dass immer mehr Konzerne aus der
»Solidargemeinschaft« ausbrächen und das »von uns Arbeitnehmern erwirtschaftete Geld in
aller Welt verpulvert« werde. Kapitalismus wird somit nicht als
gesamtgesellschaftliches Zwangsgefüge, die Produktionssphäre nicht als Kern des
kapitalistischen Wirtschaftssystems betrachtet. Kapitalismus erscheint vielmehr als
Herrschaft so genannter »raffender Arbeit« (der Zirkulationssphäre, der
»Wirtschaftsbosse« usw.) über »schaffende Arbeit« (die Produktionssphäre, »den
Arbeiter« usw.). Während »schaffende Arbeit« mit dem Begriff »deutsch« apostrophiert
wird – dies wird u.a. am Bild des deutschen Arbeiters, mit dem die
Organisatoren der Demonstration ihren Aufruf illustrieren, deutlich –, wird »raffende
Arbeit« als die zentrale Tätigkeit von Juden begriffen. Deutschtum, so
erklärte Adolf Hitler 1920, bedeute »sittliche Auffassung der Arbeit und dadurch
das, was wir heute so oft im Munde führen: Sozialismus, Gemeinsinn, Gemeinnutz
vor Eigennutz – Judentum bedeutet egoistische Auffassung der Arbeit und
dadurch Mammonismus und Materialismus, das konträre Gegenteil des Sozialismus«.
Juden werden somit nicht nur als die Symbole oder Repräsentanten des
Kapitalismus begriffen. Sie erscheinen vielmehr als dessen Verkörperung. Die
Überwindung des Kapitalismus wird folglich mit der Überwindung der Juden gleichgesetzt.

Halle für alle?
Zusätzlich zu ihrem eigentlichen Demonstrationsmotto mobilisieren die Nazis
für den 1. Mai auch mit der Parole »Halle für alle« nach Halle. Mit diesem
Slogan wird darauf angespielt, dass es bisher noch keinen erfolgreichen
Neonaziaufmarsch in Halle gab. Alle drei offiziellen Nazidemonstrationen der
neueren Zeit (1991, 2000 und 2001) konnten massiv behindert und gestört werden. Der
letzte Neonaziaufmarsch in Halle – 2001 wollten etwa 200 NPD-Anhänger durch
die hallesche Innenstadt marschieren – wurde mit einer Blockade und
zahlreichen anderen Störaktionen gestoppt, die Nazis mussten schließlich umkehren.

Das Abendprogramm: Auf ins Umland!
Wem es am 1. Mai nicht genügt, gegen einen im Kern antisemitischen Aufmarsch
von Neonazis zu protestieren, dem sei nach dem morgendlichen Engagement in
Halle die Teilnahme an den Maidemonstrationen in Merseburg oder Dessau
empfohlen. Beginn der »8. revolutionären Dessauer 1. Mai Demonstration« ist 15 Uhr,
die Demonstration in Merseburg (Motto: »Gegen deutschen Arbeitswahn und
Kapitalismus«) beginnt 16 Uhr. Nach der »kritischen Begleitung« der Naziaufmarschs
in Halle dürfte damit auch noch genügend Zeit bleiben, das zu tun, was man
an einem Tag, an dem nicht nur Nazis Arbeit, Arbeitswahn und Fleiß
verherrlichen, eigentlich tun sollte: die Beine hochlegen!

Beteiligt Euch an den dezentralen Aktionen gegen den Naziaufmarsch in Halle!
Lasst Euch etwas einfallen!

Antifaschistische Gruppen Halle

Weitere Informationen unter  http://www.erstermaihalle.tk

 

21.04.2003
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