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Heidelberg: Presseerklärung zu Aktivitäten des VS in Mannheim

Solidarität ist eine Waffe!

Rote Hilfe e. V.
Ortsgruppe Heidelberg
Postfach 10 31 62
69021 Heidelberg
Fax: 0 62 21 / 16 44 89
 heidelberg@rote-hilfe.de

Heidelberg, den 11.04.2003


Presseerklärung

Seit Ende 2000 lassen MitarbeiterInnen des Verfassungsschutzes (VS) fast
keine Chance ungenutzt, mit dreisten Anwerbe-Versuchen in der linken, vor
allem antifaschistisch orientierten und mit dem JuZ in Verbindung gebrachten
Szene Mannheims punkten zu wollen (siehe auch die Presseerklärung der Roten
Hilfe e.V. Ortsgruppe Heidelberg vom 31.01.2001).

Der aktuellste, unserer Anti-Repressionsgruppe bekannt gewordene Fall ist
jener, der sich am Mittwoch, dem 12.02.2003 wie folgt zugetragen hat:
Gegen 18.30 Uhr bekommt eine der antifaschistischen Szene zugeordnete Person
Besuch von zwei VS-Leuten (ein Mann, eine Frau). Einer der Beiden, die beim
Öffnen der Tür sofort ihre Ausweise zücken, stellt sich als "Herr
Hildebrandt" vor (die VSlerin scheint keinen Namen zu haben). Sofort
versuchen die Beiden, die von staatlicher Repression Betroffene in ein
Gespräch zu verwickeln. Grund ihres unerwarteten Besuchs sei das Thema
"Extremismus" (Zitat: "Wir meinen damit natürlich sowohl Links- als auch
Rechts-Extremismus."). Die an dieser Stelle sicherlich unnötige, aber
wahrscheinlich der Verwirrung geschuldete Feststellung der Betroffenen,
"nichts mehr mit der Antifa zu tun zu haben", übergehen die VSlerInnen,
indem sie darauf insistieren, doch gemeinsam die Örtlichkeit zu wechseln und
ein nettes Café aufzusuchen (zum weiteren Plausch). Nach dem vehementen
Zurückweisen dieses dreisten Vorschlags bedanken sich die beiden VSlerInnen
höflich und versichern dabei, dass dieser unerwartete Besuch keine Folgen
für die Betroffene haben werde. Man könne ja nochmals telefonisch über diese
Sache reden.
Die Frage der Betroffenen, woher sie denn ihren Namen und ihre Adresse
hätten, beantwortet "Herr Hildebrandt" mit einem Verweis darauf, dass man ja
nicht "aus dem Nähkästchen plaudern" könne. Aber ganz allgemein sei es eben
so, dass "die Zecken (!) die Faschos beobachten" würden. Sie würde schon
wissen, was "Herr Hildebrandt" damit meine.
Dann ziehen die VS-SchnüfflerInnen wieder ab.

Hier hat sich erneut gezeigt, dass jedeR politisch Aktive oder bisweilen in
linken Zusammenhängen Anzutreffende damit rechnen muss, angequatscht zu
werden. Oftmals geschieht dies sogar am Arbeitsplatz (oder bei den Eltern)
und unter Androhung von Konsequenzen für eventuell laufende Verfahren.
Beim oben aufgeführten Fall war es mal wieder so, dass einer der
"politischen Feinde" der Linken als Grund für eine Anquatsche herhalten
musste. Dabei versuchen die VSlerInnen oftmals, "Gemeinsamkeiten" zwischen
ihnen und den vermeintlichen Antifas herzustellen, die ja eigentlich das
Gleiche (wie die "wehrhafte Demokratie") wollten, nämlich gegen Nazis zu
sein, aber eben "andere Mittel" zur Durchsetzung ihrer Ziele hätten.
Das "Beobachten" bzw. "Ausspionieren" der FaschistInnen (durch Linke
["Zecken"]) dient in den Augen der HüterInnen der freiheitlichen
demokratischen Grundordnung ja ausschließlich dem Ziel, die Observierten zu
günstigeren Zeitpunkten physisch zu attackieren. Und das müsse von
staatlichen Organen schließlich verhindert werden. Und wenn bei diesem
"ehrenhaften", präventiven Schutz der physischen Unversehrtheit deutscher
Staatsbürgerinnen und -bürger den Geheimdienstbehörden noch ein paar
Informationen über die staatsfeindliche Linke zur Verfügung gestellt
werden - um so besser...

Die einzige richtige Reaktion auf Anwerbeversuche kann nur das sofortige
Ablehnen jedes Gesprächs sein, denn jede noch so lapidar erscheinende
Information kann für VerfassungsschützerInnen ein wichtiger Baustein in
ihrem Bild von Euren Zusammenhängen oder sogar für abenteuerliche
Anklagekonstruktionen gegen Dich und Deine GenossInnen sein (oder gegen
Menschen, mit denen du früher mal etwas zu tun hattest).

Immer gilt:

1. Euch von staatlicher Repression Betroffene trifft keine Schuld, Ihr habt
nichts "falsch" gemacht; Ihr seid nicht mit den "falschen" Leuten zusammen
gekommen; ihr seid aus den unterschiedlichsten Gründen vom staatlichen
Repressionsapparat "ausgewählt" worden.
2. BeamtInnen des Verfassungsschutzes, deren Arbeit sich im Gegensatz zum
Staatsschutz ausschließlich auf geheimdienstliche Erkenntnisse bezieht,
haben keinerlei Befugnisse, eine Aussage oder Mitarbeit zu verlangen; sie
haben keine Macht, juristischen oder sonstigen Druck auf Dich auszuüben
(auch wenn sie in Extremfällen damit drohen und es in Extremfällen auch
tatsächlich hinkriegen); deshalb verweist mensch sie am Besten gleich des
Hauses.
3. Die betroffene Person meldet den "Anquatschversuch" am Besten sofort der
"Roten Hilfe e. V." (oder irgend einer anderen Anti-Repressionsgruppe in der
Nähe) und erklärt sich einverstanden, diesen Vorgang zu veröffentlichen,
denn nichts ist dem Verfassungsschutz unliebsamer, als eine Öffentlichkeit,
die seine Arbeit kritisch wahrnimmt und ans Tageslicht befördert.
4. Bei VSlerInnen handelt es sich immer um geschultes, professionell
ausgebildetes Personal, das Euch in jeder Hinsicht immer um mehrere Schritte
voraus ist. Zu denken, ihnen bei einem Gespräch etwas "vorspielen", sie auf
falsche Fährten locken zu können, ist fatal - Ihr wurdet ja eben deshalb
ausgewählt, weil sie genauestens über Euch, Euren (ehemaligen) Freundeskreis
und über Euer Freizeitverhalten Bescheid wissen. Ihr werdet niemals zufällig
ausgewählt.


Die Rote Hilfe e. V. Heidelberg protestiert hiermit zum wiederholten Male
ausdrücklich gegen die Anwerbeversuche des Geheimdienstes.

 

19.04.2003
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