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Berlin: Heraus zum Revolutionären 1.Mai 2003

Heraus zum revolutionären 1. Mai: Fight capitalist war
- Fight capitalist peace!

Durch die globalen Umstrukturierungsprozesse seit 1989
haben sich die weltweiten Bedingungen zur Sicherung
und Aneignung neuer Märkte, Macht- und Einflusszonen
verschärft. Es geht um die unter Konkurrenzkämpfen
entstehende Struktur einer neuen Weltordnung. Findet
auf der einen Seite eine immense Konzentration von
wirtschaftlicher, militärischer und politischer Macht
statt – wie wir es bei den USA und zunehmend auch der
EU sehen – , fallen auf der anderen Seite immer mehr
Teile der Welt aus staatlichen Ordnungssystemen heraus
und versinken in Bürgerkrieg, Hunger und Elend – wie
es in vielen postkolonialen Kriegsländern Afrikas der
Fall ist. Diese beiden Seiten sind eng miteinander
verzahnt – sie sind Ausdruck des barbarischen
Charakters des Kapitalismus, der jenseits aller
ideologischer Beteuerungen von Zivilisation und
Menschenrechten nur eine Gesetzmäßigkeit kennt:
permanent seine eigene Aufrechterhaltung zu sichern,
die sich über Verwertung und Profitmaximierung
bestimmt.
Dies ist für uns Grund genug, auf allen Ebenen gegen
das kapitalistische System zu wehren – nur im
solidarischen Bezug aufeinander, der sich jenseits von
Nation, Religion und Geschlecht befindet, liegt die
Möglichkeit von Freiheit und Gleichheit, die nicht vom
Verwertungsgedankens durchdrungen sind sind.
Der erste Mai steht in einer langen Tradition von
Kämpfen und Versuchen, dieses zu erreichen. Smash
capitalism!


warzone capitalism

Die weltweiten Demonstrationen gegen den Krieg
sprechen eine deutliche Sprache: der Krieg gegen den
Irak stößt allerorten auf Protest und Widerstand,
welche sich in die Antiglobalisierungsbewegung
einreihen lassen.
So richtig es ist, gegen den Krieg auf die Strasse zu
gehen, darf man über die Fokussierung auf den Irak
nicht vergessen, dass in vielen anderen Teilen der
Welt ebenfalls Krieg oder kriegsähnliche Zustände
herrschen. Es besteht die Gefahr, dass „Krieg" als ein
immer wieder punktuell auftauchendes Ereignis
verstanden wird, das sich nun im Irak abspielt und in
dem sich lediglich die Kontrahenten Bush-Blair/Hussein
einander gegenüberstehen. Es besteht die Gefahr, das
Kapitalismus mit den USA verwechselt wird; dass Krieg
für uns nur dann stattfindet, wenn wir im Fernsehen
Bilder des brennenden Bagdad sehen und mit den
Journalistensoldaten durch ihre Kameras auf
verwackelte, „authentische" Bilder schauen können. Es
besteht die Gefahr, dass wir uns doch einlassen auf
die Art und Weise, wie uns dieser Krieg vermittelt
wird. Und dass wir dem Märchen aufsitzen, das gute
„alte Europa" unter väterlichen Führung von Chirac und
Schröder sei die ursprüngliche Variante von
„westlicher Zivilisation" im Krieg gegen den Terror.
Der Kampf um die neue Weltordnung bestimmt sich über
die gewaltsame Aneignung und Neuverteilung von
Machtpositionen, Räumen und Ressourcen.

Staatlich geführte, militärische Kriege sind ein
extremer, jedoch nicht der einzige Ausdruck des
globalisierten, neoliberalen Kapitalismus. Dieser
verursacht auch im „Frieden" unerträgliche
Lebensbedingungen, ist Grund für Vertreibung, Flucht
und Migration. Er produziert permanent Tote, auch wenn
kein Krieg ist. Er findet auf unterschiedliche Weise
im Leben jedes einzelnen Menschen statt, in den
privilegierten wie in den nicht-privilegierten Zonen
der Welt.


Your peace is not our peace...

Der Krieg gegen den Irak zeigt neben den Interessen,
die durch den Angriff der USA und Großbritannien auf
den Irak verfolgt werden, noch andere wesentliche
Strukturen des momentanen kapitalistischen Gefüges
auf.
Fest steht, dass die USA momentan die einzige
souveräne Macht sind, welche in der Welt auf eigene
Faust militärisch eingreifen können, ohne mit
ernsthaften Konsequenzen rechnen zu müssen. Die
Politik der USA nimmt eine dominante Stellung im
globalen Prozess der Neuformierung einer neuen
Weltordnung ein. Doch sind die USA mitnichten der
einzige Akteur in diesem Verhältnis.

Seit Beginn der 90er Jahre erprobt das langfristig um
Souveränität bemühte Projekt EU immer wieder ein
Kräftemessen mit dem „großen Bruder". Dass der
Formierungsprozess der EU nicht reibungs- und
widerspruchsfrei verläuft, wird im Irakkrieg
offensichtlich. Und dennoch schreitet die Einigung zu
einem wirtschaftlich, politisch, militärisch und
juristisch einheitlich agierenden Europa stetig voran.

Deutlich zu sehen war dieses neue Konkurrenzverhältnis
im Afghanistankrieg. Die nach hegemonialer Stellung in
der EU strebende BRD tarierte das Gewicht der eigenen
Souveränität im Versuch aus, eigene Truppen
gleichberechtigt neben US-amerikanischen und
britischen im Raum des Nahen Ostens zu stationieren.
Erst als dies nicht gelang, schwenkte die rotgrüne
Regierung auf ihren „Friedenskurs" ein, der nun im
Irakkrieg fortgesetzt wird.
Was aber steckt hinter all dem offiziellen
pazifistischen Gerede? Die deutsch-französische
Antikriegshaltung als scheinbar ziviler Alternative
zum Militarismus der USA drückt weniger eine
humanistischen Grundhaltung aus.
Vielmehr geht es um eine andere Interessenslage, die
im Nahen Osten auf wirtschaftlichem und diplomatischem
Weg durchgesetzt werden soll.

Darüber hinaus gilt es, eine neue ideologische Form zu
finden, mit der sich das Projekt „selbständiges
Europa" von den USA abgrenzen kann. Und was eignet
sich besser, als das uralte Bild des alten,
hochkulturellen Europa, dem die USA nur mit blinder,
naturwüchsiger Gewalt und ökonomischer Potenz begegnen
können, wiederzubeleben? Die Grünen bringen es mit
ihrem Aufkleber „Altes Europa" auf den Punkt.

Doch ist es nicht so, dass das Gerede vom Frieden
letztlich nur den Frieden einer kapitalistischen,
disziplinierten Gesellschaft meint? Dass es Befriedung
meint, damit der Produktionsprozess störungsfrei
ablaufen kann? Dass den Anti-Kriegsdemonstrationen so
viel Wohlwollen entgegengebracht wird, weil sie sich
als Akzeptanz der Regierungspolitik verkaufen lassen
können? Warum gehen nicht genauso viele Menschen auf
die Straße, wenn die Regierung wie zur Zeit solch
massive Sparmaßnahmen durchsetzt, dass eine neue
Qualität der Armut geschaffen wird? Geht es darum, mit
der Einteilung von Krieg und Frieden andere,
grundlegende Widersprüche zu überdecken?
„Frieden" im Kapitalismus bedeutet immer auch Krieg
für andere; Frieden ist ein Privileg, ist Ausweis der
Teilhabe am internationalen Konkurrenzgeschehen im
Gemengelage der verschiedenen nationalen Interessen.
Und Frieden bedeutet – bei allen definitiven
Unterschieden – auch in den privilegierten Zonen der
Welt mitnichten Wohlstand für alle.


Es gibt keine Alternative zur Revolution...

In einem hat sich der Kapitalismus nicht geändert:
sich als die einzige Alternative zu einem barbarischen
„Anderen" darstellen zu müssen. Doch nun, wo das
Gespenst des Kommunismus überwunden scheint, hat der
goldene Westen seinen bösen Gegenspieler verloren und
steht vor einem zweifachen Dilemma. Zum einen hat sich
nach dem Wegfall der Blockkonfrontation keineswegs das
propagierte Wohlstandsversprechen eingelöst; zum
anderen fehlt ein eindeutiges Feindbild, an dem sich
konstituiert und legitimiert werden kann.

So etabliert sich ein ideologisches Gerüst, in dem
neue, globale Gegensätzlichkeiten konstruiert werden:
auf der einen Seite steht die Wertegemeinschaft des
„zivilisierten" Westens, gegen die sich der
„barbarische", religiös-fundamentalistische Orient
auflehnt und die Welt mit einem neuen
Unterdrückungsmodell bedroht.
Das dem Kapitalismus immanente Versprechen auf
„Freiheit" hat sich lediglich verschoben. Aus
„Wohlstand für alle" wurde „wenigstens brauchst du
hier keine Burka tragen". Der repressive Charakter
dieser Konstruktion hat sich dabei verschärft:
fungierte vor 1989 der Antikommunismus als
systemstabilisierende Ideologie, hat sich heute eine
diffuse Begrifflichkeit von „Terror" an seine Stelle
gesetzt. Die Figur des Terroristen kann potentiell von
jedem und jeder gefüllt werden und genau das
unsichtbare Moment in dieser Feindbildkonstruktion ist
es, was sie so wirksam für ihren ideologischen
Gebrauch macht. Denn bei Bedarf kann die die gesamte
Gesellschaf betreffende „Bedrohung" einerseits konkret
gefüllt werden: MigrantInnen, politischer Widerstand,
das System in Frage stellende Kräfte bilden hier das
Zielpublikum. Andererseits kann das Szenario des
„schlafenden" Terrorismus abstrakt bleiben und
legitimiert den systematischen Abbau von bürgerlichen
Grundrechten und einen sich verschärfender Kontroll-
und Sicherheitswahn. Und dies lässt sich dennoch als
Notwendigkeit zur Rettung der Demokratie und
Zivilgesellschaft verkaufen...

Die Welt lässt sich nicht mehr damit erklären, dass es
einerseits Horte der „Zivilisation" wie der westlichen
industrialisierten Welt gibt und andererseits die aus
dem Verwertungssystem herausfallenden Ländern der
dritten Welt stehen, die in der "Barbarei" versunken
sind. Zivilisation/Barbarei bilden einen
gleichzeitigen Zustand in einer jeden Gesellschaft.
Bei aller Differenz in den Lebensbedingungen bedeutet
die Globalisierung kapitalistischer Vergesellschaftung
vor allen Dingen dies: sie greift überall. Um der
Bildung einer neuen globalen Widerstandsbewegung gegen
die globalisierten Funktionsweisen des Kapitals
vorzubeugen, gehört es zur Logik nationalstaatlichem
Denkens, die strukturelle Einheit von Zivilisation und
Barbarei aufzulösen und als ein territoriales oder
religiös-ethnisches Problem darzustellen. Doch
jenseits religiöser, reformistischer oder bürgerlicher
Rhetorik ist und bleibt Ausgangspunkt aller
Konfrontationen das kapitalistische System selbst. Und
das gilt es, abzuschaffen!


From protest to resistance

Krieg im globalisierten Kapitalismus ist extremer
Ausdruck der Barbarei dieses Systems. Doch auch auf
niedrigerer Stufe ist es menschenverachtend. Der Kampf
um die neue Weltordnung bringt auch neue Formen von
Widerstand gegen sie hervor. Der gegenwärtige Protest
und Widerstand gegen den Krieg und die sich
formierende Globalisierungsbewegung sind vielleicht
Anfänge einer neuen emanzipativen Politik– doch kommt
diese nur zustande, wenn sich diejenigen
zusammenschließen, die für eine Welt jenseits von
Nation, Religion und Geschlecht kämpfen. Wir rufen
Euch dazu auf, am ersten Mai hierfür auf die Straße zu
gehen. Und ebenfalls rufen wir euch dazu auf, an den
Demonstrationen und Aktionen gegen das Anfang Juni
stattfindende G8-Treffen in Evian teilzunehmen.


Fight capitalist war, fight capitalist peace!


Krieg dem Krieg nach Innen und Außen:

15.00 Uhr – Oranienplatz - Revolutionäre 1. Mai Demo
in Berlin-Kreuzberg

10.00 Uhr – Theodor-Heuss-Platz (U2) - Naziaufmarsch
verhindern - Antifa heisst Angriff!

-> mehr Infos:  http://www.antifa.de

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Kontakt:
Antifaschistische Linke Berlin [ALB]
Postfach 580 544
10414 Berlin

Tel.: (030) 27 56 07 56 --- Fax: (030) 27 56 07 55
e-mail:  mail@antifa.de --- i-net: www.antifa.de


 

09.04.2003
Antifaschistische Linke Berlin   [Aktuelles zum Thema: Soziale Kämpfe]  [Schwerpunkt: 1.Mai]  Zurück zur Übersicht

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