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Positionspapier des Antifa-KOK zum drohenden Irak-Krieg

Kapitalismus ist Krieg!
Die Kriegsmaschine stoppen!

Positionspapier des Antifa-KOK zum drohenden Irak-Krieg

März 2003


Kapitalismus ist Krieg!
Die Kriegsmaschine stoppen!

Der Konflikt mit dem Irak wird sich aller Wahrscheinlichkeit zu einem Krieg
ausweiten. Die USA lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sie die
kriegerische Auseinandersetzung wollen. Währenddessen ist es zu Differenzen
zwischen den USA und vor allem Deutschland gekommen. Das Nein zu einem
Krieg gegen den Irak brachte Rot/Grün bei der Bundestagswahl 2002 die
entscheidenden Stimmen zur Wiederwahl. Kaum jemand glaubte, dass sie nach
der gewonnenen Wahl bei ihrem Nein bleiben würden. Das Kriegsgeschrei der
USA macht es der rot/grünen Regierung in Deutschland leicht, sich als
Friedensapostel und Gegenpol zu den USA darzustellen. Tatsächlich ist die
Verwicklung Deutschlands in den Krieg tiefer, als sie erscheint.

Das deutsche Nein zu einem Krieg gegen den Irak bedeutet eine Zäsur im
Verhältnis zu den USA. Dem Dogma der "uneingeschränkten Solidarität" mit
den USA verweigert sich Rot/Grün. Dementsprechend verärgert reagiert die US
Regierung. Neben der Weigerung, den Wünschen der einzigen Großmacht zu
folgen und sich ihr unterzuordnen, geht es vor allem um die Weigerung
Deutschlands, sich an den Kosten des Krieges zu beteiligen. Im zweiten
Golfkrieg war Deutschland der größte Finanzier für die 60 Milliarden Dollar
Kriegskosten. Die Kosten für einen neuen Krieg werden zwischen 50
Milliarden bis 200 Milliarden Dollar geschätzt, sowie Folgekosten für den
Wiederaufbau des Iraks zwischen 120 Milliarden und 1,6 Billionen Dollar.
Kein Wunder, dass die USA die Verweigerungshaltung eines der reichsten
Länder nicht dulden mag.
Das Verhalten der deutschen Regierung zeigt aber auch das wieder erstarkte
Deutschland, das bereit ist, notfalls auch wieder einen Sonderweg zu gehen.

Die Worte von Kanzler Schröder am 5. August 2002 in Hannover: "Es ist wahr,
wir haben uns auf den Weg gemacht, auf unseren deutschen Weg.", lassen
Böses für die Zukunft ahnen.

Nie wieder Krieg?

Deutsche Kriegsbeteiligung:

- AWACS-Flugzeuge werden mit deutscher Besatzung in die Türkei verlegt.Die
AWACS-Flugzeuge dienen nicht nur zur Aufklärung, sondern haben auch ein
Feuerleitsystem und werden zur Zielerfassung der Raketen und Bomben eingesetzt.

- Deutschland will 45 Bundeswehrsoldaten und 12 Aufklärungsdrohnen zur
Unterstützung der UN-Inspektoren in den Irak entsenden. Es ist zu vermuten,
dass diese Informationen an die US-Armee weitergegeben werden.

- Durch die Aufstockung der deutschen Truppen in Afghanistan, die Präsenz auf dem Balkan und den Geleitschutz für die britischen und
US-amerikanischen Kriegsschiffe am Horn von Afrika, entlastet Deutschland
den US-Militäraufmarsch am Golf und verfolgt weitreichende eigene Ziele.

- Deutschland gewährt den USA und Großbritannien die Überflugrechte, auch
im Falle eines Krieges gegen den Irak ohne UN Mandat, es gewährt ihnen das
Recht, die militärischen Einrichtungen in Deutschland zu nutzen.

- Im Moment schützen schätzungsweise 7.000 Bundeswehrsoldaten 95
US-amerikanische Einrichtungen, besonders Kasernen.

- Verteidigungsminister Struck bot an, deutsche Med-evac-("Medical
Evacuation")Flugzeuge einzusetzen, um im Kampfeinsatz verletzte US Soldaten
in Saudi-Arabien abzuholen und zur Versorgung nach Deutschland zu holen.

- In einem US-Camp in Kuwait ist eine Bundeswehr-ABC-Abwehr mit etwa 60
Bundeswehrsoldaten stationiert, die im Bedarfsfall auf bis zu 800 Soldaten
aufgestockt werden soll. Wer zweifelt daran, dass sie im Falle eines
Krieges nicht auch eingesetzt werden?

- Die in den Angriffskrieg gegen den Irak verwickelte Türkei, die schon
jetzt ein 20 km tiefes Stück Land entlang der Grenze annektiert hat, erhält
von Deutschland zur Verteidigung(!), mehrere Patriot Raketenstellungen via Niederlande

Die nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland entstandene Verpflichtung, die
sich auch im Grundgesetz wiederfindet, dass vom deutschen Boden nie wieder
Krieg ausgehen darf, wurde nach dem Niedergang des realsozialistischen
Blocks Stück für Stück abgelegt. Zwischen der Entsendung von Beamten des
Bundesgrenzschutzes 1989 im Rahmen einer UNO-Friedensmission in Namibia als
Vorlauf für die kommenden Bundeswehrauslandseinsätze und dem Führen eines
Angriffskrieges gegen Jugoslawien liegen gerade einmal 10 Jahre. Stück für
Stück wurden die Kompetenzen der Bundeswehr immer mehr ausgeweitet.

Dabei wurde der Nationalsozialismus und der Holocaust gleich mit entsorgt.
Die "Lehren", die Rot/Grün aus der deutschen Vergangenheit zog, sorgten für
eine Relativierung der NS-Verbrechen und dienten gleichzeitig der
Rehabilitation Deutschlands auf dem politischen Terrain: Verglich man den
irakischen Diktator schon im zweiten Golfkrieg mit Hitler (so wie später
Milosevic) und relativierte damit Hitlerdeutschland, wurde der
Jugoslawienkrieg mit Auschwitz begründet und der Holocaust relativiert.
Was die CDU/CSU/FDP-Regierung nicht schaffte, erreichte Rot/Grün: Nicht trotz,
sondern gerade wegen Auschwitz müsse Deutschland sich seiner
"internationalen Verantwortung" stellen. Was häufig vergessen wird, ist,
dass mit dem Regierungswechsel zu den angeblichen Friedensaposteln Rot-Grün
1998 die Militarisierung enorm beschleunigt wurde. Kriegsminister Fischer
passte sich in sein Außenamt vorzüglich ein. Zum Dienstantritt versprach er
Kontinuität und erklärte zutreffend, dass es keine Grüne, sondern nur
deutsche Außenpolitik gebe.
Der rot/grünen Regierung, und hier insbesondere den Kriegstreibern Fischer
und Schröder, kommt das Verdienst zu, als erste Nachkriegsregierung
Deutschland in den Krieg geführt zu haben, und zwar unter Bruch der
deutschen Verfassung, des Völkerrechts und von UN-Beschlüssen. Nun machen
sie wieder auf pazifistisch und versuchen sich an die Spitze der
Antikriegsbewegung zu stellen. Es besteht kein Zweifel, dass sie bei einem
nächsten Krieg wiederum das Kriegsgeheul anstimmen werden, wenn die
Interessenslage stimmt.

Deutschland ist überall

Die deutsche Außenpolitik verfolgt seit geraumer Zeit eine Ausweitung ihrer
weltpolitischen Möglichkeiten. Sowohl politisch als auch militärisch hat
sie an Bedeutung zugelegt.
Inzwischen sind deutsche Soldaten in allerlei Regionen der Welt im Einsatz:
im ehemaligen Jugoslawien, am Horn von Afrika, in Kuwait und in
Afghanistan. Dort kommandiert ab Februar 2003 ein deutscher Brigadegeneral
in Zusammenarbeit mit niederländischen Militärs über 5000 Soldaten aus 19
Ländern. Deutschland wird dabei neben den fortdauernden Sonderoperationen
der US-Militärs die wichtigste militärische Rolle in Afghanistan
übernehmen. Deutschland hat nach den USA das zweitgrößte Kontingent
Soldaten im Einsatz. Insgesamt über 9.000 deutsche Soldaten sind weltweit
in 17 Ländern im Einsatz. Das "Nein" im Einzelfall des Irak steht für ein
künftiges "Ja" zu einer Kriegspolitik, die aus dem Schatten kostspieliger
internationaler Verpflichtungen, wie nach dem Golfkrieg 1991 oder in
Afghanistan, heraustreten will.

Im Hinblick auf die künftige Entwicklung sind die sogenannten
verteidigungspolitischen Richtlinien wegweisend (Kurzform unter:
 http://www.antimilitarismus.de/brd/docs/vpr.html ): Unter
Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) wurde 1992 von den "vitalen
Interessen" der Bundesrepublik gesprochen. Nach dem Zusammenbruch des
feindlichen Lagers im Osten sei die Bundesrepublik nun von der ganzen Welt
bedroht und das Ziel der Bundeswehr sei es fortan "…die Aufrechterhaltung
des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Rohstoffen und
Märkten in aller Welt" zu garantieren. Im Moment wird die Bundeswehr
umstrukturiert und ihre Aufgaben werden neu formuliert. Demnach hat nicht
mehr die Landesverteidigung die höchste Priorität, sondern der
internationale Einsatz um sich dem weltweiten Anspruch auf die Ressourcen
zu stellen und im kapitalistischen Konkurrenzkampf mit den USA die Karten
neu zu mischen. Im Jahr 2006 soll die Bundeswehr weltweit angriffsfähig sein.
Mittlerweile ist eine neue Fassung der Verteidigungspolitischen Richtlinien
in Arbeit. Sie soll die bisherige Militarisierung der deutschen
Außenpolitik festschreiben und weiterentwickeln. Es ist davon auszugehen,
das sie auch um das aggressive Moment der Präventivkriege erweitert werden.

Das deutsche Europa

Unentschieden ist man nur noch, in welchem internationalem Rahmen die
Bundeswehr interventionsfähig werden soll. Vordergründig scheinen die
gemeinsamen EU-Militärambitionen aktuell an unüberbrückbaren Differenzen zu
leiden. Kaum wahrgenommen wurde, dass die EU am 27. Januar ihren ersten
Militäreinsatz beschlossen hat. Die Außenminister der EU stimmten der
Übernahme der noch unter NATO Führung stehenden "Friedenstruppe" in
Mazedonien ab März zu.
Nur mit Mühe konnten die USA verhindern, dass es eine eigenständige
EU-Eingreiftruppe mit 60.000 Soldaten unter deutscher Führung gibt.
Stattdessen einigte man sich auf eine 21.000 Mann starke schnelle
Eingreiftruppe der NATO, die auch außerhalb des Bündnisgebietes eingesetzt
werden soll. Zugleich stellte der grüne Außenminister Fischer klar, dass
diese Truppe den Plänen eines Aufbaus von europäischen
Krisenreaktionskräften nicht widerspreche. So wird auch weiterhin an der
Idee einer Westeuropäischen Verteidigungsunion (WEU) gebastelt. Allerdings
muss einschränkend erwähnt werden, dass die Militärausgaben aller EU-Länder
nur etwa 50% der Militärausgaben der USA ausmachen und daher von einer
militärischen Konkurrenzsituation noch nicht auszugehen ist. Die Ambitionen
und Ziele jedoch sind eindeutig. So fordert das "Zentrum für Analysen und
Studien der Bundeswehr" in einer aktuellen Studie, dass Deutschland mit
anderen Partnern "eine Führungsrolle in der EU übernehmen und Streitkräfte
in Europa und ihre Fähigkeiten vorantreiben" soll. Einsätze sollen in
Zukunft innerhalb von Stunden oder Tagen möglich sein und "Gefahren für
Deutschland und seine Partner auch jenseits der Grenzen Europas abgewehrt werden können."
Mit dem Krieg gegen den Irak und den unterschiedlichen Ansichten der
EU-Länder und der NATO-Staaten verschieben sich momentan die Verhältnisse.
Anfangs sah es so aus, als ob besonders Deutschland von der EU- und
NATO-Osterweiterung profitieren würde. Mit der über den Irak-Konflikt
bewirkten Spaltung in Europa und der Nato sehen die kleinen und die neuen
Mitglieder in der EU und der NATO die Möglichkeit, sich von dem deutschen
Einfluss etwas zu lösen. Die scheinbar geklärten Machtverhältnisse sind in
Unordnung gekommen. Es wird sich zeigen, ob dies nur propagandistische
Spielchen im Vorfeld des Krieges sind oder ob die EU und die NATO vor
einschneidenden Veränderungen stehen.

Unter Partnern

Die USA und Deutschland bzw. die EU, sind Partner und Konkurrenten auf dem
kapitalistischen Weltmarkt. Sie kooperieren bei der Unterdrückung anderer
Staaten, konkurrieren jedoch zugleich um Rohstoffe, Absatzmärkte und
Einflussmöglichkeiten. Der US-Aufmarsch gegen den Irak bietet für die
deutschen Konzerne und ihre Bundesregierung die Möglichkeit, sich den
Herrscher-Cliquen in der erdölreichen arabischen Region als einflussreichen
Partner anzubieten, der dem Machtanspruch der USA entgegenwirkt. Es ist der
Beginn eines Machtkampfes um die Durchsetzung eigener Interessen.
Deutschland stärkt seine Positionierung auf den Märkten des gesamten
arabischen Raums.
Es wäre naiv zu glauben, die EU wandele sich zu einer sogenannten
"Zivilmacht". Auch den Europäern geht es im Irak wie in der gesamten Region
um Interessen, die in der "Europäischen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik" festgeschrieben sind: Sicherung von
Rohstoffinteressen, freier Marktzugang für europäische Waren- und
Dienstleistungen, Abschottung gegen Flüchtlinge und geostrategische
europäische Interessenswahrung.

Deutsche Begehrlichkeiten

Ist der Irak für die deutsche Wirtschaft insgesamt nicht sonderlich von
Interesse (der Handel beträgt etwa 0,05% des gesamten deutschen
Außenhandels 2001), so sieht es in Bezug auf den gesamten arabischen Raum
anders aus. Die deutschen Ausfuhren in die arabischen Staaten beliefen sich

2001 auf über 14 Mrd. Euro. Das Nein gegen die USA wurde nicht nur von den
arabischen Staaten wohlwollend aufgenommen (was bei der Reise Fischers im
Januar 2003 dorthin auch überall positiv erwähnt wurde), sondern weltweit
wird sich dies für Deutschland und die EU als Gegenpol zu den USA
auszahlen. Daraus erklärt sich auch die Zurückhaltung "Kerneuropas" zu
einem Krieg gegen den Irak.
Der Angriff auf den Irak, der die zweitgrößten Ölvorkommen der Welt (12 %
der bekannten Ölreserven weltweit) beherbergt, ist auch ein Angriff auf die
OPEC. Nach der geplanten Installation einer US Militärregierung hat die USA
die Möglichkeit, den Ölpreis weltweit zu steuern. Von einem niedrigeren
Ölpreis profitieren. Deutschland und die EU ebenso, egal ob sie beim Krieg
direkt mitmischen oder nicht. Zudem ist der nahe Osten in den letzten
Jahren als geostrategisch wichtige Region in das weltweite Interesse vieler
Staaten gefallen.


Aufmarschgebiet Deutschland

Die Verweigerung der Zustimmung zum Waffengang ist zu einem ungewollten
Selbstläufer für Rot/Grün geworden. Nun müssen sie sich im Spagat üben.
Nach außen hin wird der Krieg abgelehnt, andererseits wird, ohne viel
Aufmerksamkeit zu erregen, alles getan um die Kriegsvorbereitungen zu
unterstützen. Deutschland ist die wichtigste Drehscheibe für den Aufmarsch
am Golf. Zigtausende Soldaten der USA und Großbritanniens samt Material
werden von hier verschickt. Dies duldet die deutsche Regierung selbst unter
Bruch der Verfassung, die eigentlich nicht nur die Führung, sondern auch
die Unterstützung eines Angriffkrieges untersagt. Dass ihr die Verfassung
nicht so heilig ist wie sie gerne behauptet, zeigte sich in der
Vergangenheit schon öfters. Zuletzt im Krieg gegen Jugoslawien.

Nunmehr ist es zu einem Machtkonflikt gekommen, der die deutsche Wirtschaft
zusehends nervös macht. Die USA dulden keinen Widerspruch zu ihrer Politik,
schon gar nicht von engen Verbündeten, und so wird an Strafmaßnahmen gegen
Deutschland überlegt. Die CDU-Opposition freut sich, in diesem Moment nicht
selber an der Regierung zu sitzen und greift das Phantom der angeblichen
Isolation Deutschlands begierig auf, um so doch noch eine Umstimmung im
Land zu erreichen. Doch dass dieser Krieg wenig mit Menschenrechten und
Massenvernichtungswaffen zu tun hat, sondern viel mehr ganz normalen
ökonomischen Interessen folgt, liegt einfach zu sehr auf der Hand.

Religiöser Wahn

Der von US-Präsident George W. Bush religiös überhöhte "lang andauernde
Krieg gegen den Terror", in dessen Folge nun der Irak angegriffen wird,
lässt das von den USA formulierte Ziel des Sieges über den Terrorismus
nicht erkennen. Stattdessen zeigt er sich als Beginn eines dauerhaften,
weltweiten Ausnahme- und Kriegszustandes. Die Anschläge des 11. September
2001, wurden weltweit von den Regierungen genutzt um ihre Gesetze drastisch
zu verschärfen und die Bürgerrechte enorm zu beschneiden.
Mit der Bezugnahme auf die Anschläge und deren mögliche Attentäter, lässt
sich nicht nur jegliches Gesetz ohne große Proteste durchsetzen, es lassen
sich mit dieser Begründung auch weltweit Kriege durchführen, sei es in
Tschetchenien, sei es gegen Afghanistan oder gegen den Irak.
Bush versteht es, die nationalen und globalen Interessen, den darin
liegenden Sendungsauftrag des globalen Anspruches auf Durchsetzung der US-
amerikanischen Interessen der amerikanischen Regierung und das aus ihm
entspringende Heilsversprechen miteinander zu verschmelzen. Er sieht in
seinem religiösen Fanatismus, der den moslemischen Fundamentalisten kaum
nachsteht, die USA als auserwähltes Land Gottes. Bush: "Amerika ist Gottes
Geschenk an die Menschheit." Diesem "leadership" ist entweder als treuer
Vasall zu folgen oder es droht bestenfalls die Herabstufung zu einem
weltpolitisch unbedeutenden Land oder aber zu einem Schurkenstaat, dessen
Führung vernichtet werden muss.

Das Böse

Die USA, als einzige noch vorhandene Weltmacht, versucht ihren Vorsprung
auszunutzen. Bisher geschah dies einvernehmlich mit den anderen
NATO-Ländern, um die letzten Lücken im Zugriff auf die Welt zu schließen.
Regionen, die nicht der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle
unterliegen, können seit den Diskussionen nach den Anschlägen des 11.
September 2001 als Sicherheitsrisiken gewertet werden. Die "Achse des
Bösen" gibt eine Ahnung von den nächsten Kriegsgegnern. Sie tragen das
Risiko, im Rahmen des "Krieges gegen den Terror" angegriffen zu werden. Die
USA lassen keinen Zweifel daran, dass sie gewillt sind, dies auch im
Alleingang zu tun, auch wenn sie sich bemühen, die NATO und die UNO für
ihre Ziele einzuspannen. Die UNO, als einzige Institution, in der fast alle
Staaten der Erde vertreten sind, ist in der Zwickmühle. Schon jetzt liegt
es in der Stärke und im Ermessen der einzelnen Staaten, UN-Beschlüsse gegen
sie einfach zu ignorieren. Zudem sind die Beschlüsse auf Konsensprinzip
häufig dermaßen schwammig formuliert, dass sich jeder Beteiligte die für
ihn vorteilhafteste Interpretation zusammenreimen kann. Die USA als größter
Nettoschuldner der UNO, tun in den letzten Jahren alles dafür, die UNO zu
torpedieren. Aktuell versucht Bush regelrecht, die UNO und ihre
Mitgliedsstaaten zu erpressen. Nur dann, wenn sie entscheidet, was die USA
wollen, kann sie auf Gnade der auserwählten Nation noch weiterhin eine
gewisse Rolle spielen. Andernfalls ist sie ein "unbedeutender
Debattierclub" (Powell) - was fatal an die Kritik erinnert, die früher
einmal aus einem Deutschland kam, von dem uns die USA neben Großbritannien
und der Sowjetunion befreit hat. Die Propagandaschlacht im Vorfeld des
Krieges lässt keinen Zweifel aufkommen, dass irgendein Grund für den Krieg
schon gefunden wird.

Heute Feind, gestern Freund

Der Irak wurde bereits im zweiten Golfkrieg und der proklamierten "Neuen
Weltordnung" als Gegner der vermeintlich internationalen Gemeinschaft
ausgemacht. Dennoch befand sich der Irak unter Saddam Hussein nicht immer
auf der von der amerikanischen Regierung nach dem 11. September entdeckten
"Achse des Bösen". In den achtziger Jahren haben maßgeblich die USA und
Frankreich den irakischen Diktator als Bollwerk gegen den
fundamentalistisch ausgerichteten Iran hochgerüstet und ihn in einen
achtjährigen Krieg mit dem Iran gedrängt, der beide Staaten fast in den
Bankrott getrieben hätte - sehr zur Freude der westlichen Staaten.
Insbesondere die USA verdienten prächtig an diesem Krieg, lieferten sie
doch an beide Seiten Waffen. Der Deal mit dem Irak wurde maßgeblich von dem
damaligen Sonderbotschafter und heutigem Verteidigungsminister Rumsfeld
eingefädelt. Mit dem Statement der US- amerikanischen Botschafterin in
Bagdad, dass es die Sache des Iraks sei, besetzte Hussein dann Kuwait. Die
Folge war der zweite Golfkrieg. Und so wurde plötzlich über Nacht aus einem
befreundeten Staatschef, mit dem man bislang prima Geschäfte machte, ein
Bösewicht. Solange die Geschäfte liefen, interessierten die Machenschaften
des irakischen Diktators die westlichen Staaten nicht. Das Verhältnis der
USA, der NATO und der EU zu Diktatoren bestimmt sich nicht nach deren
Grausamkeit, sondern nach deren Nützlichkeit.
Das Baath-Regime des Diktators Hussein kam nur mit Hilfe der damaligen
kommunistischen Partei Iraks an die Macht. Sehr zur Freude der westlichen
Staaten wurden kurz darauf die meisten KommunistInnen massakriert, was
später die Sowjetunion nicht daran hinderte, den Kontakt zu dem irakischen
Despotenregime zu suchen. Die über 125.000 Menschen zählende damals
zweitgrößte jüdische Gemeinde in der arabischen Welt wurde in den 50er
Jahren aus dem Irak vertrieben. Die verbliebenen etwa 10.000 Menschen
umfassende Gemeinde wurde von dem Baath Regime unterdrückt und zur Ausreise
gezwungen, so dass heute die Gemeinde nur noch wenige Dutzend Menschen
umfasst und weiterhin bedroht wird.


Deutsches Giftgas Know How

Perfiderweise wird in den Medien der Giftgasangriff auf die irakischen
Kurden im Jahre 1988 dazu benutzt, die Gefährlichkeit des irakischen
Regimes herauszustellen. Damals wollte niemand etwas von den Angriffen
wissen. Irakische Exilgruppen und einige linke Gruppierungen machten auf
die Massaker aufmerksam. Doch da war Hussein noch der Gute, der
bereitwillig von den USA und anderen westlichen Staaten, auch der BRD,
unterstützt wurde. Erst später stellte sich heraus, dass deutsche Firmen
ihr Know-how, das sie schon in Auschwitz erprobt hatten, dem Irak zu
Verfügung gestellt und ihn in die Lage versetzt hatten, Giftgas nicht nur
gegen die irakischen Kurden einzusetzen, sondern auch massiv im ersten
Golfkrieg gegen den Iran. Die meisten der Wissenschaftler, die im Irak an
Massenvernichtungswaffen forschten, sind im Westen und zwar hauptsächlich
in den USA ausgebildet worden.
Kein Wunder, in den USA befinden sich schätzungsweise ein Drittel aller
Bioforschungslabors weltweit. Was schon lange vermutet wurde, konnte erst
nach dem 11. September bestätigt werden: Die USA halten sich nicht an das
Abkommen, das die Forschung an biologischen und chemischen Waffen
verbietet. Sie schafften es bis heute nicht, aus der überschaubaren Anzahl
von ehemaligen und aktiven Wissenschaftlern denjenigen zu finden, der aus
einem der Labore die Milzbrand Viren entwendete, an denen bisher in den USA
mehrere Menschen umkamen.
Die USA machen weiterhin deutlich, dass sie sich an keinerlei Abkommen
halten wollen. Sie drohen, in einem Irakkrieg Atomwaffen einzusetzen. Sie
negieren rechtsstaatliche Grundsätze, sei es in der Verweigerung von
Verteidigungsrechten der gefangenen Talibankämpfer, sei es im Mordaufruf
gegen vermeintliche Feinde, sei es an der grundlosen Festnahme tausender
arabischer Menschen in den USA. Sie erfüllen immer mehr die Kriterien eines
Schurkenstaates, die sie selber aufgestellt haben.

Zukunftsaussichten

Der Sturz des Regimes Saddam Husseins wird keinen merklichen Fortschritt im
emanzipatorischen Sinne bringen. Es wird eine Marionettenregierung
installiert werden, wie wir es derweil in Afghanistan beobachten können,
mit dem Unterschied, dass sie von einem US General geführt werden soll. Für
die Menschen im Irak wird dies genauso wenig eine grundsätzliche
Verbesserung darstellen, wie die jetzige Situation für die Menschen in
Afghanistan. Alleine emanzipatorische Bewegungen im Irak bieten eine
Perspektive auf reale Veränderungen. Diesen muss unsere Solidarität und
Unterstützung gelten. In der Folge des Krieges steht die Stärkung anderer
Kräfte zu befürchten: Nationalistische und religiös-autoritäre Bewegungen
werden in der gesamten Region Zulauf bekommen. Mit dem Krieg ist Bush
dabei, selbst die Verbindung zwischen dem Irak und Terroristen
herzustellen. Die emanzipatorischen Kräfte werden so von zwei Seiten unter
Druck geraten. Auf den Nahost-Konflikt wird dies kaum deeskalierend wirken.

Auch in Deutschland gibt es eine reaktionäre Opposition zum Krieg: Von
Seiten der deutschen Rechten und aus dem reaktionären Flügel der
politischen islamischen Bewegungen in Deutschland . Diesen GegnerInnen des
Irak-Krieges geht es nicht um eine grundsätzliche Kritik am Krieg als
Mittel politischer und ökonomischer Interessen. Sie wünschen sich lediglich
eine Machtverschiebung zugunsten Deutschlands und zum Nachteil der
hegemonialen Position der USA. Ihre Kritik des Krieges zielt nicht ab auf
die kapitalistischen Verhältnisse, die ihn hervorbringen, sondern speist
sich aus antisemitischen, antiamerikanischen und nationalistischen
Positionen. Sie haben keine emanzipatorische Perspektive zu bieten. Eine
linke Kriegskritik darf diesen Kräften keinerlei Anknüpfungspunkte bieten
und muss reaktionäre Kräfte in den eigenen Reihen bekämpfen.

Irakis müssen draußen bleiben…

Schon jetzt sichert Deutschland und die EU die Festung Europa vor
Flüchtlingen aus dem Irak. Trotz der schweren Menschenrechtsverletzungen,
die im Irak begangen werden, wird ein Großteil der irakischen Asylbewerber
abgelehnt. "Pro Asyl" machte im Dezember 2002 darauf aufmerksam, dass die
Quote der anerkannten Flüchtlinge aus dem Irak sogar noch weiter sinkt.
Nach Angaben des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge
(BAFL) fielen in den ersten sieben Monaten des Jahres 2002 knapp 7.500
Entscheidungen über Asylanträge von Irakern. 313 bekamen eine Anerkennung
als politisch Verfolgte nach Artikel 16 a. Weitere 1.920 wurden als
Flüchtlinge nach der Genfer Konvention anerkannt. Knapp 4.500 Iraker
bekamen kein Asyl. Da in einem Krieg mit mehreren Millionen Flüchtlingen
gerechnet wird, steht die Abschottung der Grenzen für Deutschland ganz
oben. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Rolle von
Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die als flankierende Maßnahmen und
Teil der Kriegsstrategie Flüchtlinge direkt hinter den Landesgrenzen
abfangen und in Lagern festhalten.

Was tun!

Dass Deutschland bei diesem Krieg (noch) nicht unter den Kriegstreibern
ist, bedeutet nicht dessen grundsätzliche Kriegsgegnerschaft. Ob
Partnerschaft oder Konkurrenz, ob Bollwerk oder Bedrohung und eben ob Krieg
oder Frieden, darüber entscheiden in einer kapitalistischen Weltordnung zu
aller erst die ökonomischen Interessen. Und die Interessen der USA sind
nicht immer die von Deutschland, wie in diesem Krieg. Solange es
Kapitalismus gibt, werden die von ihm produzierten Gegensätze auch Kriege
hervorbringen. Mit einer weltweiten Verschärfung der marktförmigen
Zurichtung von gesellschaftlichen Verhältnissen wird es eine Zunahme
bewaffneter Konflikte geben.

Es wird Zeit, den Krieg auch hier zu stoppen, dabei werden keine Gebete und
keine Lichterketten helfen, sondern nur die Tat. Von Bremerhaven aus werden
aus den Kasernen in Deutschland britische Soldaten und Militärgerät
verschifft. Von Rheindahlen in der Eifel und der Rhein-Main Airbase in
Frankfurt, die auch logistische Zentrale ist, werden US-Soldaten und
Militärgerät an den Golf verlegt. Von Geilenkirchen aus fliegen die AWACS
ihre Aufklärungsflüge, Bundeswehrsoldaten schützen US-Einrichtungen, deutsche Rüstungsfirmen machen prächtige Umsätze mit dem Krieg,
Ausländerbehörden lehnen Asylanträge von Irakern ab.
Es gibt viel zu tun, packen wir es an!

Gegen Deutschland!
Rot/Grün demaskieren!
Desertiert, Sabotiert, Verweigert!
Nachschubwege angreifen!


Antifa KOK Düsseldorf, März 2003

Antifa-KOK Düsseldorf
c/o AstA der FH Düsseldorf
Georg-Glock-Str. 15
40474 Düsseldorf

Tel.: 0172-2111311
Fax: 0211-358997

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13.03.2003
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