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Saasen: Repressionsangriff auf die Projektwerkstatt

PRESSEERKLÄRUNG DES BUNDESVORSTANDS DER ROTEN HILFE E. V.

Repressionsangriff auf die Projektwerkstatt im hessischen Saasen und deren
Aktivisten

Festnahme von zwei Projektwerkstatt-Aktivisten
Bei Protestaktionen gegen einen Auftritt Roland Kochs (CDU, hessischer
Ministerpräsident) in Grünberg (Mittelhessen) sind am 09.01.2003 zwei
Aktivisten der Projektwerkstatt Saasen festgenommen worden, noch bevor sie
vor dem Eingang des Veranstaltungsortes („Gallushalle“) „Flugblätter und
Zeitungen mit Demokratiekritik und Gegenpositionen zum
Law-and-Order-Populismus ... verteilen [konnten]“ (aus dem Bericht der
Projektwerkstatt zu den Vorfällen).
Im weiteren Verlauf ließen es sich die Beamten nicht nehmen, die
Festgenommen auch physisch zu attackieren und auf der Grünberger
Polizeiwache dazu zu zwingen, sich „vollständig aus[zu]ziehen“ (ebd.).
Beschlagnahmt wurden bei dieser polizeilichen Maßnahme, die wohl im
Zusammenhang mit der Tatsache steht, dass in den Tagen zuvor mehrere
„politisch motivierte Sachbeschädigungen“ (u. a. Farbschmierereien an der
Gallushalle, an der Polizeiwache in Grünberg und am CDU-Parteibüro in
Gießen) zu verzeichnen waren, ein Transparent, Flugblätter und diverse
Kleidungsstücke.
Zum Schluss landeten die Festgenommenen in „zwei Zellen im Gewahrsamstrakt
der Polizei Gießen in der Ferniestraße 8“ (ebd.). Dort wurden sie am
nächsten Tag einer ED-Behandlung und einem Verhör unterzogen.
„Gegen beide sei ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden, welches fünf
verschiedene Unterpunkte zusammenfasst: Amtsanmaßung in Form eines
Schreibens, das den Ausfall der Koch-Veranstaltung erklärte,
Farbschmierereien an der Gallushalle in der Nacht zum Besuch des
CDU-Ministers sowie verschiedene andere Sachbeschädigungen (Sprühereien an
der Polizeiwache in Grünberg, Sprüche am CDU-Parteibüro in Gießen und das
Überkleben von Wahlplakaten auf dem Gießener Anlagenring). Beide machten
keine Aussagen zu Tatvorwürfen.“ (...) Freitag gegen 16 Uhr wurden beide
entlassen - von U-Haft oder einer Vorführung beim Haftrichter war nichts zu
spüren.“ (ebd.)
Am 11.01.2003 wird einer der beiden Festgenommenen erneut kurzzeitig in
Gewahrsam genommen - während einer Innenstadtaktion gegen die
Gefahrenabwehrverordnung.

Technische Zerschlagung der Projektwerkstatt Saasen
Am 10.01.2003 - also noch während der Ingewahrsamnahme zweier Aktivisten (s.
o.) - überfallen StaatsschützerInnen und weitere PolizeibeamtInnen die
Projektwerkstatt im hessischen Saasen.
„Dabei werden sämtliche Computer (...) beschlagnahmt - samt Bildschirmen,
Modems, Tastaturen, Stromkabeln! (...) Für die Aktion konnten die BeamtInnen
weder Beschlag-nahmebefehl oder -Protokoll aushändigen - ersterer würde
später nachgereicht.“ (ebd.)
Dies bedeutet de facto die technische Liquidierung eines linken Projektes...

Staatliche Repression soll linken Widerstand verhindern
Hier zeigt sich erneut, dass der Staatsschutz ein Interesse daran hat,
linken, auf unterschiedlichen Ebenen entfalteten Widerstand gegen
„christlich“-demokratische, sozial ausgrenzende, sicherheitsfanatische Law
and Order-Konzeptionen zu unterbinden, indem Zusammenhänge zwischen
„strafrechtlich relevanten“ und „verfassungsmäßig garantierten“ Aktionen
konstruiert und dann jene Menschen attackiert werden, die für die
repressiven Staatsorgane diesen Protest repräsentieren.
Hier zeigt sich aber auch erneut, dass es in solch einem Fall der
massenhaften alltäglichen Repression, der alle treffen kann, die sich auf
politischer Ebene gegen das „harte Durchgreifen“ der systemstützenden
Parteien, Institutionen und Organe zur Wehr setzen, immer besser ist, mit
den zuständigen Behörden nicht zusammenzuarbeiten, keine Aussagen zu machen
und ihnen die Erstellung politischer Profile möglichst zu erschweren.


Göttingen, am 21.01.2003
E v a E r l e für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.


 

23.01.2003
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