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gipfelsoli-info | WEF Davos 2003: Antirep-Faltblatt

Gipfelinfo - Meldungen über globalisierte Solidarität
und die Proteste gegen unsolidarische Globalisierung
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RECHTLICHE INFOS FÜR DAVOS 2003-DEMONSTRANTiNNEN

Update #1 - 8.1.03
Dieses Faltblatt gibt es auch online unter:
 http://www.oltnerbuendnis.ch/dokumente/RechtsinfosDavos2003Up1.pdf


Die «Sicherheitsvorkehrungen» am diesjährigen WEF scheinen ein bis anhin
unbekanntes Ausmass zu erreichen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass der/die
Davos-DemonstrantIn seine/ihre Rechte gegenüber der Polizei und Justiz
kennt.

1. Die Demo fängt an, wenn Du aus dem Haus gehst...

2. Einreisesperren/Rückweisung an Grenze

Bis jetzt verhängten die Behörden über 100 Einreisesperren gegen als
angeblich «gewalttätig oder gewaltbereit bekannte» bzw. in irgendeinem
Staatsschutz-Computersystem eingetragene DemonstrantInnen. Meistens wissen
die Betroffenen nichts von ihrem «Glück». Wirst Du an der Grenze mit der
Begründung «Einreisesperre» zurückgewiesen oder bekommst Du innerhalb der
Schweiz eine Einreisesperre, kannst Du folgendes tun:

Verlange eine schriftliche Verfügung in einer der drei Amtsprachen
(deutsch, franz, ital). Melde Dich sofort beim Anti-Rep-Telefon, die Leute
werden Dich an einEn AnwältIn verweisen, damit Du gegen die Einreisesperre
Beschwerde führen kannst (Frist beachten!). Dies bringt Dich zwar nicht
nach Davos, ermöglicht Dir aber Beschwerde gegen diese willkürliche
Massnahme zu führen. Dies lohnt sich v.a. bei Einreisesperren von 2-5
Jahren, aber auch sonst!

Bei allen Problemen an der Grenze sofort Info-Telefon und Anti-Rep-Telefon
informieren!


3. Wegweisungen im Kanton Graubünden

Hinweis: Ca. 50 Menschen sind laut Behörden auf einer schwarzen Liste, Es
handelt sich dabei um Personen, die als an Demonstrationen «gewalttätig
identifiziert» bzw. die «mindestens zweimal strafrechtlich» (im
Zusammenhang mit «Gewalt» an Demos) «verurteilt wurden»! Welche Delikte
gemeint sind, ist unklar (Teilnahme an unbewilligter Demo, Nötigung (mit
Sitzblockade), Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Gewalt + Drohung gegen
Beamte, etc.). Vorsicht: Auf die Aufgelisteten sind ZivilpolizistInnen
angesetzt...
Versucht die Polizei Dich deswegen oder aus anderen «Gründen» wegzuweisen,
verlange eine schriftliche Verfügung mit Angabe der Rechtsmittel! Wenn sie
sich weigern, veranstalte ein Theater/Blockade, etc. bis sie Dir eine geben.

Dies bringt Dich zwar nicht nach Davos, ermöglicht Dir aber, Beschwerde
gegen diese willkürliche Massnahme zu führen (theoretisch reicht auch eine
mündliche Wegweisung, schriftlich ist aber beweismässig besser) . Das
Anti-Rep-Telefon vermittelt Dir einEn AnwältIn, der/die Beschwerde führen
wird. (Versuchst Du weiterzureisen, musst Du theoretisch - sofern die
Polizei die Übersicht hat... - bei Erwischtwerden mit einer Busse rechnen.
Praktisch wird das wohl kaum der Fall sein...)


4. Beschlagnahmungen von Gegenständen

Im Kanton Graubünden gibt es kein Vermummungsverbot ! Die Polizei hat aber
angekündigt, dass «Knallkörper», «Feuerwerk», Motorradhelme, Gasmasken,
Pfeffersprays oder «Ausrüstungsgegenstände und Schutzbekleidungen, welche
für Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften geeignet sind»
beschlagnahmt werden sollen. Wir rechnen auch damit, dass die Polizei
versucht, mit abstrusen Begründungen Plakate, Transparente oder Flugblätter
«sicherzustellen». Wir empfehlen in diesen Fällen offensives Verhandeln und
lautstarken Protest. Nützt das nichts, dann verlange eine Quittung mit
folgenden Angaben: Bezeichnung des Gegenstandes, Ort, Zeit, Grund der
Beschlagnahmung/Sicherstellung. So hast Du eine Chance, Deine Sachen wieder
zu bekommen. (bis spätestens 27.2.03 abholen, sonst werden sie von den
Behörden verkauft oder weggeschmissen!) Alternativen: Gut verstecken,
wegwerfen, Sabotage von Kontrollen + Beschlagnahmungen, etc.


5. „Sicherheitsschleusen“/Kontroll-, Durchsuchungs- + Sicherheitszonen

Wegweisungen, Durchsuchungen und Beschlagnahmungen werden wohl v.a. bei den
sogenannten «Sicherheitsschleusen» und Zonen von Polizei (und Militär?)
geschehen.

Für Zugreisende hat die Polizei vor, in Fideris (nach Landquart) einen
Kontrollbahnhof einzurichten, bei dem alle DemonstrantInnen einzeln
kontrolliert werden sollen. Auch für Bus- und Autoreisende sind solche
«Sicherheitsschleusen» vorgesehen. Zusätzlich wurden die Zugänge nach Davos
und die Gemeinde Davos von der Polizei als Kontroll-, Durchsuchungs- und
teilweise als Sicherheitszonen (in Davos) deklariert.

Wie wir kollektiv auf diese „Sicherheitsschleusen“ und die Zonen reagieren
wollen, ist noch in Diskussion (Ausweis verweigern, Schleuse umgehen,
blockieren oder stürmen, etc.).

Infomiere Dich an den Veranstaltungen gegen das WEF in deiner Nähe und
beachte die Infos auf der Web-Site www.oltnerbuendnis.ch !


Weitere Tips

Vor der Abreise:

* Reise wenn möglich nicht alleine an die Demo und wieder zurück.
* Versucht, eine «Abmelde-Struktur» einzurichten: hinterlasst bei einer
vertrauenswürdigen Person eine Liste mit euren persönlichen Angaben (+ wenn
vorhanden Anwaltsvollmachten), das erleichtert bei längerfristigen
Verhaftungen die Anti-Rep-Arbeit. Für den Fall von Verhaftungen ist es
wichtig festzulegen, wer Dich wo krank melden muss (Arbeitsplatz, Schule,
etc.).
* Meldet euch ab, wenn ihr unversehrt von der Demo zurückgekehrt seid.
* Mitnehmen: warme Kleider und Ersatzkleider (Wasserwerfer bei -20°C...),
gute Schuhe, persönliche Medikamente, Telefonkarte, Kleingeld, Essen und
Trinken, Ausweis (Pass od. ID).
* Zuhause lassen: andere Ausweise, Agenda, Adressbuch, Haustiere,
persönliche Notizen.
* Nur die wichtigsten Nummern auf dem Handy speichern. Bei Verhaftung
ausschalten. Dein Pin-Code geht sie nichts an!


Anreise aus dem Ausland/ Verhalten an der Grenze:

Die Schweizer Behörden werden auch dieses Jahr versuchen, potentiellen
DemonstrantInnen die Einreise zu verweigern (siehe auch
Einreisesperren/Rückweisung an Grenze)


Unsere Tipps:

* Ein paar Tage vor dem 25.1.03 in die Schweiz einreisen
* An manchen Grenzposten wird es am Freitag 24.1.03 am späten Nachmittag
kollektive Grenzübertritte und/oder Grenzblockaden geben, schliesst euch
diesen an!
* wenn ihr mit dem Zug anreist: Ticket nicht bis nach Davos, sondern in
eine andere Schweizer Stadt lösen
* Seid ihr mit einem eigenen Reisebus unterwegs, sprecht euch untereinander
und mit dem/der FahrerIn ab, wie ihr auf Grenzkontrollen reagiert. Bestimmt
Personen, die mit den Behörden verhandeln.
* Einreisesperren: siehe oben

Anreise von Deinem Wohnort bis in den Kanton Graubünden
* Zug: reise in einer grossen Gruppe (Extra-Züge beachten!) oder
unauffällig mit wenigen Leuten.
* Mach Dich darauf gefasst, dass die Bahnhöfe und Züge voller
ZivilpolizistInnen sein werden.
* Auto/Reisebus: untereinander absprechen, wie ihr euch bei Kontrollen
verhält. Anderes Reiseziel angeben oder auf Meinungs- und
Versammlungsfreiheit berufen. Ansonsten: Aktionen, Blockaden, Demos, etc.
* Bei allfälligen Problemen Anti-Rep-Telefon kontaktieren.


Polizeikontrollen:

Uniformierte PolizistInnen müssen ihren Namen sagen, ZivilpolizistInnen
müssen sich ausweisen. Versuch auch rauszufinden von welchen Polizeicorps
sie sind. Merk Dir die Namen, falls es zu Übergriffen, etc. kommt. Dies
erleichtert das juristische Vorgehen. (auch hilfreich: Fotos+Videos)


Verhaftungen/Festnahme/Gewahrsam:

* Wirst Du verhaftet und niemand ist in der Nähe, der Dich kennt, rufe
anderen AktivistInnen deinen Namen und Wohnort zu, damit sie deine
Verhaftung beim Anti-Rep-Telefon melden können.
* Die BeamtInnen müssen Dir den Grund der Festnahme nennen.
* Spätestens 36h nach der polizeilichen Festnahme (bzw. am 1. Werktag
danach) musst Du dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden. Lässt er Dich
nicht frei, muss er dem Staatsanwalt Antrag auf Anordnung der
Untersuchungshaft stellen. Dieser muss spätestens 48h nach deiner
Verhaftung diesen Antrag dem Haftrichter unterbreiten.
Falls sie Dich solange drin behalten, verlange einEn AnwältIn!
* Minderjährige dürfen nicht länger als 24h in Polizeihaft genommen werden.
* Wirst Du freigelassen, melde Dich beim Antirep-Telefon. Versuch während
Deiner Infhaftierung rauszufinden, wer sonst noch im Gefängnis sitzt und
melde auch das dem Antirep-Telefon.

Das gleiche gilt für Übergriffe, erpresserische Drohungen,etc. bei Verhör
oder im Gefängnis.


Verhör:

* Mach von Deinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch!
* Du musst nur folgendes der Polizei angeben:
Name, Vorname, Geburtsdatum, Heimatort, Meldeadresse.
* Ansonsten bist Du zu keinerlei Aussage verpflichtet! Du musst nichts
unterschreiben!
* Lass Dich durch Drohungen/Erpressungen/Gewalt nicht einschüchtern!
Erkennungsdienstliche Massnahmen (EM)
EM sind Finger- und Handflächenabdrücke, Fotos, Blut-, Urin- und
Handschriftenproben, DNATests
(z.B. Abstrich Backenschleimhaut), etc.

Nach der vorläufigen polizeilichen Festnahme/Gewahrsam (z.B. nach
Ausweis-Verweigerung, Betreten Sicherheitszonen, etc.) werden die
BeamtInnen versuchen, Dich zu fotografieren und evtl. Fingerabdrücke zu
nehmen. Wir empfehlen aus politischen und prinzipiellen Gründen die
Verweigerung oder Sabotage von erkennungsdienstlichen Massnahmen.
(Je nach PolizistIn hat die EM-Verweigerung Strafandrohungen, gewalttätigen
Zwang oder Resignation zur Folge. Lass Dich nicht einschüchtern! Helft und
unterstützt einander!)


Leibesvisitationen:

Frauen dürfen nur von weiblichen Beamtinnen oder ÄrztInnen untersucht
werden.


Verletzungen:

Wirst Du bei der Demo, einer Polizeikontrolle, bei der Verhaftung etc.
verletzt, gehe möglichst
schnell in eine ärztliche Kontrolle und lass Dir ein Attest geben.


Erinnerungsprotokoll

Warst Du verhaftet, ZeugIn/Opfer eines Polizeiübergriffs, etc., erstelle
ein Erinnerungsprotokoll mit folgenden Angaben:
Ort, Zeit, Beteiligte, Ablauf des Ereignisses, ZeugInnen, Deine
Kontaktadresse/-telefon/-email.
Das hilft, sich bei allfälligen Prozessen gegen PolizistInnen an den Ablauf
zu erinnern. Schick eine Kopie an: AG Antirep Oltner Bündnis, c/o
Anti-WTO-Koordination, Postfach 5053, 3001 Bern oder
 antirep@oltnerbuendnis.ch


Nach der Demo/Heimreise:

Ist die Demo/Aktion vorbei, besteht die Gefahr, kontrolliert oder verhaftet
zu werden, weiterhin. Dazu kommt die Angst der Behörden, dass in anderen
Schweizer Städten Anschlussdemos stattfinden könnten. Deshalb gilt o.g.
bezüglich der Anreise genauso für die Rückreise. Die Demo ist erst zu Ende,
wenn alle sicher zu Hause angekommen sind...


Datenschutz

Sind von Dir Daten in irgendeiner Form (Personalien, Fotos, Videos,
Fingerabdrücke+Co., etc.) erhoben worden, landen diese sehr wahrscheinlich
in einem Polizeicomputer und evtl. auch im Staatsschutz-Computer. Du kannst
nachträglich bei der Kapo Graubünden schriftlich anfragen, ob Daten
und/oder Akten über Dich existieren und deren Löschung verlangen.
Zusätzlich kannst Du fragen, ob und an welche Behörden deine Daten und
Akten weitergeleitet wurden und auch dort dasselbe verlangen. (Ausser bei
der Datenbank ISIS des Dienstes für Analyse und Prävention (DAP) - da gibt
es nur ein indirektes Auskunftsrecht.)


Bussen/Strafmandate

Erhältst Du Wochen oder Monate nach der Demo eine Busse oder ein
Strafmandat (z.B. StgB 292, Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen), kannst
Du innerhalb von 10 Tagen schriftlich Einsprache erheben (siehe
Rechtsmittelbelehrung). Du wirst dann irgendwann (Wochen oder Monate
später) zu einer Einvernahme vorgeladen, wo Du die Gründe für die
Einsprache darlegen kannst. Dieses Vorgehen kann a)trotzdem zur
Verurteilung führen, b)erreichen, dass das Verfahren eingestellt wird,
c)eine tiefere Busse bringen oder d) dazu führen, dass das Verfahren im
Bürokratiedschungel versandet und verjährt. Organisier Dich mit anderen,
die eine Busse/Strafmandat erhalten haben.

Anti-Rep-Telefon Oltner Bündnis:
079 568 60 83 - 079 603 57 81
(ab Mi 22.1.03)
 antirep@oltnerbuendnis.ch
Vorwahl Schweiz: 004 79...
Weiter Infos: www.oltnerbuendnis.ch

Andere Antirep-Strukturen:
Anti-Rep-Telefon
RevolutionärerAufbau Zürich
079 626 84 21
 rev_aufbau@gmx.ch
www.aufbau.org
(ab Mi 22.1.03)

Anti-Rep-Telefon Region Basel
061 681 55 22
(Probleme Region/Grenze Basel)

Andere Regionen
(Tessin, Romandie)
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[ AG Antirep Oltner Bündnis -  antirep@oltnerbuendnis.ch ]
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18.01.2003
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