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Davos / München: Internationaler Aufruf: Antikapitalismus globalisieren - gegen die Nato-Kriegspolitik

Antikapitalismus globalisieren - gegen die Nato-Kriegspolitik

Gemeinsamer Protest gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos vom 23. bis 28. Januar und die Nato-Sicherheitskonferenz vom 7. bis 9. Februar in München 2003.

Welche Sicherheit? Gegen den Terror von Krieg und Kapitalismus!

”Sicherheit” hat sich in den letzten Jahren zu einer zentralen Propagandalosung in Politik, Wirtschaft und Medien entwickelt. Nach den Anschlägen des 11.09. wurde die öffentliche Panik insbesondere in den Gesellschaften des Westens genutzt, um international neue Kriege und intern verstärkte Repressionen durchzusetzen. Der US-Krieg gegen Afghanistan, die Forcierung des kolumbianischen Bürgerkriegs, die Eskalation des langjährigen Besatzungskriegs Israels gegen die palästinensische Bevölkerung und die militärische Präsenz von US-, EU- und NATO-Truppen auf allen Kontinenten stehen für die imperialistische Version einer "internationalen Sicherheit". Auch nach Innen hat die Propaganda nach dem 11. September den Krieg der angeblich zivilisierten Welt in den Köpfe der Menschen verankert: Nicht nur neue Gesetze und Ermittlungsbehörden sollen mehr "Sicherheit" garantieren, sondern auch eine neue Normalität von Selbstkontrolle und Denunziation. "Sicherheit" ist das neue große Versprechen, mit dem sich die Regierungen in den Metropolen die Gefolgschaft der Bevölkerung sichern wollen. Ob in der EU oder in der Schweiz neue Ausländergesetze erlassen werden, Parteien ihre Wahlkämpfe führen, Staaten Kriege planen oder Bürger der Polizei helfen sollen - überall geht es um ”Sicherheit”. Auch die alljährliche Münchner ”Wehrkundetagung” wurde folgerichtig in ”Sicherheitskonferenz” umbenannt. Sie findet 2003 vom 7. bis 9. Februar statt, also zwei Wochen nach dem World Economic Forum (WEF) in den Schweizer Bergen in Davos am 25. Januar.
Horst Teltschik, Organisator der Münchner Militärtagung, Vorstandsvorsitzender der BMW eigenen ”Herbert-Quandt-Stiftung” und ehemaliger deutscher Kanzlerberater erklärt das so: ”Was das Weltwirtschaftsforum in Davos für die Spitzenvertreter der internationalen Wirtschaft ist, ist die Sicherheitskonferenz in München für die Repräsentanten der strategischen Gemeinschaft.”
Die ”Freiheit” und ”Sicherheit” über die auf diesen Konferenzen der Wirtschaftsführer, Politiker und Generäle gesprochen wird, bedeutet weltweit Krieg, Verwertung von Menschen und Natur, Männerherrschaft über Frauen und rassistische Unterdrückung. Weltweit organisieren sie die ”Sicherheit” ihrer Produktionsstandorte, des Warenverkehrs, der Kapitalströme und den Zugriff auf Rohstoffe und planen die Fortsetzung des ”langandauernden Krieges gegen den Terror”. Die militärischen Einsatzpläne für einen Angriffskrieg gegen den Irak werden öffentlich diskutiert.
Wir sagen: Die Münchner Nato-Militärkonferenz und die WEF-Tagung in Davos sind zwei Seiten einer Medaille - deshalb werden wir gemeinsam in Davos und München den internationalen Widerstand gegen Krieg und kapitalistische Globalisierung auf die Straße tragen.


DAVOS
Das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum - WEF) ist eine private Institution mit Sitz in Genf. Mitglieder sind die weltweit 1000 grössten privaten Wirtschaftsunternehmen. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist ein Jahresumsatz von mindestens einer Milliarde US Dollar.
Seit seiner Gründung 1971 durch Klaus Schwab, damals frischgebackener Ökonomieprofessor in Lausanne, hat sich das World Economic Forum (WEF) von einem simplen Management-Seminar zu einem der bedeutsamsten Foren und Netzwerke für die weltweite Durchsetzung des dominierenden marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftssystems entwickelt.
In der Vergangenheit haben die vom WEF organisierten Treffen beispielsweise die Lancierung der Uruguay-Runde des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) initiert, aus der die Welthandelsorganisation (WTO) hervorging oder Vorgespräche im Hinblick auf die Gründung der NAFTA (North American Free Trade Association) ermöglicht. Dies sind Meilensteine im globalen Liberalisierungsprozess, welcher den transnationalen Unternehmen stets neue und erleichterte Marktzugänge sichert.
Ende Januar findet jeweils das Jahrestreffen in Davos statt. Es ist weltweit das grösste privat initiierte Elitetreffen. Daneben veranstaltet das WEF eine Reihe regionaler Treffen in allen Kontinenten, zum Beispiel das Europäische Wirtschaftsforum in Salzburg.
Zum Davoser Gipfel werden neben rund tausend Firmenchefs als Vertreter der Forumsmitglieder auch eine Anzahl hochrangiger Politiker, Wissenschafter, Chefredakteure von den grössten Medienkonzerne und einige wenige handverlesene zivilgesellschaftliche Vertreter (Gewerkschaften, NGOs) eingeladen. Die globale Elite setzt sich fast ausschliesslich aus privilegierten Männern zusammen; der Frauenanteil am Davoser Forum liegt weit unter zehn Prozent. Die Einladung erfolgt persönlich und wird nicht jedes Jahr automatisch erneuert. Dieser Einladungsmodus verstärkt den Exklusivitätscharakter und gibt den Gästen das gute Gefühl, zum Kreis der Global Leaders zu gehören. Die Gäste sind mitunter Mitglieder der verschiedenen Clubs, welche das WEF ins Leben gerufen hat: Beispielsweise der Club der “Global Leaders of Tomorrow” (Globale Führer von morgen), der “World Media Leaders” (Führer der Weltmedien) oder der Club der “Industry Governors” (Industriekapitäne). Die Clubstruktur und der informelle Rahmen der Begegnungen am Forum sind ideale Voraussetzungen, um Loyalitätsstrukturen zwischen Wirtschaft, Staat und sogenannten “Schlüsselakteuren” der Zivilgesellschaft zu schaffen.
In den letzten fünf Jahren stiess das WEF in der Schweiz und international zunehmend auf Kritik und Widerstand. Die Behörden reagierten bisher mit einem Verbot von sämtlichen Demonstrationen in Davos während des WEF und mit der totalen Abriegelung des Bergdorfes. Trotzdem wurden die Proteste gegen das WEF in der Schweiz jedes Jahr grösser und breiter. Deshalb musste Klaus Schwab das Jahrestreffen 2002 kurzfristig nach New York verlegen. Die Behörden konnten nicht genügend Polizeikräfte organisieren, um die Sicherheit für die Teilnehmenden zu garantieren.
Das Jahrestreffen 2003 soll nun unter dem Motto “Vertrauen bilden” vom 23.-28. Januar wieder in Davos stattfinden. Das Vertrauen will das WEF mit einer verbesserten Informations- und Kommunikationspolitik gewinnen. Zudem organisiert das WEF ausserhalb des Davoser Kongresszentrum öffentliche Debatten, die für alle InteressentInnen zugänglich sein sollen. Flankierend dazu signalisierten die Davoser Behörden ihre Bereitschaft zum ersten mal eine Demonstration zu bewilligen.
Das “ Oltner Bündnis”, ein breiter Zusammenschluss verschiedener linker Gruppierungen in der Schweiz ruft zu Demonstrationen und Aktionen gegen das WEF auf. Die gemeinsame Plattform des Bündnisses beinhaltet u.a. die Forderung nach der Auflösung des WEF und verweigert sich einem “Dialog” mit dem WEF, welcher bloss der Imageverbesserung des WEF dienen würde. Das Oltner Bündnis mobilisiert für eine Grossdemonstration am 25. Januar 2003 in Davos.


MÜNCHEN
Wie jedes Jahr findet im Februar die “Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik” (die frühere Wehrkundetagung) statt, ein Treffen von Regierungsvertretern der NATO-Staaten und rund 200 hochkarätigen Militärstrategen, Generälen und Rüstungsexperten. Die versammelten EU- und NATO-Repräsentanten, die Kriegs- und Außenminister der USA, Deutschlands und der übrigen EU-Staaten wollen der Öffentlichkeit vorgaukeln, bei dieser Konferenz gehe es um die Wahrung des Friedens auf der Welt und um internationale Sicherheit. Das Gegenteil ist richtig: Sie planen den nächsten Krieg! Hinter den verschlossenen Türen im Nobelhotel “Bayerischer Hof” – abgeschirmt von der Öffentlichkeit – entwerfen sie neue Kriegspläne und Kriegszenarien auf der ganzen Welt. Das Bündnis gegen die Nato-Sicherheitstagung mobilisiert auch 2003 nach München.


Diese Sicherheit garantiert globale Ausbeutung

Längst ist der Alltag vieler Menschen auch in den Ländern Westeuropas von einem massiven Abbau sozialer Sicherheiten gekennzeichnet: Streichung von Sozialleistungen, Privatisierung der Gesundheits-versorgung, des Renten- und Bildungssystems und der öffentlichen Räume. So wird das gesamte gesellschaftliche Leben zur Ware. Eine sichere Existenz ist nur für immer weniger Menschen nach verschärften rassistischen und sexistischen Ausschlusskriterien erreichbar. Materielle Sicherheit wird zunehmend privatisiert und in den Bereich individueller Verantwortung zurück verlagert. Dies schafft Entsolidarisierung und Vereinzelung und verschärft die Konkurrenz zwischen den Menschen und führt oft zur rassistischen Verteidigung der Privilegien - lokal und global. Auch die psychische Verelendung nimmt extrem zu. Wer auf der Strecke bleibt, hat Pech gehabt. Doch diese Logik der Konkurrenz und der Paralyse ist nicht zwanghaft. Die Perspektive der Kollektivität, Widerständigkeit und Solidarität steht uns allen offen.
In einer Situation, in der die Staaten unter dem Vorzeichen kapitalistischer Globalisierung im großen Stil soziale Sicherheiten zerschlagen, ist ”Sicherheit” durch Polizei und Militarisierung das Versprechen der gesellschaftlichen Eliten an alle. Dieses Sicherheitsversprechen soll Identität mit der Konstruktion von Feindbildern, Solidarisierung mit dem System des Profits, den Mächtigen dieser Welt, eine breite Akzeptanz für globale Kriege und massive Einschränkungen von persönlicher Freiheit schaffen.

Die Politik der sozialen Feinderklärung

Der herrschende ”Sicherheits”-Diskurs sortiert Menschen auseinander und definiert nach Verwertbarkeitskriterien, wer dazu gehört und wer nicht. Besonders deutlich wird dies an der Flüchtlings- und Migrationspolitik der europäischen Staaten. Flüchtlinge und MigrantInnen werden für rassistische Wahlkämpfe instrumentalisiert und abwechselnd zu ”Kriminellen”, zu ”Illegalen”, zu ”Dealern” oder zu potenziellen ”Terroristen” stilisiert. ”Sicherheit” für Europa soll hergestellt werden durch neue Abschiebelager, Asylrechtsabschaffung oder das Schengen-Informationssystem (SIS), das zur schnelleren Abschiebung von Asylsuchenden in Hunger, Elend, Folter und Verfolgung führen soll. Beim EU-Gipfel in Sevilla haben die Regierungen nun ganz offen den Krieg gegen die illegale Migration erklärt.
Militär und Migrationskontrolle sind längst nicht mehr zu trennen: Mehrere EU-Staaten werden demnächst Armeeflugzeuge für Massenabschiebungen einsetzen und bei internationalen Kriegseinsätzen, wie in Kosovo und in Afghanistan, werden Kriegsflüchtlinge ”heimatnah” in riesige Flüchtlingslager gesperrt, damit sie sich nicht auf den Weg in die reichen Länder machen können.
Die Beweglichkeit der Flüchtlinge und MigrantInnen, denen der Kolonialismus und die kapitalistische Vergesellschaftung die Lebensgrundlage entzogen haben, soll wenigstens kontrolliert werden. Man will die Migration in Bahnen lenken, die den wirtschaftlichen Interessen an flexibel verfügbarer und rechtloser menschlicher Arbeitskraft nutzen, wenn sie sich schon nicht ganz verhindern lässt. Tausende Flüchtlinge haben bereits an den Außenmauern der Festung Europa ihr Leben verloren.
Aber die soziale Feinderklärung unter dem Kampfbegriff ”Sicherheit” richtet sich nicht nur gegen Flüchtlinge und MigrantInnen, sondern gegen alle, für die in einer Gesellschaftsordnung, die Menschen ausschließlich nach ihrer Verwertbarkeit sortiert, kein Platz mehr ist: Drogenuserinnen, Obdachlose, Kleinkriminelle, widerständige Jugendliche und Arme - sie alle werden zum ”Sicherheitsrisiko” erklärt. Große Teile der Innenstädte sind heute kameraüberwachte No-Go-Areas für alle, die sich nicht zum Arbeiten oder zum Konsumieren dort aufhalten. Je weniger die Reichen und Mächtigen gesellschaftliche Widersprüche sozialstaatlich befrieden (müssen) und je offensiver Luxus und Konsumversprechen zur Schau gestellt werden, die sich zugleich immer weniger Menschen leisten können, desto mehr regiert der Polizeiknüppel.
Und nicht zuletzt geht es bei der Hochrüstung gegen innere Feinde auch um die Bekämpfung und vorbeugende Verhinderung von Protest und Widerstand. Nach dem Anti-Terror-Paket der EU-Staaten sollen künftig Handlungen als ”Terrorismus” verfolgt werden, die seit Jahrzehnten zum Grundrepertoire sozialer Bewegungen gehören: Formen von Besetzungen, Blockaden oder Sabotage. Auf der EU-Liste der ”terroristischen Organisationen” stehen auch UnterstützerInnen der politischen Gefangenen im Baskenland, kurdische und türkische Organisationen oder die kolumbianische Guerilla FARC. Der Polizeiterror von Göteborg und Genua und die Beschränkungen der Bewegungs- und Demonstrationsfreiheit in Davos und München gaben einen Vorgeschmack davon, wie man künftig in Europa mit sichtbaren Widerstand gegen die kapitalistische Globalisierung umzugehen gedenkt.

Die weltweite Unsicherheit

Es ist zynisch oder naiv, zu behaupten, dass das kapitalistische Wirtschaftssystem die Welt sicherer machen würde. Das Gegenteil ist der Fall. Eine ökonomische Sicherheit und Stabilität schafft der Weltmarkt nur für die, die in diesem System der Profitmaximierung immer reicher werden. Die Mehrheit der Menschen bleibt dabei auf der Strecke. 1989 wurde der Zusammenbruch des realsozialistischen Staatenblocks als ”Ende der Geschichte” gefeiert und das Zeitalter des Friedens und des Wohlstands ausgerufen - das Gegenteil ist eingetroffen: Die neue Weltordnung, die uns 1990 von der Prominenz der westlichen Welt verkündet wurde, hat der Menschheit alles andere gebracht als Frieden und Sicherheit - Millionen sterben an heilbaren Krankheiten und Hunger; auf allen Kontinenten herrscht Krieg.
Die neue globale Chancengleichheit, die die Ideologen des freien Marktes verkünden, besteht darin, dass es heute auch wieder Sweatshops in London gibt und gleichzeitig mit Stacheldraht und Wachschutz gesicherte Wohlstandsinseln inmitten massenhafter Armut in Rio de Janeiro. Die rechtsfreie Ausbeutung der ArbeiterInnen in den berüchtigten Maquillas in den Freihandelszonen sind dabei keine ausschließliche Erscheinung der dritten Welt. Auch in den reichen Staaten gibt es Überlegungen für eine grenzenlose Ausplünderung.
Es ist für uns nichts Neues, dass sich die neoliberalen Wundermittel von IWF und Weltbank wie Privatisierung öffentlicher Betriebe (Verkehr, Bildung, Wasser, Post, Telekommunikation u.a.), Strukturanpassungsmaßnahmen und gnadenlose Exportorientierung vor allem durch die Zerstörung lebenswichtiger sozialer Infrastruktur auszeichnen. Dabei richtet sich der Terror des Weltmarktes besonders gegen Frauen, die für die Versorgung ihrer Kinder und Familien den Mangel verwalten müssen.
Solche Zustände stoßen immer wieder auf massiven Widerstand und lassen sich oft nur mit Gewalt gegen die betroffenen Menschen durchsetzen. Auch in Europa sind Streiks und Arbeitskämpfe wieder die Antwort auf die soziale Demontage. In Kolumbien führen Armee, Paramilitärs und private Söldnertruppen einen mörderischen Krieg gegen die Bevölkerung und soziale Bewegungen. In zahlreichen afrikanischen Ländern setzen die ehemaligen Kolonialmächte trotz allem Gerede von ”Demokratisierung” nach wie vor auf korrupte Diktaturen als Garanten für die Sicherung neokolonialer Ausbeutung.

Globaler Krieg als internationales Krisenmanagement

Das Paradigma der kapitalistischen Globalisierung hat sich in den letzten Jahren verschoben: Während in den 80ern und zu Beginn der 90er Jahre die grundlegende Strategie in der Deregulierung bestand, welche zur teilweisen Auflösung staatlicher Strukturen im Trikont und zur weitgehenden Abschaffung sozialstaatlicher Sicherungssysteme in den Metropolen führte, hat diese fortschreitende Deregulierung neue Formen der Regulierung nötig gemacht. Während die ökonomische Deregulierung voranschreitet, wird ihr seit Jahren eine verstärkte polizeilich-militärische Regulierung zur Seite gestellt. Die ”politische Globalisierung” bedeutet nichts anderes als die Militarisierung der Sozialpolitik als Krisenmanagment der Ausbeutung.
Die Grenzen zwischen Krieg und Frieden verschwimmen zusehends: Unter dem Stichwort ”langandauernder Krieg gegen den Terror” werden militärisch-polizeiliche Präsenz und kriegerische Einsätze zu einem flexiblen System der globalen Kontrolle verschmolzen - der ständige Ausnahmezustand und Krieg wird zum scheinbaren Frieden. Die Errichtung und militärische Absicherung von Protektoraten wie im Kosovo oder in Bosnien gehört genauso zu diesem flexiblen System der Kontrolle wie die Ausweitung der Bündnisse. Das Beispiel der geplante Nato-Osterweiterung steht für die imperialistische Kolonisierung durch die Integration einer ganzen Region in bestehende Militärstrukturen.
Die innenpolitische Situation in den Ländern des sogenannten ”Eurasischen Balkan” - Afghanistan, Georgien, Kasachstan und andere GUS-Staaten - werden als ”hochgradig instabil” eingestuft. Dort lagern gewaltige Erdöl- und Erdgasvorkommen sowie an der Ressourcen. Zugleich durchziehen auch die künftigen Transitwege zwischen den westlichen und östlichen Randzonen Eurasiens diese Region. Durch diese materiellen Interessen und dem von den Nato-Staaten definierten Sicherheitsbedürfniss gewinnt die Region an immenser politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Die Nato-Osterweiterung ist deshalb ein wichtiger Schritt für weitere Interventionen in Zentralasien. Angesichts möglicher neuer Machtkonstellationen und Bündnisse (zum Beispiel die Achse Russland, China, Indien) und der exponierten geostrategischen Lage, will sich der Westen die Chance die Westfront Eurasiens zu dominieren nicht entgehen lassen.
Die heutige Misere in Afghanistan ist das Ergebnis von 20 Jahren militärischer ”Entwicklungshilfe” für die jeweils genehme Kriegsfraktion. Eigene Kriegseinsätze der Nato-Staaten ergänzen sich perfekt mit der Logik der Stellvertreterkriege und der Destabilisierung. Jeder Krieg setzt nach dem zynischen Prinzip der ”schöpferischen Zerstörung” neue Ausbeutungspotentiale frei: Durch Wiederaufbau eines zerstörten Landes, neue Zugriffe auf Menschen und natürliche Ressourcen und die Aufträge an die Rüstungsindustrie.
Der Hunger nach noch mehr Ausbeutung kennt dabei keine Grenzen. Offen und für alle durchschaubar wird gegen den Irak der nächste Angriffskrieg geplant. Der Nahe und Mittlere Osten steht auf Grund seiner Öl- und Gasreserven seit über drei Jahrzehnten im Brennpunkt imperialistischer Aggression. Die nächste Phase des ”Krieges gegen den Terror” findet in dieser geostrategisch zentralen Region statt: Ein Militärschlag gegen den Irak mit rund 150.000 US-Soldaten (eventuell mit dem Einsatz taktischer Atomwaffen) wird seit Ende 2001 vorbereitet und öffentlich diskutiert - bisher gibt es dagegen keinen relevanten Widerspruch in den Gesellschaften der Metropolen-Staaten.


Repression und Integration als Internes Krisenmanagement

Um die Interessen der kapitalistischen Ausbeutung in den Gesellschaften des Westens zu erhalten, wird auch auf Strategien der Eindämmung und Integration gesetzt. Insbesondere die europäischen Sozialdemokratien und andere 'reformistische Linke' sind selber Teile einer konservativen Politik, die einen neoliberalen Umbau in den Gesellschaften durchsetzen oder die Illusion des Keynsianismus aufrechterhalten. Mit einer "Wir-alle-sind-Bürger"-Politik haben sie das Streben nach Veränderungen längst aufgegeben und versuchen uns statt dessen ihre Kriege und ihren Sozialabbau als einen "Kapitalismus mit menschlichem Antlitz" zu verkaufen. Doch es geht nicht nur um eine taktische Kritik am Krieg gegen den Irak oder ein paar ökologische und soziale Phrasen, sondern um die grundsätzliche Haltung zu militärischen Interventionen, um den alltäglichen Krieg gegen Flüchtlinge, um die verstärkte Repression gegen die eigene Bevölkerung und um die fortgesetzte Ausbeutung. Aus dieser Perspektive bleibt die Sozialdemokratie eine Kriegspartei. Deshalb lehnen wir das Konzept "ziviles Europa" als Alternative zum angeblich aggressiveren US-Imperialismus genauso ab.
Das in den letzten Jahren in Mode gekommene Konzept des "nachhaltigen Wachstums" wird als vernünftige und gebändigte Variante des Kapitalismus dargestellt. Viele ehemals kritischen NGO’s beteiligen sich unter diesem beliebten Schlagwort an der Erneuerung der kapitalistischen Produktion. Doch jedes Festhalten an der Perspektive des Wachstums führt in die ökologische Katastrophe, jede kapitalistische Ordnung bedeutet Ausbeutung. Das Konzept der "nachhaltigen Entwicklung" ist kein Versprechen für eine bessere Zukunft sondern die drohende Strategie der nachhaltigen Ausbeutung. Entgegen aller Versprechungen der Nachhaltigkeit bedeuten die sogenannten neuen Technologien im Bereich der Bio-, Atom- und Gentechnik eine noch stärkere Unsicherheit über die Folgen des Wachstums.

Hinter den attraktiv klingenden Phrasen der Erneuerung steht nur allzu oft der Erhalt der bestehenden Machtverhältnisse. Die "Strategien der Umarmung" gegenüber Sozialen Bewegungen, das Einbeziehung von NGO’s in weitreichenden Entscheidungen stehen einem "Roll Back” bisheriger Standards auf anderen Ebenen nicht entgegen. Wichtigste Funktion dieser Integration ist das Verschwinden einer offenen Opposition. Hinter dem propagierten "Dialog" des WEF in Davos steht der Versuch durch eine unverbindliche Vertrauensbildung die eigenen Skandale zu verdecken und substantiellen Verhandlungen auszuweichen. Wir werden uns auf solche Strategien der Integration nicht einlassen. Es gibt keinen Dialog mit der Macht!


Imperialistische Konkurrenz und die Dynamik der Kriege

Wie der Streit vor dem Jugoslawienkrieg oder das relativ eigenmächtige Vorgehen der USA bei der Planung eines Angriffskrieges auf den Irak zeigen, agieren die mächtigsten Staaten dieser Erde bei der Organisation von Kontrolle und Ausbeutung keineswegs immer als Einheit. Ihre Allianzen sind von tiefen Brüchen und Konkurrenz durchzogen, die ihren Ausdruck auch in den Stellvertreterkriegen (zum Beispiel in Ruanda oder Kongo zwischen den USA und Frankreich oder in den Balkankriegen), in Handelskriegen oder dem gegenwärtigen Konflikt um einen International Criminality Court (ICC) finden. Dabei hat die Ablehnung einiger europäischer Staaten gegen einen Angriff auf den Irak nichts mit ihrer angeblichen Friedensliebe zu tun, sondern mit unterschiedlichen ökonomischen Interessen und Vorstellungen für eine Nahostordnung.
Obwohl die USA unter der Bush-Administration in Fragen der internationalen ”Sicherheit” oft eine härtere (militärische) Gangart vorzieht, während die EU sich als scheinbare Verfechterin der Menschenrechte profiliert, bleiben ihre Ziele die gleichen: Sich die Filetstücke im globalen Kontrollregime über Absatzmärkte und Rohstoffe zu sichern. Dass diese gegenwärtigen Unterschiede mehr durch die noch eingeschränkte Fähigkeit der EU-Staaten zu effektivem militärischen Handeln als durch grundsätzliche Skrupel bedingt sind, ist angesichts der zügigen Aufstellung einer EU-Interventionsarmee offensichtlich: Ab 2003 sollen die 60 000 Soldaten der EU-Eingreiftruppe bereitstehen, um innerhalb von 60 Tagen in einem Radius von 4000 Kilometern rund um die EU eingesetzt werden zu können. Innerhalb dieser Interventionsarmee sind die Machtverhältnisse klar ausgesprochen: Sie untersteht einem deutschen General, ihr größtes Kontingent wird von Deutschland gestellt. Deutschland schafft sich damit 13 Jahre nach der Annexion der DDR im Rahmen der EU die nötigen Mittel, um seinem Anspruch als Großmacht auch militärisch Nachdruck verleihen zu können.

Gegen Patriarchat und die Militarisierung der Gesellschaft

Die Militarisierung der Gesellschaft führt immer auch zu einer Verschärfung patriarchaler Unterdrückungsverhältnisse: Die patriarchale Struktur von Kriegen und militarisierten Gesellschaften richtet sich dabei verstärkt gegen Frauen und Kinder. Unsere Antikriegspolitik muss deshalb die Zusammenhänge von Krieg und der Zunahme männlicher Gewalt gegen Frauen und Kinder, die Verbindung von Krieg und Vergewaltigung, von Militär und Prostitution radikal thematisieren.
Im Patriarchat sind die menschlichen Beziehungen und die Aufspaltung von Produktion und Reproduktion an die Geschlechterhierarchie gekoppelt. Der extremste Ausdruck davon ist die Ausübung sexualisierter Gewalt durch Männer, die ihren Körper als Waffe zur Unterwerfung einsetzen. Die Entstehungsgeschichte der Nationalstaaten und ihre kolonialistischen Eroberungen sind untrennbar verbunden mit der Herausbildung des ”soldatischen Mannes”. Im Zeitalter des ”modernisierten Patriarchats” bedarf es keiner biologischen Ausschlusskriterien - das heutige Militär ist der Anwesenheit von Frauen gewachsen, solange die Erkennungsmuster Rosa und Blau, was ist sozial ein Mann, was ist sozial eine Frau, trotzdem erhalten bleiben. Sabotieren wir die sexistischen Geschlechterdefinitionen, zerstören wir die verschiedenen Konstruktionen des ”soldatischen Mannes”!

No justice - no peace

Der Krieg ist gesellschaftlicher Dauerzustand: fast alle gesellschaftlichen Bereiche werden der Logik der Militarisierung unterworfen. Der Krieg findet nicht im Fernsehen statt, sondern an den Grenzen, in den Flüchtlingslagern, in von Landminen gespickten und vergifteten Regionen. Der permanente Krieg kennt keine räumlichen und zeitlichen Grenzen - nur aus einer/unserer privilegierten Sicht ist Krieg ein Sonderzustand der Machtausübung. Doch die kapitalistische Globalisierung und der sie begleitende Krieg trifft auf zunehmenden Widerstand. Die Menschen in Bolivien kämpfen gegen die Privatisierung ihrer Trinkwasserversorgung, die ArgentinierInnen gegen den Würgegriff des IWF, indische KleinbäuerInnen gegen die Patentierung ihres Saatgutes durch AgroMultis wie Cargill oder Monsanto und die von Basisnetzwerken organisierten Proteste gegen die Gipfel von Seattle, Prag und Genua zeigen, dass sich auch hier in den Metropolen zunehmend Widerstand regt. Auch die Mobilisierung gegen den G8-Gipfel im Juni 2003 in Evian (Frankreich) am Genfer See läuft bereits. Es ist die Vielfältigkeit und Entschlossenheit dieser neuen internationalistischen Kämpfe auf die wir uns beziehen und von denen ausgehend wir feststellen, dass es heute wichtiger ist denn je, die weltweite Ausbeutung und ihre kriegerische Absicherung als zwei Seiten derselben Medaille zu begreifen und massenhaften Widerstand dagegen zu leisten. Wir stehen gegen Rassismus, Sexismus und kapitalistische Ausbeutung, aber wir sehen uns auch selbst als Teil dieser Widersprüche und versuchen sie deshalb auch in unseren eigenen Zusammenhängen zu thematisieren und bekämpfen. Wir sagen auch: Es ist nicht Aufgabe einer Protestbewegung den Herrschenden und Mächtigen dieser Welt zu gefallen. Wir lassen uns nicht in ”Gut” und ”Böse” spalten, sondern wählen die Mittel unseres Widerstandes selbst. Die nächsten Kriege werden bereits vorbereitet und Protest wird nicht ausreichen, wenn wir sie verhindern wollen. Verhältnisse lassen sich abstrakt kritisieren, doch die Politik des Krieges wird auch gemacht. Wenn wir die Kriegsmaschine stoppen wollen, müssen wir die Verantwortlichen, Strukturen und Logiken benennen, blockieren und demontieren.

Der weltweite Widerstand lässt sich nicht verhindern: No Justice -No Peace!
Antikapitalismus globalisieren - gegen die Nato-Kriegspolitik
Eine andere Globalisierung ist nicht nur notwendig, sondern auch möglich!


AJaK - Anarchistische Jugend ausser Kontrolle
AK Internationalismus München
AL-Antifaschistische Linke/Österreich
Antifaschistische Aktion Hannover
Anti-WTO Bündnis Basel
Anti-WTO-Koordination, Swiss
Autonome Antifa Eppelheim
Autonome Anti-Kriegs-Gruppen Berlin
Autonome KommunistInnen Berlin
Axis Of Evil Munich
Bundersweite Antimilitaristische Koordination “Krieg ist Frieden” (KiF), BRD
C.A.R.A. Stuttgart
DADAvos - Globalisierungskritisches Forum Graubünden (CH)
fels (für eine linke Strömung)
FI Eierplätzchen Köln
Freitagscafe München
Infogruppe Freising
Infoladen Grauzone (Innsbruck)
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31.12.2002
no-nato   [Aktuelles zum Thema: Globalisierung]  [Schwerpunkt: Wipe out WEF and Nato!]  Zurück zur Übersicht

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