nadir start
 
initiativ periodika archiv adressbuch kampagnen aktuell

rundbrief 2.12.

gipfelinfo 2.12.2002
öffentlicher rundbrief der infogruppe [berlin]
-----------------------------------------------

- STATEMENT VON GIPFELSOLI ZUM LETZTEN RUNDBRIEF
(28.11.2002)
- SEKTIERER ALLER LÄNDER VEREINIGT EUCH!!!
- PROTEST VOR DEM ITALIENISCHEN KONSULAT IN BREMEN
- AKTIONSWOCHENENDE IN ITALIEN
- MATTHIAS ZUCCHI : UNTERNEHMEN "GEGENSCHLAG" -
RECHTSPFLEGE MIT MUSSOLINIS HILFE

STATEMENT VON GIPFELSOLI ZUM LETZTEN RUNDBRIEF
(28.11.2002)

Unser letzter Rundbrief hat bei einigen für
Verwirrung, bei anderen zu Verärgerung geführt.

Wir hatten im ersten Teil des Rundbriefes etwas zu
der Demo am 27. November in Berlin gegen die
Repression in Italien berichtet. Wir haben dazu
einen eigenen kurzen Bericht geschrieben und als
zweiten Beitrag ein Flugblatt mit dem Titel "Alle
gemeinsam oder Freiheit für alle?" von der Gruppe
"Compagni/e di Berlino per l'autonomia di classe"
veröffentlicht, das auf besagter Demo verteilt
wurde.

In dem Flugblatt wird die italienische Bewegung, vor
allem die Disobbidienti und No Global, kritisiert;
ihnen wird - verkürzt gesagt - Reformismus
vorgeworfen, und nun, nach den Verhaftungen, würden
sie jammern obwohl sie sich bis dahin wenig um die
Repression in Italien gekümmert hätten.

Das Ganze war im Rundbrief angekündigt mit der
Überschrift "Flugblatt der Demo in Berlin am 27.11.
deutsch/ italienisch".

Wir möchten folgendes dazu richtig stellen:

- Durch unseren Rundbrief wurde der Eindruck
vermittelt, dass die politische Ausrichtung der Demo
am 27. November inhaltlich der in dem Flugblatt der
Gruppe "Compagni/e di Berlino per l'autonomia di
classe" geäußerten Kritik an Disobbidenti bzw. No
Global entsprach. Das trifft nicht zu. Wir würden
gerne ein Flugblatt oder eine Erklärung der
Demovorbereitung an dieser Stelle wiedergeben, aber
ein solches hat es nicht gegeben.

- Unser Bericht ist zu kurz geraten und gibt dadurch
die Demo verfälscht wieder. Tatsächlich handelte es
sich bei der Demo um eine Solidaritätsbekundung mit
den Betroffenen der aktuellen Repressionswelle in
Italien. Weder "Compagni/e di Berlino per
l'autonomia di classe" waren an der Demovorbereitung
beteiligt.

- Wir als die Infogruppe 'gipfelsoli' teilen die
Kritik von "Compagni/e di Berlino per l'autonomia di
classe" an Disobbidenti/ No Global nicht. Vielmehr
wollen wir uns ausdrücklich mit allen Betroffenen
der Repression solidarisch erklären. Auch ist es
nicht unser Anliegen einer Spaltung Vorschub zu
leisten oder die Bewegung in Italien zu diffamieren.

Unser Background liegt in der Antirepressionsarbeit.
Wir halten es für wichtig über den eigenen
politischen Tellerrand zu blicken. Aus diesem Grund
veröffentlichen wir auch Texte, die sich nicht mit
unseren Ansichten und Meinungen decken, aber von
denen wir denken, dass eine Verbreitung dennoch
wichtig sein könnte.

Dass wir das Flugblatt der "Compagni/e di Berlino
per l'autonomia di classe" in dieser Form
veröffentlicht haben, stufen wir als Fehler ein.
Intention der Veröffentlichung war darauf
hinzuweisen, dass es auch andere Betroffene von
Repression in Italien gibt. Wir müssen eingestehen,
dass dieser Text das falsche Mittel war, hierauf
aufmerksam zu machen.

Alles Liebe, gipfelsoli

-----------------------------------------------
SEKTIERER ALLER LÄNDER VEREINIGT EUCH!!!
Kommentar zu dem Flugblatt auf der Demo in Berlin am
27.11.

Na ganz tolle Analyse! Autonomia di classe ist auch
eine ganz wunderbare Strömung: Ihr vornehmlicher
Dissenz zuden Disebbedienti bezieht sich darauf,
dass sie ihnen vorwerfen den Kommunismus verraten
yzu haben, da sie nicht mehr für die Diktatur des
Proletariats seien... dafür ist ihnen auch jede
Lüegenkampagne recht. Dazu kommt, dass die paar
HanselInnnen auf die sich Autonomia di classe nennen
(vielleicht 1000 in ganz Italien höchstens, die sich
darauf beziehen)ziemlich krude Positionen vertreten.
Z.B. bezüglich Israel-Palästina, wo sie von
revolutionären Bewegung in Palästina sprechen und
eine ganz klassische ML-Position (so wie hier
Linksruck oder so) vertreten. Autonomia di classe
waren auch diejenigen, die sich im Frühjahr vor die
150.000 Menschen große Demo in Rom für eine
friedliche Lösung in Israel-Palästina und ein Ende
der Besatzung geschwungen haben um mit
selbstgebastelten Sprengstoffgürteln den angeblichen
Befreiungskampf in Palästina zu feiern (gegen die
Absprachen der Demo, die so einen Scheiß gezielt
nicht haben wollte). Außerdem war sowohl vor wie
auch während des ESF vielmehr Kraft des Staates
darauf konzentriert worden die Disobbedienti zu
kriminalisieren, als irgend jemand anderes. Und noch
was: Wenn es trotz der ganzen Spaltungen und
Streitigkeiten in der italienischen radikalen Linken
nach dem Repressionsschlag zu gemeinsamen Aktionen
und Demos gekommen ist, dann sollte man nicht als
Sektiererzwerge in Deutschland so einen Diskurs
führen. Auf solche Spaltersolidarität kann die
italienische Bewegung gut und gerne verzichten.
Genauso fragwürdig scheint mir diese unendliche
Anstrengung die Disebbedienti diffamieren zu wollen.
Es ist ein erfolgreiches politisches Bewegungsmodell
von dem sich einige eine Scheibe abschneiden können.
Das heißt nicht man/frau muss alles für gut heißen
oder abfeiern. Aber da es auch ein anderer Kontext
ist, sollte man/frau sich mit so extremen Urteilen,
unbelegten Behauptungen und Lügen besser zurück
halten. Die Disobbedienti haben im Laufe des Aufbaus
der Bewegung die richtigen Fragen gestellt. Die
sollte man / frau sich anschauen. Welche Antworten
man hier in Deutschland darauf findet, steht auf
einem anderen Blatt. Auf den Sektiererscheiss von
oben kann aber getrost verzichtet werden. Was liegt
euch daran eine Spaltung zu betonen, zu fördern und
zu unterstreichen, die in Italien im Moment
glücklicherweise nicht prägend ist??

[indymedia.de, von: Francesca 29.11.2002 11:03]

-----------------------------------------------
PROTEST VOR DEM ITALIENISCHEN KONSULAT IN BREMEN

Am heutigen Freitag Vormittag den 29.11.2002
demonstrierten ca. 40 Leute vor dem italienischen
Konsulat am Sielwall in Bremen für die Freilassung
der 20 in Süd-Italien inhaftierten Aktivisten. Nach
Gesprächen mit den Konsulatsangestellten wurde ein
Flugblatt und eine auf italienisch verfasste
Erklärung, die die sofortige Freilassung der
Inhaftierten fordert, an das italienische
Justizministerium, die italienische Botschaft in
Berlin, das deutsche Generalkonsulat in Mailand und
Neapel und das Auswärtige Amt in Berlin gefaxt. Vor
dem Konsulat wurde ein Transparent aufgehängt und
Flugblätter verteilt.

Die Razzien und Verhaftungen in Italien stellen ein
Angriff auf eine breite Bewegung dar und sollen von
der massiven Kritik an der italienischen
Regierungspolitik ablenken.

Die öffentliche Solidarität mit den FIAT-
ArbeiterInnen in Termini Imerese, die
Massendemonstrationen gegen den drohenden Krieg, die
ökonomische Krise Italiens und die Machenschaften
Berlusconis und seiner rechten Koalition sollen aus
der Öffentlichkeit verdrängt werden. Ausserdem ist
das Europäische Sozialforum (ESF) als kollektive
Begegnung und Auseinandersetzung ein Erfolg gewesen.
An den Protestveranstaltungen nahmen bis zu 450 000
Menschen teil. Für die Regierung hat das Forum ein
Ärgernis bedeutet, und zwar nicht auf der Ebene der
öffentlichen Ordnung. Sie bedürfen eines Feindes,
der dem Staat den Vorwand zur Verteidigung des
jetzigen Status Quo, mit jedem notwendigen Mittel,
gibt. Regierung, Sicherheitskräfte und
Staatsanwaltschaft wollen eine gewachsene Bewegung,
die auf der Strasse und zunehmend in der breiten
Öffentlichkeit präsent ist, spalten und deren
Randgruppen kriminalisieren, ein in Italien schon
seit den 70er Jahren erprobte Methode.

Auch im Anschluss an die Proteste gegen den G8-
Gipfel in Genua im Sommer 2001 kam es zu vielen
Verhaftungen von politischen AktivistInnen, die mit
Hilfe abstruser Konstruktionen von angeblichen
Vereinigungen verurteilt werden sollen.

Der Repression gegen politische AktivistInnen wollen
wir uns entschlossen entgegenstellen!

Sofortige Freilassung der inhaftierten
GlobalisierungsgegnerInnen in Italien!
Sofortige Einstellung aller Ermittlungsverfahren
gegen politische AktivistInnen von Genua, Göteborg
und Brüssel!
Genova Libera!

Bremen, 29.11.2002

[Bremer Bündnis für die Freilassung der in Italien
inhaftierten GlobalisierungsgegnerInnen]

-----------------------------------------------
AKTIONSWOCHENENDE IN ITALIEN
In ganz Italien Aktionen gegen Sozialabbau, für
gewerkschaftliche und zivile Rechte

01.12.2002
Nach der Verhaftung von Aktivisten der Bewegung
gegen Neoliberalismus und Krieg im Süden Italiens,
wurde national zur permanenten Mobilisierung gegen
Repression, gegen den Abbau von demokratischen und
sozialen Rechten aufgerufen. Auch dieses Wochenende
war Italien nicht das Bel Paese der
Tourismusprospekte, sondern das Land der roten Sonne
und der Regenbogenfarben. Von Sizilien mit seinen
noch warmen Temperaturen bis in den kalten Norden
der Padania und von Piemont regte sich im Land der
tausend Städte der Widerstand gegen die Berlusconi
Regierung und die reaktionären Kräfte Italiens.

Der gestrige Tag gehörte nicht nur der Gewerkschaft
CGIL, die zu einer machtvollen Demonstration gegen
Sozialabbau und Kündigungsschutz in Neapel
aufgerufen hat, es war ein Tag an dem sich wiederum
die italienische Bewegung in ihrer Vielfalt zeigte.
Bereits am Freitag wurde das Aktionswochenende mit
einer 12stündigen Besetzung des Gerichts von
Catanzaro (Calabrien) eingeleitet, um sich für die
Freilassung der sich immer noch in Haft befindenden
Südrebellen einzusetzen. Seine Fortsetzung fand das
Wochenende mit der Samstagsdemonstration in Neapel,
an der 250000 Menschen teilnahmen und einer
Demonstration für die Auflösung der
Internierungslager von Immigranten, die in Turin
ebenfalls Zehntausende durch die Straßen und vor ein
Lager unserer heutigen Zeit führte, das am Corso
Brunelleschi zu finden ist. "Lager" ist dank der
nazifaschistischen Besetzung Italiens ein
Neologismus, dessen Bedeutung bis heute das
antifaschistische Bewußtsein prägt. Aus den Lagern
Italiens gingen die Transporte in die
Vernichtungslager in Deutschland und Polen. Und es
scheint, dass der gestrige Tag, an dem sich ein Teil
der Bewegung gegen das Einwanderungsgesetz der
Faschisten Fini und Bossi aussprach, das Gedicht
nicht vergessen hat, mit dem Primo Levi sein Buch
über das Konzentrationslager Auschwitz einleitete
und das bis heute nichts an Aktualität verloren hat:

Ob das ein Mensch ist

Ihr, die ihr sicher lebt
In euren warmen Wohnungen
Wenn ihr abends nach Hause kommt
findet ihr dort eine warme Mahlzeit und vertraute
Gesichter

Bedenkt dann, ob dies ein Mensch ist
Der im Morast arbeitet
Der keinen Frieden kennt
Der wegen eines halben Stücks Brot kämpft
Der auf ein Ja oder Nein sterben muss

Bedenkt dann, ob dies eine Frau ist
Die weder Haare noch Namen trägt
Die keine Kraft der Erinnerung hat
Deren Blick leer und deren Schoß kalt ist
Wie ein Frosch im Winter

Wisst, das dies alles sich ereignet hat
Ich lege Euch diese Worte nahe
Damit ihr sie in euer Herz schreibt
Wenn ihr zuhause seid oder unterwegs
Euch schlafen legt oder aufsteht

Wiederholt diese Worte euren Kindern
Dort ist das Haus zerstört
Die Krankheit lähmt euch
Und die Euren wenden das Gesicht ab von Euch ab

Luca Casarini von den Tute Bianche kommentierte
deshalb auch zurecht: "Es ist von Bedeutung, dass in
unserem Land sich der Wille erweitert hat, gegen
dieses Unrechtgesetz Widerstand zu leisten. Damit
erweitert sich auch das Bewusstsein über die Fehler
derer, welche die Aufnahmezentren wollten. Es sind
Haftanstalten, Lager, die auf der Basis ethnischer
Kriterien eingerichtet wurden, um Menschen
einzusperren, die keine Verbrechen begangen haben."
Die Demonstration in Turin fand ihre Ergänzung auch
in anderen Städten Italiens. Im südlichen Lecce
demonstrierten 400 Menschen gegen das
Internierungslager Regina Pacis. In dieser
Endstation Hoffnung, die den katholischen Namen
Königin des Friedens trägt, leben augenblicklich 185
Immigranten aus Osteuropa und Nordafrika. Eine
Delegation des Sozialforums versuchte den Gründer
und Verantwortlichen von Regina Pacis, den
Geistlichen Don Cesare Lodeserto zu sprechen, was
ihnen aber verweigert wurde. Lakonischer und
zynischer Kommentar des Pfarrers: "Wir sind
zufrieden, dass unsere Freunde nun nach Jahren
gemerkt haben, dass es uns gibt. Sicherlich waren
sie nicht da als diese Menschen hier ankamen, als es
keinen Schlafplatz gab und die Aufnahme der
Immigranten organisiert werden musste."

Auch in Neapel zeigte sich machtvoll der Widerstand
gegen die semifaschistische Regierung: Finanzgesetz,
die Aufweichung des Kündigungsschutzes, die Pläne
der Schließung von FIAT, die Reppression, die
soziale und ökonomische Lage des Südens, die
Behandlung der Immigranten. All diese Themen
brachten 250000 Menschen auf die Straße. Aufgerufen
hat die Gewerkschaft CGIL und sie sind alle
gekommen, die dieses Jahr für eine machtvolle
Bewegung gegen Neoliberalismus und kapitalistische
Globalisierung in Italien sorgten. Und es schien
nicht der immobile Süden, den Carlo Levi aus der
Zeit seiner Verbannung durch das Mussoliniregime
beschreibt, es schien die entschiedene Antwort gegen
den Versuch, die Bewegung im Süden durch eine
Verhaftungswelle einzuschüchtern. Der Süden hat mehr
denn je unter der Knute des Neoliberalismus zu
leiden. Mafia, Fabrikschließungen, Umweltzerstörung
in unvorstellbaren Ausmaßen (Naturpark Pollino),
Korruption und Repression haben sich unter
Berlusconis Federführung erneut ihr Terrain
zurückerobert. Die Demonstration war auch Signal für
viele Verzweifelte und Hoffnungslose, die keinen
Ausweg mehr sehen und tagtäglich zur letzten
Verzweiflungstat schreiten. So auch R. Bernardo, 47
Jahre, 5 Kinder aus der neapoletanischen Gemeinde
Cercola, der seiner prekären Situation überdrüssig,
sich am Mittwoch, den 28. August 2002, selbst
verbrannte. Er hinterließ eine Botschaft auf der
geschrieben stand: "Ihr seid schuld!"

Es ist ein Süden, der sich wehrt. Fiat-Arbeiter aus
Sizilien, die ihre Werke besetzen, Straßen, Häfen,
Flugplätze lahmlegen. 5 Millionen Unterschriften
gegen den Versuch, den § 18 Arbeiterstatut
abzuschaffen zeigen, wie wichtig die Arbeiter ihre
gewerkschaftlichen Rechte in den Fabriken
einschätzen. Es ist ein Süden, der wenig Illusionen
über eine kapitalistische Industrialisierung a la
Berlusconi hat. Das Superprojekt des
Möchtegerncäsaren, die Brücke von Messina, die dem
Süden Prosperiät und Arbeitsplätze schaffen soll,
ist für die bald gekündigten Fiatarbeiter sicherlich
nicht Symbol der Verbindung zweier Italien, sondern
der Verbindung von Mafia und Regierung, ein Symbol
der Zerstörung der Umwelt, der Bauruinen, der
Korruption und Kriminalität.

Die Fiatarbeiter von Pomigliano d'Arco stellten den
Kern der Demonstration: "Keine Kündigungen, Agnelli
muss zahlen!" Mit ihnen die Fiatarbeiter aus dem
sizilianischen Termini Imerese: "Generalstreik gegen
die Schließung!" und eingereiht die Arbeitslosen des
"Coordinamento della lotta per il lavoro". Eine
fruchtbare Mischung, die zeigt, dass nur ein
gemeinsamer Kampf derer draußen und derer drinnen,
die Basis für das Schaffen neuer Verhältnisse
darstellt. Wie keine andere Gewerkschaft hat gerade
die CGIL sich um die Mobilisierung der Arbeitslosen
verdient gemacht und sie mit in ihre nationalen
Aktionen einbezogen. Pomigliano, sagt ein 54jähriger
Arbeiter, "ist mehr als nur eine Fabrik. Es ist das
Hinterland des Klassenkampfes. Manchmal haben wir
gewonnen, manchmal verloren. Die Arbeiterklasse hat
in den letzten dreißig Jahren den Süden des
Fortschritts repräsentiert, der in den Kämpfen der
Taglöhner geschmiedet wurde. Deshalb geht es uns bei
der Verteidigung von Termini Imerese um mehr als nur
um die einfache Verteidigung des Arbeitsplatzes: Es
ist mehr, es unsere Geschichte und unsere
Zukunft..."

Längst schon macht die Rede von Besetzung die Runde,
nach dem Vorbild der argentinischen Arbeiter bei
Zanon, die seit mehr als sechs Monaten ihre Fabrik
besetzt halten und zur Eigenproduktion und -
verwaltung übergangen sind. Eine andere Welt ist
möglich, auch eine andere Arbeitswelt. Doch
Voraussetzung ist, dass mit den Vorstellungen von
der Zähmbarkeit des Kapitalismus gebrochen wird und
wie in Italien ein breites Bündnis aller Kräfte des
sozialen Kampfes angestrebt wird.

Dazu gehören auch Priester wie Don Vitaliano, der
Priester der Bewegung der Südrebellen. Er ist ein
Freund von Francesco Caruso, der wegen angeblicher
terroristischer Aktivitäten am 15. November
verhaftet wurde. Weil er es mit den "Kommunisten"
hält, wurde er aufgefordert, seine Gemeinde zu
verlassen und die Koffer zu packen. Er wurde von der
Amtskirche seines Amtes als Gemeindepfarrer enthoben
und in Pension geschickt. Ich gehorche, hat Don
Vitaliano gesagt aber werde von nun an mit 6-
8hunderttausend Lire im Monat mit den Arbeits- und
Obdachlosen zusammenleben. Don Vitaliano ist keine
Einzelerscheinung in italienischen Landstrichen, wo
die Trennungslinie zwischen reaktionärem Klerus und
sozial engierten Priestern und Mönchen klar zu
erkennen ist.

Für diese Breite stand gestern erneut mit großem
Erfolg die Manifestation in Neapel, die immer wieder
neu sich bildende Allianz zwischen
Gewerkschaftsbewegung und der neuen Bewegung gegen
den Neoliberalismus.

[Homepage:  http://www.megraphics.de]

-----------------------------------------------
MATTHIAS ZUCCHI : UNTERNEHMEN "GEGENSCHLAG" -
RECHTSPFLEGE MIT MUSSOLINIS HILFE

Die Verhaftung des prominenten
Globalisierungskritikers Francesco Caruso und
weiterer 19 italienischer New Globals unmittelbar
nach dem erfolgreich verlaufenen Europaeischen
Sozialforum (ESF) in Florenz hat in Italien für
heftige Kritik gesorgt. Pikanterweise wird die
Aktion der Staatsanwaltschaft Cosenza, die sich auf
den 1930 von Mussolini eingefuehrten
Strafgesetzparagraphen 270 stuetzt ("Politische
Verschwoerung durch Vereinigung zum Ziele, die
Ausuebung der Regierungsfunktionen zu stoeren,
subversive Propaganda zu verbreiten und die
bestehende Wirtschaftsordnung des Staates gewaltsam
zu unterwandern") nicht nur von der Opposition
abgelehnt. Selbst Hardliner wie Ignazio La Russa von
der postfaschistischen Alleanza Nazionale und der
exzentrische Lega Nord-Fuehrer Umberto Bossi
sprechen sich vorbehaltlos gegen eine
strafrechtliche Verfolgung wegen politischer
Meinungen aus. Innenminister Pisanu (Forza Italia)
warnt sogar davor, den "in Florenz begonnenen
positiven Dialog" mit der New Global- Bewegung zu
gefaehrden.

Auf wessen Betreiben aber ist die Verhaftung
zustande gekommen und wem nutzt sie? Dass hinter den
Verhaftungen Anti-Terror-Ermittler der Polizei
stehen, ist kein Geheimnis. Genau diese Abteilungen
sehen sich wegen ihres teils brutalen Vorgehens
gegen Globalisierungsgegner in Genua waehrend des G
8- Gipfels im Vorjahr weiter oeffentlicher Kritik
ausgesetzt. In Genua sind Prozesse gegen Angehoerige
der Sicherheitskraefte wegen Amtsmissbrauchs und
uebertriebener Haerte angelaufen. In Neapel hat die
Staatsanwaltschaft aehnliche Verfahren gegen etwa
hundert Beamte eingeleitet.

Es ist daher nicht ganz abwegig, die Verhaftung
Carusos und seiner Mitstreiter als juristische
Gegenoffensive der Carabinieri anzusehen, die den
Kameraden auf der Anklagebank den Ruecken staerken
soll. Immerhin absolvierten die Kriminalbeamten bei
ihrer monatelangen Suche nach einem bereitwilligen
Staatsanwalt einen regelrechten Giro d'Italia, da
das vorgelegte "Belastungsmaterial" - Mitschriften
abgehoerter Telefonate und V-Mann-Berichte - von
diversen Staatsanwaltschaften für unbrauchbar
erklaert wurde. Darueber hinaus laesst sich eine
Kausalitaet zwischen der riesigen Florentiner
Friedensdemonstration und der spektakulaeren
Verhaftung der Globalisierungskritiker, die im
Hochsicherheitsgefaengnis Trani sitzen, kaum
uebersehen. Nicht nur Fausto Bertinotti, der Chef
von Rifondazione Comunista, hat ein "aufkommendes
Kriegsklima in Italien" angeprangert. In Washington
und London, wo die Vorbereitungen auf einen Irak-
Krieg fast abgeschlossen sind, duerften die
pazifistischen Signale aus der Toskana wenig Freude
ausloesen. Fuer Bush und Blair ist der breite
Konsens von Florenz ein viel gefaehrlicherer Gegner
als Saddam Hussein. Gelingt es nicht, diese Allianz
des Friedens - etwa durch Kriminalisierung ihrer
Sprecher - im Keim zu ersticken, wird ihnen das
Kriegsspiel am Ende gaenzlich verleidet.

[Aus Der Freitag, Nr. 48 v. 22.11.2002;
 http://www.freitag.de/]


INFOGRUPPE BERLIN

Die Berliner Gipfelsoli-Infogruppe ist
hervorgegangen aus der Infogruppe der
Genuagefangenen. Wir sind unter  gipfelsoli@gmx.de zu
erreichen. Wir haben einen Email-Verteiler angelegt,
über den aktuelle Nachrichten zu Prozessen in
Göteborg und Genua (und andere Aktivitäten wie z.B.
die Mobilisierung zu EU-, G 8- oder Nato-Gipfeln
oder internationalen Camps) verschickt werden.
Die AutorInnen der Beiträge, so sie nicht von uns
verfasst sind, sind mit eckigen Klammern versehen.
Wir können leider keine Verantwortung für die
Richtigkeit der Beiträge garantieren.
Wenn ihr in den Verteiler aufgenommen (oder
gelöscht) werden wollt, schickt einfach eine Mail.

 

02.12.2002
Infogruppe [berlin]   [Aktuelles zum Thema: Repression]  Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht