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Grodno: Brutale Miliz in Belarus

Stas Pochobut, Vokalist der belarussischen Gruppe "Deviation", Autor der Minsker Zeitung "Navinki" und Korrespondent der russischsprachigen Webseite rockmusic.ru wurde in der Nacht zum 8. September um 3 Uhr morgens ohne Bewusstsein und mit Kopfverletzungen in die Notfallklinik in Grodno eingeliefert. Dort wurde später eine Gehirnerschütterung und ein gebrochenes Jochbein diagnostiziert.
Am späten Abend des 7. September liefen Stas und etwa 10 weitere Leute nach einer Geburtstagsfeier den Puschkinprospekt in Grodno (Belarus, an der polnischen Grenze) entlang, als neben ihnen ein Milizauto anhielt. Es folgte eine Ausweiskontrolle, im Verlauf derer Stanislav Pochobut und Aleksandr Plotskij ("der Schwede") von den Milizionären der Einheit für Innere Angelegenheiten des Leninskij Rajon in Grodno heftig geschlagen wurden.
Aleksandr kam mit einem Nasenbeinbruch davon, während Stas wegen "übermässiger Neugier" zur Wache gebracht wurde, wo die Miliz weiter auf ihn einprügelte. Eine Stunde später traf der Bruder von Stas, Andrej Pochoput, auf der Wache ein, seines Zeichens Journalist für die polnische Zeitung "Glos z-nad Nemna" und sah gerade noch, wie sechs oder sieben Milizionäre Stas aus dem Gebäude trugen und auf den Asphalt warfen. Nachdem Andrej den Zustand seines Bruders erkannt hatte, forderte er von der Miliz unverzüglich den Rettungsdienst zu rufen, wofür er in polizeiliche Gewahrsam genommen und wegen "Vandalismus" erst 24 Stunden später entlassen wurde. Ebenso wurde ein anderer Zeuge der Prügelei, Dmitrij Dulka, kurzzeitig festgenommen. Am Mittwoch soll das Verfahren gegen ihn stattfinden.
Einer der prügelnden Milizionäre, Valerij Shpakewich, erwiederte auf die Beschuldigungen gegen ihn, Stas sei lediglich hingefallen. Der stellvertretende Leiter des Milizabteilung im Leninskij Rajon weigert sich ebenfalls den tatsächlichen Sachverhalt anzuerkennen. In den Aufzeichnungen des Diensthabenden auf der Wache findet sich jedoch unter der Nummer 3158 die Notiz, dass Stas Pochobut um 0 Uhr 43 auf der Wache eingeliefert und um 3 Uhr von dort mit dem Rettungswagen wieder weggebracht wurde.
Andrej gelang es erst beim zweiten Versuch eine Beschwerde an die Staatsanwaltschaft des Leninskij Rajon einzureichen. Die erste Beschwerde, die bereits am Montag eingereicht wurde, ging angeblich verloren. Ebenso erfolgte eine Beschwerde an die Militärstaatsanwaltschaft in Grodno, da an der Prügelei Milizangehörige aus dem Militärapparat beteiligt waren.
Diese Bullenschikane ist nicht der erste derartige Vorfall. Am 29. Januar diesen Jahres hielten Milizangehörige in Zivil Boris Gorschanov, den Vokalist einer anderen Gruppe aus Grodno mit dem Namen "Antiglobalisator", und dessen Freundin Oksana auf dem Rückweg von einem Konzert an. Die Milizionäre stellten Boris mit einigen gezielten Schlägen ruhig und schleppten ihn auf die Wache. Michail Nerush, der ihnen gefolgt war, um zu erfahren was vorgefallen war und weshalb es zu der Festnahme kam, wurde 20 Minuten später ebenfalls festgenommen. Auf der Wache wurde er in der Abteilung für Schläge und Folter genötigt zu gestehen, er habe eine Garage ausgeraubt. Oksana durfte die Wache mit ihren Eltern noch am selben Abend verlassen, Borja und Misha mussten die Nacht jedoch auf den Pritschen verbringen und ein Protoll unterzeichnen, in dem sie des "Vandalismus im alkoholisierten Zustand" beschuldigt wurden. Am folgenden Morgen wurden sie zu einer Ordnungsstrafe von einem Monatsmindestlohn verurteilt. Misha musste bis zum Abend auf der Wache bleiben, da er sich geweigert hatte die Strafe zu bezahlen. Borja liess unmittelbar nach dem Verlassen der Wache ein medizinisches Gutachten erstellen und reichte eine Anzeige gegen die Milizangehörigen bei der Staatsanwaltschaft ein, die, nebenbei gesagt, ebenfalls der Milizeinheit des Leninskij Rajons angehören. Doch wurden die Ermittlungen aus "Mangel an Beweisen" nach kurzer Zeit eingestellt.
Damit die Ermittlungen in dem Fall von Stas nicht ebenfalls ins Stocken kommen und die Bullen zur Verantwortung gezogen werden können, muss unbedingt Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt und eine Infokampagne gestartet werden. Idealerweise sollten so viel wie möglich Anrufe bei der Staatsanwaltschaft eingehen, aber auch offizielle Schreiben von Organisationen per Fax. In den Schreiben sollte die Forderung deutlich werden, die schuldigen Milizionäre strafrechtlich zu belangen und die Ermittlungen schnell voranzutreiben.

Kontakte
der Bruder von Stas - Andrej Pochobut: +375-152-31 30 46, 33 46 46
e-mail:  kds-razam@tut.by ,  antyfa@mail.ru
Abteilung für Neurochirurgie in der Notfallklinik von Grodno: +375-1522-2 45 33
Staatsanwaltschaft des Leninskij Rajon in Grodno: +375-152-73 02 07
Staatsanwalt Kalinovskij Viktor Pavlovich
Diensthabender der Abteilung für Innere Angelegenheiten des Leninskij Rajon +375-152-79 74 40

Fotos von Stas nach dem Vorfall:
 http://www.razam.by.ru/actions/090902/stas1.jpg
 http://www.razam.by.ru/actions/090902/stas2.jpg
 http://www.razam.by.ru/actions/090902/ruki1.jpg
 http://www.razam.by.ru/actions/090902/ruki2.jpg
und der Schweine, die ihn so zugerichtet haben:
 http://www.razam.by.ru/actions/090902/kazly.jpg
 http://www.razam.by.ru/actions/090902/szpak.jpg

Weitere Infos - allerdings auf weissrussisch - gibt es unter
 http://www.razam.by.ru


 

11.09.2002
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