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GATS und Gebühren: Widerstand an Schulen und Hochschulen im kommenden Herbst

GATS und Gebühren: Widerstand an Schulen und Hochschulen im kommenden Herbst

Im letzten Semester gab es zahlreiche Proteste an Schulen und Hochschulen in
Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen, Thüringen
und weiteren Bundesländern. Bald sind die Ferien vorbei – wie wird es
weitergehen? Das Netzwerk Education is not for sale hat im kommenden Jahr
einiges vor. So startet es am 13.9. und 14.9. das neue Schuljahr mit der
Veranstaltung „Forum Bildung“ und einem „Bildungsblock” bei dem
Aktionstag der Gewerkschaftsjugendverbände und Attac in Köln.

Bildung als Ware

Widerstand gegen jede Art von Bildungsgebühren ist wichtig, daher haben wir
die Proteste gegen Studiengebühren unterstützt und dies werden wir auch
weiterhin tun. Es ist uns aber wichtig, die Entwicklungen, die zur Einführung von
Studiengebühren führen, nicht aus dem Auge zu verlieren. Für Torsten Bultmann
(Geschäftsführer des BdWi, Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler, www.bdwi.de ) sind Studiengebühren ein "zentrales Kettenglied,
ökonomische Selbstanpassung der Subjekte, institutionelle Modernisierung der
Hochschulen und gesellschaftliche Märkte miteinander zu verkoppeln".
„Kurz: Sie dienen als Steuerungsinstrument in einem marktorientierten Modell,
das Autonomie auf Konsumentensouveränität beschränkt“ (Die Ökonomie der
Bildung, Christian Brütt,
 http://www.asta.tu-darmstadt.de/Referate/Zoon/zoon10/oekonomie.html ).
Selbst Wolfgang Clement gibt offen zu, dass es ihm nicht einzig und allein um
die Sanierung des Landeshaushalts geht: Er sieht in den Studiengebühren für
Langzeitstudierende, Zweitstudierende und Seniorenstudierende „ein
zukunftsbezogenes Steuerungsmodell“.

Studiengebühren sind nur eins der Merkmale der immer weiter fortschreitenden
Kommerzialisierung von Bildung. Ein weiteres Merkmal sind public-private
partnerships, die die Forschung aber auch den Unterricht beeinflussen.
In Kanada will Microsoft über die nächsten fünf Jahre hinweg 10 Millionen US
Dollar für Technologieforschung und -entwicklung an kanadischen
Universitäten bereit stellen. Ein Teil davon – 2,3 Millionen US-Dollar –
landet bei der Universität von Waterloo in Ontario ( http://www.uwaterloo.ca).
Die von Microsoft finanzierte
Canada Academic Innovation Alliance
( http://www.microsoft.com/canada/education/academic/default.mspx) soll sich über die vier Bereiche akademische
Forschung, Bildungslösungen, Kooperation mit der Wirtschaft sowie Integration
bestimmter Lerninhalte erstrecken. Die Universität von Waterloo hat aufgrund
dieses Projekts bereits den ersten Kurs gestrichen: Er wird nun ersetzt durch
einen von Microsoft finanzierten Kurs. Die Studierendenvertretung der
Universität befürchtet, dass ein Präzedenzfall geschaffen worden ist, da nicht die
Qualität des Kurses sondern die Finanzierung durch Microsoft der Grund war, das
Kursangebot zu ändern. Microsoft stellte ihre Bedingungen für die
Finanzierung und konnte sich durchsetzen. Dies ist eins von vielen Beispielen, wie eine
Hochschule in die Abhängigkeit privater Investoren gerät.

In Europa wird immer mehr über „autonome“ Universitäten und
Schulen gesprochen. In Spanien wurde den Hochschulen durch dass L.O.U. Gesetz
ökonomische Autonomie gewährt. Seit Inkrafttreten des Gesetzes hat sich der
Einfluss auf die Forschung intensiviert. Während der Sektor privat gesponserter
Kursangebote wächst, schafft das Gesetz zugleich diverse demokratische
Gremien ab. Studentisches Mitspracherecht könnte an der Durchsetzung der Interessen
potentieller privater Investoren hindern. In Österreich wurde kürzlich das
Universitätsgesetz 2002 durch den Nationalrat verabschiedet. Dieses Gesetz
soll die Autonomie der Hochschulen regeln und hebelt ebenfalls sämtliche Formen
von Mitspracherechten der Studierenden aus.
In die Schweiz will der Zürcher Regierungsrat die Studiengebühren an der
Universität auf über 1200 Franken pro Semester erhöhen können, was einer
Verdoppelung gleichkommt. Der Regierungsrat will dieses Ziel über eine Änderung des
Uni-Gesetzes erreichen. Das revidierte Gesetz sieht weitere massive
Verschlechterungen vor, zum Beispiel: Zulassungsbeschränkungen; Einführung von
kostendeckenden Gebühren für die
Nachdiplomstudien, für die Weiterbildung, für Dienstleistungen sozialer und
kultureller Einrichtungen und für den Hochschulsport; mehr Kompetenzen für
den von der Regierung eingesetzten Unirat zu Lasten der verbleibenden internen
Mitsprache, die immer mehr zu einer Farce verkommt. Als Alibi-Übung soll eine
öffentlich-rechtliche Körperschaft der Studierenden eingeführt werden, die
keine Kompetenzen und kein politisches Mandat haben wird.

Auch in Deutschland werden Schulen und Hochschulen in die Autonomie und
Selbständigkeit entlassen. Gewünscht und gefördert wird diese Entwicklung von
einer aktiven Lobby zur grundlegenden Änderung des Bildungssystems. Eine der
treibenden Kräfte in Deutschland sind die Bertelsmann-Stiftung und das von der
Bertelsmann-Stiftung gegründete CHE (Centrum für Hochschulentwicklung,
 http://www.che.de ). Die Bertelsmann-Stiftung hat in Zusammenarbeit mit dem
Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
im Anschluss an ihr über die letzten Jahre laufendes Projekt „Schule &
Co.“ im August 2002 das Modellvorhaben „Selbständige Schule“
(mehr Infos und eine Liste der teilnehmende Schulen:
 http://www.selbststaendige-schule.nrw.de ) begonnen. Den Schulen soll ermöglicht werden, mehr eigene
und unabhängige Entscheidungen zu treffen. So soll z.B. verstärkt nach
Sponsoren Ausschau gehalten werden. Das CHE treibt die Kommerzialisierung im
Hochschulbereich voran. Aber auch der Stifterverband (www.stifterverband.org ),
eine Stiftung mit Führungskräften von EON und Oetker im Vorstand, fordert
ununterbrochen Studiengebühren und public-private partnerships. Die Entlassung in
die Autonomie ist nichts anderes als eine Falle, die zu mehr Abhängigkeit von
privaten Wirtschaftsunternehmen führt (Mehr Infos, GEW Duisburg:
 http://www.gew-duisburg.net/s_s_site/index.html und  http://www.libasoli.de/bertelsmann/
.

Proteste

In NRW gab es viele Proteste gegen Studiengebühren im letzten Semester, aber
es gab auch Aktionen die mehr auf die Hintergründe des Themas eingingen.
Auch in diversen Streikresolutionen in NRW und in dem Aufruf zur Großdemo mit
35.000 TeilnehmerInnen am 08. Juni in Düsseldorf wurde auf diese Hintergründe
eingegangen. Am 28.06.02 gab es eine Demonstration in Köln gegen die
Kommerzialisierung von Bildung und das GATS-Abkommen (General Agreement of Trade in
Services, ein WTO Vertrag, mehr Info:
www.education-is-not-for-sale.org , www.gats-kritik.de und www.gats.de ).
Am gleichen Tag besuchten 80 SchülerInnen und Studierende dass CHE in
Gütersloh um deren Rolle beim neoliberalen Umbau des Bildungswesens anzuprangern. Am
10. Juli streikten viele SchülerInnen des Clauberg-Gymnasiums in Duisburg
gegen das Projekt Selbständige Schule. Ihre Schule möchte sich im kommenden Jahr
am Projekt beteiligen. Auch in anderen Städten und Bundesländern gab es
Aktionen gegen die oben genannten Entwicklungen.

Proteste im Herbst

Eduction is not for sale ist ein offenes Netzwerk aktiver Gruppen in vielen
Ländern. Im Moment wird versucht die Zusammenarbeit zwischen den Gruppen zu
verbessern. Nach den Aktionen zur europaweiten Protestwoche im Dezember 2001,
wird an weiteren europaweiten Aktionstagen für das kommende Semester
gearbeitet. Anfang des Semesters werden wir uns mittels eines Workshops an der PGA
Konferenz in Leiden beteiligen und auch beim Europäischen Sozial Forum in
Florenz im November dieses Jahres werden wir uns aktiv einbringen.

In Deutschland wollen wir am 13.9. mittels eines Forum Bildung in Köln (Mehr
Info
www.education-is-not-for-sale.org ) die nächste Phase des Protests starten.
In vier Workshops, zwei Plena und einer anschließenden Podiumsdiskussion
wollen wir über die Kommerzialisierung von Bildung diskutieren, mögliche
Strategien dagegen und auch eigene Vorstellungen von Bildung, wie wir sie haben
wollen, entwickeln. Am nächsten Tag (14.9.) wird es einige Aktionen geben, sowie
einen Bildungsblock während der Demo der Gewerkschaftsjugend und Attac. Dies
soll der Auftakt einer Reihe von Aktionen im kommenden Semester und Schuljahr
sein.


13. September, ab 10. Uhr: Forum Bildung
FH Köln, Standort Süd, Claudiusstraße 1
(Übernachtungsmöglichkeiten ab 12. September möglich, mehr Infos:
www.education-is-not-for-sale.org )

14. September, ab 14 Uhr: Bildungsblock auf Demo Her mit dem schönen Leben
Rudolfplatz, Köln. Haltet dort Ausschau nach einem lila Transparent mit der
Aufschrift Education is not for Sale und lauscht der Ansage im Anschluss an
die Kundgebung. Es wird auch noch Überraschungsaktionen geben.
(Mehr Infos über den Bildungsblock: www.education-is-not-for-sale.org )

--
EU-wide protestcampaign in 2002:
Education is not for sale!
 http://www.education-is-not-for-sale.org

Independent news from student- and schoolstudent activists:
 http://education.portal.dk3.com/

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04.09.2002
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