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Neues Projekt gegen Arbeitszwang, Ämterstress & Hartzer Käse

Neues Projekt gegen Arbeitszwang, Ämterstress & Hartzer Käse

Egal, wie sie es immer nennen: Jobaktiv, Hartz Komission oder Ich AG -
letztendlich geht es darum , uns zu immer schlechteren Bedingungen an die
Arbeit zu bringen...

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Wer von uns kennt diese Situation nicht ? Eines schönen Morgens stehst Du
auf und findest Post vom Amt. Mit den höhnischen Worten: "Ich freue mich,
Ihnen folgende Arbeitsstelle vorzuschlagen..." wird Dir mal wieder
angeboten, irgendeinen Scheiss- Job, auf den Du gar keinen Bock hast,
annehmen zu müssen. Entweder geht es um eine der sinnlosen Maßnahmen, die
Dir sowieso nur die Zeit stehlen, oder Du wirst an einen Sklavenhändler
vermittelt, der Tarif für ein asiatisches Brettspiel hält. Und die
Bedingungen werden immer beschissener...
Die klassische "Vollbeschäftigung" wird es wohl nie mehr geben. Dennoch wird
sie uns von PolikerInnen jeglicher Coleur immer wieder als das
erstrebenswerte Idealziel verkauft, als ob wir es jemals geliebt hätten,
jeden Tag in aller Herrgottsfrühe in irgendeine Fabrik zu rennen, um uns den
größten Teil des Tages von irgendwelchen Chefs herumscheuchen zu lassen.
Arbeitsplätze um ihrer selbst willen sind völlig unsinnig. Die auch von
vielen ArbeitnehmerInnen immer wieder geäußerte Forderung nach "mehr Arbeit"
meint indessen eigentlich etwas ganz anderes: Einkommen. Und das ist auch in
Zeiten des offensichtlich immer geringer werdenden Bedarfs an Arbeitskraft
nach wie vor an Lohnarbeit gekoppelt. Die Maxime "wer nicht arbeitet, soll
auch nicht essen", die in letzter Konsequenz denjenigen, die für den
Produktionsprozess nicht mehr verwertet werden können, das Recht auf Leben
abspricht, wird kaum hinterfragt. Stattdessen wird den Arbeitslosen selbst
höhnischerweise die Schuld an ihrer miesen Situation gegeben. Dazu
entwickelt sich in Wellen eine regelrechte Hetze gegen Arbeitslose. Immer
wieder meinen sich diverse PolitikerInnen profilieren zu müssen mit dem
Geschwätz von der "sozialen Hängematte", der "Vollkaskomentalität" der
ArbeiterInnen oder dem zu geringen Unterschied zwischen den Niedriglöhnen
und der Arbeitslosenunterstützung. Bezeichnenderweise kommen sie dabei nicht
auf die Idee, etwa die Löhne zu erhöhen. Und wenn Arbeitslosigkeit in erster
Linie ein Problem der Arbeitsunwilligkeit der Arbeitslosen ist, dann muss
man ihnen natürlich Beine machen.
Um das Funktionieren des gegenwärtigen Systems, indem Unternehmen mit der
Zielsetzung maximale Gewinne zu erzielen, in ständigem Konkurrenzkampf
zueinander stehen, zu gewährleisten, ist es unabdingbar, Menschen an die
Arbeit zu bringen, und das zu möglichst geringen Kosten. Dies gilt nach wie
vor, auch wenn der Bedarf an Arbeitskraft sinkt. Und das ist auch der
Hauptgrund, warum am Verhältnis Arbeit/Einkommen nicht gerüttelt wird. Der
Zwang zur Arbeit oder zumindest dazu, sich jederzeit für diese bereithalten
zu müssen, stellt das effektivste Mittel dazu dar, das warenorientierte
System am Laufen zu halten .
Je tiefer die Motivation sinkt, zu immer schlechteren Bedingungen zu
malochen, desto mehr Zwang muss gegen Arbeitslose angewandt werden, auf
Marketingdeutsch: desto mehr muss man fordern. Gleichzeitig muss eine
stärkere Hetze gegen angeblich zu faule Arbeitslose inszeniert werden. Die
Faulenzerpropaganda wird immer wieder bemüht, um Maßnahmen durchzusetzen,
mit denen die gesamtwirtschaftlichen Kosten der Arbeitslosigkeit sowie das
Lohnniveau verringert werden können. Was als Faulheit gebrandmarkt wird, ist
im wesentlichen der Versuch, die Ware Arbeitskraft nicht unter Wert zu
verschleudern. Je tiefer der Lohn fällt, desto desto "fauler" müssen die
LohnarbeiterInnen werden. Die Weigerung, jeden Drecksjob anzunehmen, ist in
Wirklichkeit Widerstand von Arbeitskräften gegen ihre rücksichtslose
Ausbeutung.
Eine Vorreiterrolle bei der Durchsetzung neuer Methoden zur
"Disziplinierung", von der Schaffung von vielfältigen Konkurrenzsituationen
über die Aushebelung von Tarifbestimmungen bis hin zur radikalen Streichung
der lebensnotwendigen Bezüge spielt seit jeher das Arbeitsamt. Je effektiver
sich diese Methoden durchsetzen lassen, desto beschissener werden die
Bedingungen für uns. Eines ist klar: Durch sie wird kein einziger
Arbeitsplatz geschaffen. Für die Gesamtsituation spielt es keine Rolle, ob
Arbeitnehmer A oder Arbeitnehmerin B die offene Stelle bekommt. Zentraler
Punkt ist vielmehr, denjenigen, die ohne Arbeit sind, das Leben so sauer wie
möglich zu machen, um sie letztendlich jeden Drecksjob zu jeder noch so
beschissenen Bedingung anzunehmen zu lassen. Oftmals soll auch der Druck auf
die Betroffenen so stark werden, dass sie auf ihnen zustehende
Sozialleistungen "freiwillig" verzichten.Dies beginnt bereits in den Ämtern
selbst: Nicht selten müssen Arbeitslose Stunden damit zubringen, auf
überfüllten Korridoren zu warten, nur um dann erklärt zu bekommen, dass noch
irgendein Papier oder ein Beleg fehlt - wenn sie denn überhaupt im richtigen
Büro landen und nicht zu hören bekommen: "Dafür bin ich nicht zuständig" und
unversehens zur nächsten Stelle weitergereicht werden, um wieder zu warten.
Viele von uns kennen das seltsame Phänomen, daß sich in den frühen
Vormittagsstunden in den Büros nichts zu regen scheint, während kurz vor
Feierabend die Wartenden im Minutentakt "abgearbeitet " werden. Wartezeiten
auf Bewilligungsbescheide von mehreren Monaten sind keine Seltenheit, als ob
wir es uns leisten könnten, wochenlang ohne Einkommen zu sein.
Seit Jahren werden die sogenannten Zumutbarkeisregelungen ständig
verschärft. Der Sinn der angebotenen Jobs kann dabei häufig in Frage
gestellt werden. Dies gilt insbesondere für die unsäglichen
Bewerbungstrainingsmaßnahmen, bei denen von Betroffenen ein regelrechter
Seelenstriptease verlangt wird, und für die Mehrzahl der ABM-Jobs. Hier wird
in großem Stil Arbeit simuliert und der Begriff "Beschäftigung" auf seinen
eigentlichen Wortsinn zurückgeführt: Die Leute werden irgenwie beschäftigt,
man stiehlt ihnen Ihre Zeit und bezahlt sie dafür schlecht. Bis zur
Bereitschaft, stattdessen einen Job im "Billiglohnsektor" anzunehmen, ist es
von da aus nur ein kleiner Schritt. Erstaunlicherweise wird die
Notwendigkeit einers solchen Billiglohnsektors trotz ständig steigender
Produktivität kaum in Frage gestellt.
Eine weitere immer wichtiger werdende Rolle bei der Durchsetzung
schlechterer Arbeitsbedingungen spielen Jobs bei Zeitarbeitsfirmen. Das
Lohniveau in diesen Klitschen lässt zurecht Vergleiche mit Sklavenarbeit zu.
Bruttostundensätze (!) von oftmals 6 oder7 ? sind wohl eher als Gnadenbrot
denn als Lohn zu verstehen. Im Vergleich zu früher bieten diese
Knochenmühlen häufig unbefristete Arbeitsverträge an, was den Ausstieg aus
diesen "Arbeitsverhältnissen" beinahe unmöglich macht. Wer kann schon nach
eigener Kündigung 3 Monate auf Stütze verzichten? Bei der anschliessenden
Neuberechnung auf Grundlage des zuletzt erzielten "Einkommens" bleibt uns
vom Gnadenbrot nur noch die schimmlige Rinde. Hinzu kommt, daß Zahlungen von
Urlaubs oder gar Weihnachtsgeld in diesen Buden nicht zu erwarten sind. Im
Zusammenhang mit der Hartz Komission wird zwar hin und wieder behauptet, die
neu zu schaffenden Zeitarbeitsjobs (zentraler Punkt des Hartz-Konzepts)
würden tariflich bezahlt werden, aber die Infos von heute werden bereits
morgen wiedr dementiert und irgendwie fehlt uns auch der Glaube daran.
Noch krasser sind die Bedingungen in den sogenannten GZA Jobs, die es bisher
nur für SozialhilfeempfängerInnnen gibt. Laut Angaben der Arbeits- und
Sozialämter sind von den rund 2,7 Millionen Sozialhilfeempfängern nur etwa
700.000 bis 800.000 erwerbsfähig. Von diesen arbeiten 400.000. Sie säubern
Parks, mähen öffentliche Rasenflächen, fegen Straßen usw., und dies für
einen Stundenlohn von 1,50 ? !!! Nicht nur die lächerliche Bezahlung,
sondern auch der oftmals erniedrigende Charakter der Arbeiten sollen die
Betroffenen zur Annahme unterbezahlter Scheissjobs gefügig machen. Zukünftig
soll diese Form von Arbeitszwang von den Sozialhilfeempfängern auch auf die
wesentlich höhere Zahl von Arbeitslosen ausgeweitet werden.
Ex-Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) forderte in seiner
Funktion als Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission, dass jugendlichen
Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen, die gemeinnützige Arbeit ablehnen,
die finanzielle Unterstützung vollständig gestrichen wird. Auch Schröder
kündigte Pläne zur Zusammenführung von Arbeitslosenunterstützung und
Sozialhilfe an. Wie sich das auf die Lebensbedingungen von Arbeitslosen, die
noch beim Arbeitsamt sind, auswirken wird, können wir uns lebhaft
vorstellen.
Seit 2002 gibt es das neue Job Aktiv Gesetz. Danach sind die Arbeitsämter
künftig verpflichtet, bereits beim ersten Kontakt mit dem Arbeitslosen -
spätestens aber bei der Arbeitslosmeldung - alle Daten umfassend zu
ermitteln, die für eine "schnelle und gezielte Vermittlung" erforderlich
sind. Als ob es Jobs in Hülle & Fülle gäbe, die nur darauf warten, endlich
besetzt zu werden! Dieses - zu neudeutsch - "Profiling" soll gemeinsam mit
den Arbeitslosen durchgeführt werden.
Wenn unklar ist, auf welche Beschäftigung sich die Vermittlung konzentrieren
soll, oder wenn Zweifel an der Eignung für einen neuen Job bestehen, kann
dies mit besonderen "Maßnahmen" geklärt werden. Der Begriff "Maßnahme" ist
hier durchaus wörtlich zu nehmen, es soll "Maß genommen" werden, wie es um
unsere Verwertbarkeit bestellt ist und wieweit wir bereit sind, unsere
Ansprüche herunterzuschrauben.
Die gemeinsam erarbeitete "individuelle Vermittlungsstrategie" soll
anschließend in einer sogenannten Eingliederungsvereinbarung festgehalten
werden. In ihr ist fixiert, welche Aktivitäten das Arbeitsamt für eine
schnelle berufliche Eingliederung unternimmt. So kann zum Beispiel die
Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme, die Zuweisung in eine
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder die Zusage eines Lohnkostenzuschusses an
einen potenziellen Arbeitgeber vereinbart werden. Hier werden also praktisch
Unternehmen verbilligte Arbeitskräte zugeschanzt, welche wiederum die
interne Konkurrenz mit der Stammbelegschaft anheizen. Die Vereinbarung
regelt aber auch, welche konkreten Eigenbemühungen der Arbeitslose bei der
Jobsuche unternehmen muss, wie zum Beispiel die Auswertung des Stellenteils
der Tagespresse, der Besuch eines jener berüchtigten Bewerbungstrainings
oder Bewerbungen in Eigeninitiative. Für den/die Arbeitslose(n) besteht zwar
kein Zwang zum Abschluss der Eingliederungsvereinbarung. Klar ist aber auch:
Wenn eine Vereinbarung nicht zustande kommt, bleibt es - wie bisher - dabei,
dass das Arbeitsamt über Fördermaßnahmen allein entscheidet,
Vermittlungsvorschläge unterbreitet und von dem Arbeitslosen jederzeit den
Nachweis seiner "Eigenbemühungen" verlangen kann. Nach wie vor müssen
deshalb Arbeitslose, die eine zumutbare Arbeit oder Eingliederungsmaßnahme
unberechtigt ablehnen oder die sich nicht selbst ausreichend um einen neuen
Job bemühen, mit dem Wegfall beziehungsweise dem zeitweisen Verlust der
Leistung rechnen.
Unter anderem auf diesen Wegen soll ein neues Lohngefüge auf niedrigstem
Niveau installiert werden. In diesem sollen Arbeitslose dann als
Parkwächter, Hundeausführer, Fahrradkuriere, Schuhputzer, Wagenwäscher usw.
den Besserverdienenden dienen. Andere Arbeitsverhältnisse auf dem Weg zum
angstrebten Niedriglohnsektor sind zum Beispiel umsonst arbeitende
PraktikantInnen, Scheinselbstständige, scheinheilig angeprangerte
SchwarzarbeiterInnen, 630,--Jobs, oftmals über Subunternehmen beschäftigte
ArbeitsimmigrantInnen oder StudentInnenjobs. Das ist als Angriff auf
diejenigen zu werten, die sich noch in sogenannten
"Normalarbeitsverhältnissen" befinden. Die Botschaft an sie heisst: Wer noch
die Frechheit besitzt, auf Tariflöhnen oder Arbeitszeitregelungen zu
bestehen, fliegt.
Von Zeit zu Zeit wird Ihnen gar noch das Märchen aufgetischt, von den
eingesparten Lohnkosten würden neue Arbeitsplätze geschaffen - ein Märchen,
daß durch die realen Erfahrungen der letzten Jahre jedoch zunehmend als
solches erkannt wird.
Es dürfte wohl allen klar sein, dass wir uns gegen diese miesen
Machenschaften nur organisiert wehren können. Ein Schritt dazu kann unserer
Meinung nach ein reger Austausch von Erfahrungen und Informationen sein.
Unsere Idee ist es, zu diesem Thema ein Forum für alle zu betreiben, die von
den geschilderten Zuständen betroffen sind. Wir wollen Tipps und Kniffe
sammeln, wie mensch sich den übelsten Auswüchsen des Arbeitszwangs entziehen
kann. Dies kann jedoch nur mit Eurer phantasievollen Mithilfe funktionieren
! Das Forum und unsere Website findet Ihr unter
 http://www.arbeitszwang.de .Die Seite soll jedoch mehr als eine Hotline für
akute Individuallösungen sein. Vielmehr stellen wir uns einen regen
Erfahrungsaustausch zu den vielfältigen Aspekten des Arbeitszwangs vor.
Besondere Schwerpunkte sollen dabei geschicktes Taktieren bei
Arbeitsvermittlungen und Bewerbungsgesprächen und bei der Abwiegelung von
GZA-Jobs sein.
Als genausowichtig erachten wir die Möglichkeit von Leuten, die sich in der
Tretmühle von Dreckjobs jeglicher Coleur befinden, sich über ihre Situation
und ihre Kämpfe auszutauschen. Hierbei interessieren auch regionale
Unterschiede und Mechanismen der Ausbeutung.
Zunächst wollen wir dazu einen möglichst breitgefächerten Wissensstamm
aufbauen. Dazu haben wir das Forum eingerichtet. Es ist an der Zeit, sich
nicht länger von dubiosen, gewerkschaftsnahen, Erwerbslosengruppen vertreten
zu lassen sondern sich direkt zu organisieren ! Wir wollen Sand im Getriebe
der Mächtigen sein, bis ihre Maschine zum Stillstand kommt und wir sie
übernehmen und selbst gestalten können. Die Perspektive kann nur die
Abschaffung des kapitalistischen Wirtschaftssystems sowie die konsequente
Organisierung von unten sein.

Homepage:  http://www.arbeitszwang.de

 

01.09.2002
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Soziale Kämpfe]  Zurück zur Übersicht

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