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Losheim / Merzig: Pressegespräch über die aktuelle saarländische Asylpolitik

Die versuchte Abschiebung des 21-jährigen Kurden Tahsin Özdemir aus der
psychiatrischen Klinik in Merzig sorgt für heftige Reaktionen. Nachdem
die saarländische Innenministerin bei Ihrem Pressefrühstück jede Kritik
zurückgewiesen hat, haben ihr jetzt die behandelnden Ärzte der
SHG-Klinik öffentlich widersprochen (Saarbrücker Zeitung, 6.Juli). Unter
anderem ist die Rede von Nötigung durch die Vertreter von Ministerium
und Polizei.

Heftige Reaktionen gab es auch gegenüber dem Unterstützerkreis der Fam.
Özdemir und der AKTION 3.WELT Saar in Form von Drohanrufen,
Beschimpfungen und Verleumdungen etwa im Gästebuch der Internet-Seite
der Familie Özdemir. Dies gipfelte am Samstag-Morgen darin, dass eine
Scheibe im Haus der AKTION 3.WELT Saar eingeworfen wurde.

Wir laden Sie ein zu einem
Pressegespräch über die aktuelle saarländische Asylpolitik
Mittwoch, 10. Juli 2002, 15 Uhr
Saarlouis
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Neumeier & Partner
Zeughausstraße 7b

Als Gesprächspartner stehen zur Verfügung
Peter Nobert, Rechtsanwalt von Tahsin Özdemir
Roland Röder, AKTION 3.WELT Saar

Die Stellungnahme der Ärzte ?Keine Flucht aus der Psychiatrie? können
Sie auch nachlesen auf der Internetseite: www.familie-oezdemir.de,

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.


Mit freundlichen Grüßen

Gertrud Selzer

- Dokumentation -
Saarbrücker Zeitung (Ausgabe Merzig), 6./7.Juli 2002

Keine Flucht in die Psychiatrie
Repräsentanten der SHG-Klinik kritisieren Innenministerium

Empörung in der SHG-Klinik Merzig. Nach der Festnahme eines 21 jährigen
Kurden am Montagvormittag in der psychiatrischen Abteilung des Merziger
Krankenhauses kritisieren zwei Ärzte und ein Diplom-Psychologe das
saarländische Innenministerium. Das bezieht sich sowohl auf das Vorgehen
bei der Festnahme als auch auf die spätere öffentliche Schilderung des
Geschehens durch das Ministerium.

Wie berichtet, war Thasin Özdemir in der Psychiatrie festgenommen und
dann zum Frankfurter Flughafen gebracht worden. Auf einen Beschluss des
Verwaltungsgerichts hin, wurde die laufende Abschiebung jedoch am
Nachmittag gestoppt, Thasin Özdemir zurück in die Merziger Klinik
gebracht. Laut Innenministerium hat er sich durch die "Flucht" in die
psychiatrische Behandlung einer strafrechtlichen Verhandlung "entzogen",
ein "offensichtlicher Missbrauch der ärztlichen Inanspruchnahme".

Für die zuständigen Ärzte Martin Kaiser und Bernd A. Wunn, sowie dem
behandelnden Diplom-Psychologen Bernhard Morsch eine bloße "Behauptung",
der sie "mit Entschiedenheit" entgegen treten. Ihre Darstellung: "Herr
Özdemir selbst wollte seinerseits wegen der anstehenden
Gerichtsverhandlung der stationären Aufnahme zunächst nicht zustimmen,
da er sich dieser nicht entziehen wollte." Die stationäre Aufnahme sei
sogar erst "nach beharrlichem Einwirken des behandelnden Arztes"
erfolgt.

Die drei versichern ferner, dass sie die Vertreter von Ministerium
und Polizei "mehrfach" auf die "dringende stationäre
Behandlungsbedürftigkeit" sowie die "bestehende Selbstgefährdung" des
Patienten hingewiesen haben. Laut Innenministerium soll bei der
Festnahme zumindest eine "hochgradige" Selbstmordgefahr nicht
vorgetragen worden sein. Ein später von der Klinik eingereichtes Attest,
aus dem die hochgradige Selbstmordgefahr eindeutig hervorgeht, sei für
das Innenministerium zunächst "missverständlich" gewesen. Für die Ärzte
und den Psychologen hatte das Attest hingegen "die in solchen dringenden
Eilfällen erforderliche und medizinisch hinreichende Substanz".

"Besonders" wichtig ist den Repräsentanten der Klinik außerdem, dass
trotz mehrfacher Aufforderung "keinerlei Schriftstück vorgelegt wurde,
dass die Rechtmäßigkeit der Festnahme hätte bestätigen können". Alle
medizinischen Einwände seien mit der Begründung abgewiesen worden, dass
sie einer Abschiebung nicht entgegen stünden. Insgesamt erlebten die
drei eine Situation mit "Überrumpelungscharakter". Letztendlich hätten
sie kooperiert, um Schaden von Özdemir und den anderen Patienten der
Psychiatrie abzuwenden.

Morsch geht noch weiter: Er fühlt sich von den handelnden Beamten
"genötigt", weil er seine Patienten auf die Abschiebung habe vorbereiten
müssen. Und in seinem therapeutischen Auftrag "missbraucht", denn er
habe Özdemir der gleichen psychischen Belastung aussetzen müssen, die er
bei der Abschiebung seiner Familie schon einmal erlebt hatte.

AKTION 3. WELT Saar Weiskirchener Str. 24 66679 Losheim am See
Telefon 06872 / 9930-56 Fax - 57 eMail: a3wsaar@t-online.de

 

08.07.2002
Aktion 3.Welt Saar   [Email] [Aktuelles zum Thema: Antirassismus]  Zurück zur Übersicht

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