nadir start
 
initiativ periodika archiv adressbuch kampagnen aktuell

Argentinien: Indy Argentina zum Staatsterror

Asesinos!
Stellungnahme von Indymedia Argentina zu den Ereignissen vom 27.6.02
 http://argentina.indymedia.org/news/2002/06/33437.php

Vor drei Monaten hat Dario uns stolz einen Berg aus Erde mit einer Fahne
oben drauf gezeigt. Fünfzig Familien haben mitgeholfen, den Berg zu
besetzen. Letzte Woche hat er uns gesagt, dass die Leute jetzt dort wohnen
können.
Dario war 21 Jahre alt - heute ist er von den Bullen ermordet worden. Die
Komplizenschaft der Medien, die stürmischen Erklärungen der ZivilbeamtInnen
stellen sich gegen die unvergessliche Gestalt dieses jungen Kämpfers. Seine
Ermordung wird für immer damit stigmatisiert sein, dass uns ein guter
Genosse weggenommen wurde. Dario ist so gestorben wie er gelebt hat. Als
eine Kugel ihm das Leben nahm, hat er einem am Boden liegenden verletzten
Freund geholfen. So werden wir ihn für jeden Tag unseres Lebens in
Erinnerung behalten.

Dario Santillan vom MTD Lanus und Maximiliano Costeki vom MTD Pte. Peron,
beide vom CTD Anibal Veron, sind die ersten Opfer des neuen Regimes in
Argentinien.

Heute hat die Regierung ihr wahres Gesicht gezeigt. Am Morgen hat sie alle
Gebiete militarisiert, wo Proteste stattfinden sollten. Sie haben die
Infantrie mobilisiert, die Bundes- und Provinz-Polizei, die
Marinestreitkräfte, schwere Tanks und Helikopter. Von jetzt an ist dies das
wirkliche politische und soziale Herrschaftssystem von Duhalde.

Auf der Brücke La Noria konfrontierte eine für den Krieg ausgerüstete
Polizei die DemonstrantInnen. Sie haben die Leute davon abgehalten, an der
Mobilisierung teilzunehmen. Auf der Brücke Alsina sind diejenigen, die die
Brücke überquert haben, aufgehalten und die AktivistInnen zur Rückkehr in
die Hauptstadt gezwungen worden. Auf der Panamericana-Strasse haben sie den
Zug der arbeitslosen Menschen abgeschnitten. Das gleiche ist in Liniers
passiert, wo den DemonstrantInnen verboten worden ist, in Richtung des
Ministeriums für soziale Aktion zu gehen.

Auf der Brücke Pueyrredon wurde eine wilde Repression ausgelebt, dort haben
sie die beiden jungen Piqueteros getötet. Es war die größte Blockade, für
die sich 5.000 Menschen selbst mobilisiert haben. Als die DemonstrantInnen
angekommen sind, wendeten die Bullen eine Strategie an, um den Zug in zwei
Teile zu spalten und bald begann eine willkürliche Repression, bei der
Männer, Frauen und Kinder angegriffen wurden.

Die Proteste sind im Zentrum von Avellanda zerstreut worden, wo sich
dramatische Szenen abspielten. In der Station von Lanus ist einer der
Genossen ermordet worden, seine Leiche ist zusammen mit mehreren Verletzten,
die auch von Bleikugeln getroffen wurden, in der Mitte des Bahnsteigs
zurückgelassen worden. Die Organisationen der Arbeitslosen haben sechs durch
Kugeln Verwundete gezählt, aber sie haben nicht ausgeschlossen, dass es mehr
sind. Die Bilder brechen uns das Herz, es ist wie in einem Bürgerkrieg.
Männer und Frauen haben sich gegen die Waffen, die Kugeln und die Gase
verteidigt so weit sie konnten. Im Spital von Fiorito waren 90 Verletzte,
von denen 17 dort behalten wurden. In die Bullenstation von Avellanda sind
189 Menschen eingeliefert worden. Die meisten von ihnen wurden bei einer
Hexenjagd verhaftet, gefangen wie in der Inquisition des Mittelalters. Eine
Stunde nachdem die Repression begonnen hat, war es in der Gegend immer noch
schwierig zu atmen.

Mittendrin ist eine Gruppe von Leuten auseinandergetrieben, eine andere
Gruppe verhaftet worden. Es ist eine glatte Lüge, dass nur Piqueteros mit
Waffen verhaftet worden sind. Die Gefangenen haben erklärt, dass sie von
Zivilbullen belastet worden sind. Jeder Versuch, die arbeitslosen Menschen
zu kriminalisieren, muss zurückgewiesen und als Versuch blossgestellt
werden, das neue Regime zu legitimieren.

Die Medien sprechen auf zynische Weise von den `tragischen Piqueteros´, die
Regierung behauptet, dass es sich hier um keine Mobilisierung sondern um
eine Provokation handelt. Die Bullen behaupten, dass `die Kugeln nicht von
uns gekommen sind´, nachdem `fortschrittliche´ JournalistInnen, wie
Tognetti, angedeutet haben, dass die Piqueteros bewaffnet gewesen seien. Wir
wissen, dass dies eine Lüge ist. Wir haben Kugeln, die wir selbst vom Boden
aufgesammelt haben. Wir haben gesehen, wie sie unsere Freunde ermordet
haben. Wir haben Beweise auf Film und Fotos. Wir klagen die Regierung von
Argentinien und ihre Polizei vor der ganzen Welt des Mordes an.

Nach der Repression, während mehrere Menschen im Spital und auf
Polizeiwachen festgehalten werden, ist etwas geschehen, das den wahren
Charakter dieses Tages zeigt. Wenige Meter vom Spital weg, in der
Bransen-Strasse 1200, sind die Bullen ohne Warnung und ohne
Durchsuchungsbefehl in das Büro der Vereinigten Linken eingebrochen, wo sich
50 Menschen versammelt haben. Sie stürmten hinein und feuerten mit Gummi-
und Bleigeschossen und Tränengas. Einen Genossen haben sie gekidnappt,
während andere über das Dach entkommen konnten. Als eine Person
herausgekommen ist, zeigte sie uns eine Kugel in die Kamera, die sie nur um
wenige Zentimeter vefehlt hat. Es war eine Bleikugel. Das Haus daneben ist
ebenfalls angegriffen worden, und nur die Intervention einer Gruppe von
Menschen, die sich dort versammelten, hat eine Tragödie verhindert. Wir alle
haben gesehen, was sie getan haben. Sie haben sich verhalten wie unter der
Diktatur: plündern, prügeln, morden, entführen. Die ganze Welt wird es
erfahren. Die ganze Welt wird herausfinden, dass das neue Regime in
Argentinien aus dem extremen Hunger und der Repression entstanden ist.

Die Antwort kam unmittelbar. Trotz der Kampagne der Massenmedien haben die
Mobilisierungen in der Hauptstadt begonnen, und zumindest auch in Cordoba,
Rosario, Lujan, Neuquen und La Plata. Am Donnerstag Morgen hat die CTA einen
Aufruf an die Arbeitslosen gerichtet und alle Organisationen der
arbeitslosen Menschen haben sich selbst für 4 Uhr nachmittag zum Kongress am
Plaza de Mayo mobilisiert. Zur Mobilisierung, die heute unterdrückt worden
ist, wurde aufgerufen, um Nahrungsmittel und die Auszahlung von
verlangsamten oder verweigerten Hilfsgeldern einzufordern, um Respekt für
die Autonomie der Arbeitslosen-Organisationen zu fordern und die Freiheit
von Raul Castells. Die Mobilisierung forderte auch, dass `sie alle gehen
sollen´.

Von heute an werden die Namen und Gesichter von Dario und Maximiliano in
geteilter Geste bei jeder unserer Mobilisierungen, in jeder Gegend, bei
jeder Vesammlung mit uns sein. Unsere Freunde Dario Santillan und
Maximiliano Costeki sind hier, jetzt und für immer.

Argentina Indymedia Editorial Group


 

27.06.2002
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Repression]  [Schwerpunkt: Aufstand in Argentinien]  Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht