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Bielefeld: Leitern aller Länder vereinigt euch! Demo gegen Repression

Am Sa 22.6 gibts ab 14 Uhr auf dem Bielefelder Jahnmplatz eine Demo gegen Polizeirepression, weil ein Mann einen Strafbefehl über 500 Euro erhalten hat, weil er angeblich am 20.8.01(Global action day) eine nicht angemeldete Demo geleitet haben soll. Polizeilicher Beweis: Der Mann hat ein Transparent festgehalten, das sei, so die Staatsanwaltschaft eindeutig eine Leitungsfunktion.

Hintergrund:
Wer ohne Leiter auf ne Demo geht, wird, wenn die Polizei es will, selbst dazu

Im August letzten Jahres versammelten sich am global action day (20.8)ca. 10 Personen am Jahnplatz in Bielefeld, um schweigend dem von der italienischen Polizei während des G-8 Gipfels erschossenen Demonstranten Carlo Giuliano und der damals immer noch inhaftierten Demonstranten zu gedenken. 2 Personen hielten währenddessen ein Transparent hoch. Aufsehen erregte das nicht. Einkaufende BürgerInnen gingen recht teilnahmslos vorbei.. Nur die Bielefelder Polizei, die gleich mit einer halben Hundertschaft anrückte, widmete dem Geschehen höchste Aufmerksamkeit. Nach einer halben Stunde war das Geschehen vorbei.

Das Nachspiel: Der Strafbefehl!
Einer der beiden Personen, die das Transparent festhielten, erhielt einen Strafbefehl über satte 500 Euro, weil er angeblich die Versammlung leitete, sie aber vorher nicht bei der Polizei anmeldete.
Um dieses zu ermitteln, machte es sich die Polizei recht einfach. Man nehme aus dieser Menge von 10 Personen die Personen raus, die man am besten kennt und diejenigen, die am aktivsten erscheinen (Transparent fest-halten). Wenn es zwischen beiden Gruppen personelle Überschneidungen gibt, hat man schon mal einen oder mehrere Täter gefun-den. Um nun auch noch die Straftat zu finden, verlegt man sich auf philosophische Deutungen. So heißt es in der Anzeige, daß in diesem Fall unsere Rechtsordnung geschädigt sei, weil es einen Mann gab, der ein Transparent festhielt. Diesen müsse man - so die Polizei - als Demonstrationsleiter ansehen, schließlich habe sich kein anderer Leiter gemeldet und weder Demo noch ein ggflls. anderer Leiter sei bei der Polizei angemeldet gewesen.
Und siehe da, schon ist eine Straftat herbeigedeutet worden. Denn tatsächlich steht im Versammlungsgesetz drin, daß sich die Person strafbar macht, die eine Versammlung leitet, ohne sie vorher anzumelden.

Transparentfesthalten=Demoleitung?
Da spielt es dann für die Polizei auch keine Rolle, daß sich niemend von der Demo betroffen fühlte und die Polizei sowieso viel früher von der Demo wußte als deren TeilnehmerInnen resp. der angebliche Leiter. Nicht nur, daß die Polizei bei ihrer Suche nach Kriminalität im linken Teil der Gesellschaft Gesetze als Selbstzweck betrachtet; die Krönung absurder Ermittlungstätigkeit ist jedoch der Versuch, aus dem simplen Festhalten eines Transparentes zu schließen, dies sei eine leitende Tätigkeit.

Polizei will Obrigkeitsstaat
Bedenklich ist weiter das Verhalten von Staatsanwaltschaft und Amtsrichter, die tatsächlich ein Verfahren eröffnen wollen. Weit gefehlt hat jedoch, der/die nur Dummheit dahinter vermutet. Es darf durchaus ein Zusammenhang dahinter gesehen werden, daß es ausgerechnet die Person trifft, die vor 1 Jahr durch drei Instanzen einen Prozeß wegen Nötigung anläßlich des Bielefelder Polizeikessels von 1998mgewonnen hat. Politischer Streitpunkt war damals, ob eine nicht formgerechte Demonstrationsanmeldung einen so brutalen Polizeieinsatz rechtfertigen könne. Die Polizei kann es einfach nicht ertragen, wenn Leute ohne vorherige Anmeldung öffentlich ihre Meinung sagen. Um solch obrigkeitsstaatliches Verhalten durchzusetzen, wird das Versammlungsgesetz noch repressiver ausgelegt als es ohnehin schon ist. Für die Erhöhung solcher Kriminalisierungsenergie spricht auch ein weiteres Verfahren wegen „zu später Demonstrationsanmeldung" gegen eine Person, die spontan eine Versammlung gegen den Naziaufmarsch in Bielefeld anmeldete.

Wir lassen uns unseren Willen, dann und auf die Art und Weise unsere Meinuing zu sagen, wann und wie wir es wollen, nicht nehmen. Richtschnur dabei ist unsere Freiheit und die Freiheit anderer Menschen und das vernünftige Maß dazwischen. Und dieses Maß ist in der Regel nicht das was Polizei und Staatsanwaltschaft wollen.

Am Samstag, 22.Juni findet ab 16 Uhr eine Demo statt, sie ist angemeldet und hat ganz ganz viele Leitern.

Zum Vormerken:
Prozeßtermin:17.7.02, 12Uhr 30, Amtsger. Bielefeld, Raum 4056

 

20.06.2002
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: ÖffentlicherRaum]  Zurück zur Übersicht

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