nadir start
 
initiativ periodika archiv adressbuch kampagnen aktuell

Berlin: Landgericht: Wehrpflicht schränkt Gewissensfreiheit ein


Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär
Kopenhagener Str. 71 - 10437 Berlin - Tel: 030/4401300 - Fax: 030/44013029
e-mail:  info@Kampagne.de WWW:  http://www.Kampagne.de/

Presseinfo-Nr.: 16/02
Datum: 14.05.2002
Redaktion: Ralf Siemens

-----------------------------------------------------------------------

Landgericht: Wehrpflicht schränkt Gewissensfreiheit ein

Die 21. Strafkammer des Berliner Landgerichts hat gestern die
Berufung des totalen Kriegsdienstverweigerers Dirk Schwieger gegen
seine erstinstanzliche Verurteilung zu 40 Arbeitsstunden in einer
gemeinnützigen Einrichtung verworfen. Das Amtsgericht Berlin-
Tiergarten verurteilte ihn im Januar 2001, da er den Straftatbestand
der Dienstflucht erfüllt habe. Fünf Monate nach Dienstbeginn hatte
er im April 1999 aus Gewissensgründen seinen Zivildienst in Hamburg
abgebrochen, da er erkannt hatte, dass der Zivildienst im Rahmen
der zivil-militärischen Verteidigungsplanung ebenfalls ein Kriegsdienst
ist.

Rechtsanwältin Gabi Heinecke aus Hamburg führte in ihrem Plädoyer
aus, dass das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus
Gewissensgründen grundsätzlich einen höheren Schutz genießt als die
Pflicht zur Erfüllung der Wehrpflicht im Zivildienst. Solange die
Rechte Dritter nicht unverhältnismäßig eingeschränkt würden, gelte das Grundrecht auf Gewissensfreiheit grundsätzlich uneingeschränkt.
Sie plädierte deshalb aufgrund seiner Gewissensentscheidung auf
Freispruch.

Der Vorsitzende Richter Mitczajka stellte hingegen in einer
bemerkenswert obrigkeitsstaatlichen Begründung fest, dass der Staat
das Grundrecht auf Gewissensfreiheit zum Zwecke der "Verteidigung"
einschränken dürfe. Der Staat brauche Planungssicherheit und müsse
sich auf seine Dienstleistenden verlassen können. Dies gelte auch
für den Bereich der zivilen Verteidigung. Selbstverständlich sei
auch der Zivildienst ein Wehrpflichtdienst zum Zwecke der militärischen
Verteidigung. Zu Recht stellte das Gericht fest, dass auch anerkannte
Kriegsdienstverweigerer mit ihrem Zivildienst einen Kriegsdienst
leisten. Deshalb könne sich Dirk Schwieger, trotz vorliegender
Gewissensgründe, nicht ohne "Züchtigung" aus dem Zivildienst
entfernen. Das Gericht verwarf seine Berufung und bestätigte die
Entscheidung des Amtsgerichts, Dirk Schwieger zu verurteilen.

 

15.05.2002
Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär [homepage]   [Email] [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  Zurück zur Übersicht

Zurück zur Übersicht