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Hamburg: Gegen den Naziaufmarsch in Lübeck!

Den Heuchlern Beine machen...
gegen den Naziaufmarsch in Lübeck!

Die Empörung über die Bombardierung Lübecks, die die Nazis am 30. März 2002 auf die Straße tragen wollen, zielt auf eine Leugnung der deutschen Kriegsschuld. Am 60. Jahrestag des Geschehens soll die darin enthaltene Täter/Opfer-Verkehrung eine aktuelle politische Bedeutung entfalten.

Die rechte Propaganda beharrt seit Jahrzehnten auf der These des Präventivschlages, die besagt, dass die Wehrmacht mit ihrem Überfall auf Polen nur kurz der bevorstehenden Annexion durch Sowjetrussland zuvorkam. Der deutsche Vernichtungskrieg soll in einen Verteidigungskrieg umgedeutet werden. Die Bombardierung deutscher Großstädte war nur das logische Resultat aggressiver deutscher Kriegsführung. Es wird versucht, die Einzelschicksale der Deutschen Großstädter als Mord an Unschuldigen darzustellen; da die deutsche Bevölkerung nicht willens war, diesen Vernichtungskrieg zu stoppen die Deutschen hielten bis zum Ende treu zu ihrem Führer-, mussten von den Alliierten alle Mittel aufgeboten werden, dieses zu tun.

Vernichtungskrieg und Shoah rechtfertigten das alliierte Eingreifen: Deutsche Täter sind keine Opfer!

Die industrielle millionenfache Vernichtung der europäischen Juden und anderer Gruppen die auch während der Bombardierung Lübecks in den osteuropäischen Vernichtungslagern ungehindert weiterlief- rechtfertigte das Eingreifen der Alliierten. Die Mehrheit der Deutschen stimmte - aus unterschiedlichen Motivationen - der nationalsozialistischen Propaganda zu, die Mehrheit der Deutschen hatte unter dem Banner des völkischen Nationalismus die Kriegstreiberei unterstützt und hatte zu antisemitischen Pogromen geschwiegen oder sich beteiligt; die Mehrheit wußte, daß Millionen ihrer Mitmenschen in KZs bestialisch mißhandelt und ermordet wurden. In jedem Fall ergibt sich für uns aus der Beschäftigung mit der deutschen Geschichte nur die Konsequenz, für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der eine Wiederholung dieser Verbrechen ausgeschlossen ist. Dies bedeutet auch, für eine Erinnerungskultur zu streiten, die dem Gedenken der Opfer gerecht wird und beständig die Frage aufwirft, weshalb die Masse der Deutschen Shoah und Vernichtungskrieg bejahte. Die Neonazis versuchen, die gewiss zum Teil traumatischen Erfahrungen der Bombardierungen nun in eine breit akzeptierbare Form des Gedenkens zu überführen. Es soll an eine immer stärker werdende politische Kultur appelliert werden, die die Bestialität der deutschen Schuld relativiert und aus diesem Geschichtsbild eine neue, kollektive deutsche Identität zu schaffen..

Doch unser politisches Anliegen besteht nicht darin, dem Bomber Harris zuzujubeln. Wir wollen den Blick auf die rassistischen und militaristischen Kontinuitäten dieser mörderischen deutschen Geschichte lenken. Die Forderung "Nie wieder Krieg von deutschem Boden aus" muß wieder die Grundlage der Debatte bilden.


Der deutliche Fingerzeig auf die britische Urheberschaft der Befreiung Lübecks (und die darin ausgedrückte Ablehnung der Militärpolitik speziell der westlichen Alliierten) schließt an eine hochaktuelle Debatte an.
Die berechtigte Kritik am militärischen Vorgehen der USA und ihrer Verbündeten in Teilen Asiens und Afrikas artikuliert sich in Deutschland aus der bürgerlich-nationalistischen Position des wieder souveränen, aufgerüsteten und ebenfalls auf außenpolitische Expansion drängenden Deutschlands. Diese hat keine Kritik an den Militärschlägen sondern an den US- amerikanischen "Alleingängen". "Geopolitische" Aspekte des in einer neuen "Mittellage" befindlichen Deutschland werden ebenso betont wie die Forderung nach Interventionsverbot für "raumfremde" Mächte.

Die nationalistische Kritik am militärischen Vorgehen der USA artikuliert sich in der bürgerlichen Forderung nach der Durchsetzung eigener, souverän definierter deutscher Interessen; zunehmend setzt sich aber auch die neurechte Variante eines leicht zu durchschauenden "Multikulturalismus" durch, die unter dem Banner des Völkerschutzes platten Antiamerikanismus propagiert. Die rechte Strategie kann sich nahtlos in die Nörgelei der deutschen, selbstbewussten Mitte über "amerikanische Alleingänge" einfügen.

Konsens in allen Beiträgen von neuer und radikaler Rechter bis zur bürgerlichen Mitte ist die Neuorientierung an der "Durchsetzung souverän definierter nationaler Interessen".

Während die Nazis die Opfer der Bombardierungen bejammern, sind sie in die bündnispolitische Offensive gegangen, indem sie an den konservativ- rechtsradikalen Schulterschluss der Proteste gegen die Wehrmachtsausstellung anknüpfen. Die Wehrmachtsausstellung hat sich als integrierendes Feindbild für die gesamte extreme Rechte, über das revanchistische Lager der Vertriebenenverbände bis hin zu konservativen Kreisen der CDU und FDP erwiesen.
In CDU-Reihen herrscht ein ungebrochen positiver Bezug auf den deutschen Militarismus, hier wurden im Rahmen der Diskussionen um die Wehrmachtsausstellung und die "Ehre der deutschen Soldaten" Abgrenzungen zu Neonazis aufgeweicht.
Auf diesen strategischen Vorstoß in das bürgerliche Lager hinein möchten die Neonazis aufbauen; die Ehrenrettung der Wehrmacht korrespondiert mit der Selbstinszenierung als unschuldig Leidtragende alliierter Aggression und soll zu einer weiteren Verankerung im Diskurs der bürgerlichen Mitte führen.

Auschwitz ist keine Begründung für "humanitäre" Kriegseinsätze! Unsere Verantwortung ist es, die Kontinuitäten der deutschen Geschichte aufzuzeigen und die deutsche Kriegspropaganda und ihre interventionistischen Ziele als geostrategisch motivierte Machtpolitik zu entlarven!
Den Nazis nicht die Geschichte überlassen!


Wir wollen möglichst zahlreich den Nazis in Lübeck zeigen, daß wir weder ihr Geschichtsverständnis noch ihre physische Präsenz auf der Straße dulden wollen!

Vorbereitungs- und Informationstreffen für alle Interessierten am Mittwoch, den 27. März um 20 Uhr in der "Planwirtschaft", Klausstraße 10 in HH-Altona.
Treffpunkt zur gemeinsamen Fahrt - mit Autos oder Bahn ist Samstag, 30. März, 8 Uhr am Bahnhof Sternschanze.

V.i.S.d.P.: J. Schneider, Schweffelstraße 6, 24118 Kiel

 

18.03.2002
avanti-hamburg   [Email] [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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