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Heilbronn: 9. März - Demo gegen Videoüberwachung und Sicherheitswahn


9.3.2002 - 13.00 h - Hauptbahnhof Heilbronn

GEGEN VIDEOÜBERWACHUNG UND SICHERHEITSWAHN !
FÜR EIN UNKONTROLLIERTES LEBEN !


Im Rahmen des baden- württembergischen ,,Modellprojektes" sollen ab Frühjahr
2002 mehrere Plätze der Heilbronner Innenstadt videoüberwacht werden.

_sicher und sauber_

Die High- tech- Kontrolle wird eingebettet sein in das städtisch-
polizeiliche Konzept der ,,Sicheren City" . Unter diesem Motto wird bereits
seit Jahren
zum Kampf gegen ,,Kriminalität" geblasen und für ,,Ordnung" gesorgt: Im Zuge
der Umwandlung der Innenstadt von ,,öffentlichem Raum " zur hochpolierten
Konsummeile sollen große Teile der City endgültig zur ,,No-go-area" für alle
werden, die das reibungslose Funktionieren behindern und die Stimmung beim
Shoppen versauen könnten. Polizei und private Security- Trupps verjagen
fleißig
Obdachlose, Junkies, Punks und Skater aus dem Citybereich und sind ständig
auf
der Jagd nach ,,Schmierfinken" und Graffiti- Sprayern.

Die Selbstinszenierung der ,,sauberen " Stadt bedeutet Ausgrenzung
gesellschaftlicher Randgruppen und all jener, die nicht der ,,Norm"
entsprechen oder
von denen sich ,,anständige" Durchschnittsdeutsche in ihrem Abschottungswahn
gegen das ominös ,,Andere" irgendwie bedroht fühlen. Diese
Sicherheitshysterie
ist dabei extrem rassistisch aufgeladen : MigrantInnen sind grundsätzlich
immer ,,auffällig" und müssen als potentielle DrogendealerInnen im Auge
behalten werden. Bei der Verteidigung der ,,Inneren Sicherheit" steht alles
,,Nicht-Deutsche" überall und vor allem in der City unter Generalverdacht!

Videoüberwachung ist zum einen Herrschaftsprojekt, sie dient der Verdrängung
und Einschüchterung objektiv ,,Unbrauchbarer" und ,,Störender" und setzt
disziplinierend Normen durch. Es wird nicht nur der ,,Unnütze" ausgegrenzt,
sondern auch der Druck auf jeden als ,,Beobachteten" erhöht, eine Atmosphäre
der
Selbstkontrolle und Anpassung entsteht.

Zum anderen entspricht sie dem zwanghaften Bedürfnis der Bevölkerung nach
,,Sicherheit" und Abwendung des ,,Bösen", ,,Kriminellen", das ständig
bedroht
und betrügt.
Das bürgerliche Subjekt sehnt sich nach der Geborgenheit einer
gleichgeschalteten Kontrollgesellschaft und hat immer Angst, es lebt vom
Ressentiment und
dem Fingerzeig auf das ,,Schlechte" und ,,Fremde". Im Überwachungs-und
Sicherheitswahn sind ,,Herrschende" und ,,Beherrschte" vereint!

_repression und polizeistaat_

Seit den Anschlägen am 11. September 2001 hat die Aufrüstung im Namen der
,,Inneren Sicherheit" neue Dimensionen erreicht. Der militärischen
Aufrüstung
und Aggression der BRD nach außen entspricht eine verschärfte ,,law and
order"- Politik im Inneren.

Unter dem Deckmantel der ,,Terroristenbekämpfung" werden Überwachungssysteme
perfektioniert und polizeistaatliche Maßnahmen etabliert: Sicherheitspakete,
Rasterfahndung, Ausweitung der Befugnisse von Verfassungsschutz, BND, BKA
und BGS, Speicherung biometrischer Daten, § 129 b, zentrale Datenbanken für
,,unliebsame" Personenkreise usw. Die ersten, die diese Hochrüstung zu
spüren
bekommen, sind momentan Flüchtlinge und MigrantInnen, die ohnehin schon
rassistische Sonderbehandlung und Stigmatisierung über sich ergehen lassen
müssen.
Propagandistisch als Suche nach ,,islamistischen Schläfern" inszeniert,
verstärkt der Staat die Abschottung von nicht verwertbaren Flüchtlingen mit
noch
rigiderer Abschiebepolitik, Überwachungsmechanismen, Einreiseverboten und
Gesinnungschecks.

Das nach den Terroranschlägen geschaffene Instrumentarium ist keine
,,Zäsur", sondern die als Notwendigkeit verkaufte Fortführung einer Tendenz
hin zu
einem autoritären Staat, der wieder direkt repressiv vorgeht. Der
Nationalstaat
als Garant der Rahmenbedingungen für den Kapitalismus setzt in zunehmendem
Maße nicht mehr auf Integration und Befriedung, sondern auf totale Kontrolle
und Beherrschung. Er weiß dabei die Mehrheit der Bevölkerung auf seiner
Seite
und kann um so effektiver gegen Feindbilder und Widerspenstiges vorgehen.

_für eine radikale linke!_

Videoüberwachte Innenstädte und polizeistaatliche Aufrüstung richten sich
(momentan) nicht gezielt gegen emanzipatorische Bewegungen und sind auch
nicht
als ,,präventive Aufstandsbekämpfung" misszuverstehen. Sie sind Teil und
Ausdruck der Formierung einer hochtechnologisierten Kontrollgesellschaft,
die
rassistisch ausgrenzt, kriminalisiert und repressiv Widersprüche einebnet.

Dieses Konzept steht unseren Vorstellungen eines solidarischen,
unkontrollierten und selbstbestimmten Lebens entgegen. Es engt allerdings
auch zunehmend
die politischen Handlungsmöglichkeiten und die Rahmenbedingungen für
radikale
Gesellschaftskritik ein.
Wurden polizeistaatliche Methoden und Überwachungstechniken traditionell
gegen die Linke angewandt, so soll heute in der ,,schönen neuen Welt" jeder
Widerstand gegen die kapitalistische Ordnung unmöglich gemacht und
kriminalisiert
werden. Die totale Aushebelung des Demonstrationsrechtes im Rahmen der NATO-
Konferenz in München im Februar, das erstmalige Verbot der revolutionären
Berliner 1.Mai- Demo letzten Jahres und die Polizeischüsse auf
,,GlobalisierungsgegnerInnen" in Göteborg und Genua lassen Böses erahnen.

Im Kampf gegen Sicherheitswahn und Polizeistaat geht es darum nicht nur um
die Abwehr einer normierten, autoritären Kontrollgesellschaft, sondern auch
um
das Fortbestehen linker Gesellschaftskritik und der Möglichkeiten,
antikapitalistischen Widerstand praktisch zu organisieren.

(antifa Z heilbronn, februar 2002)

demonstration : 9. März 2002 - 13.00 Hauptbahnhof Heilbronn

antifa Z hn
postfach 2204
74012 heilbronn
( aa_hn@gmx.de)

 

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