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Berlin: Rasterfahndung ausgerastert

RefRat-Pressemitteilung vom 22.01.02
Rasterfahndung ausgerastert

Am 22. Januar hat das Landgericht Berlin die seit dem 20. September durchgeführte Rasterfahndung an Hochschulen und anderen öffentlichen Einrichtungen für rechtswidrig erklärt und die Beschlüsse des Amtsgerichts Tiergarten aufgehoben, das die Rasterfahndung angeordnet hatte. Der ReferentInnenrat der Humboldt-Universität zu Berlin begrüßt diesen Bescheid und beglückwünscht den Verfahrensbevollmächtigten Sönke Hilbrans (Mitglied der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V.) zu dem Erfolg.
Nach Monaten der Panikmache und des Krieges in Afghanistan hat der Sicherheitswahn der Bundes- und der Länderregierungen einen empfindlichen Dämpfer erhalten.

Der politische und auch juristische Kampf der Studierendenschaft der Humboldt-Universität gegen rassistischen Populismus und staatliche Repression hat damit erste Früchte getragen. Seit Oktober informiert der ReferentInnenrat die Öffentlichkeit über die ungeheuerlichen Vorgänge im Zusammenhang mit der vorgeblichen Fahndung nach "arabischen" Terroristen. Parallel dazu hat die Vertretung der Studierenden der Humboldt-Universität Betroffene ausführlich beraten und ihnen juristischen Beistand zur Seite gestellt, sowie Protestveranstaltungen zum Thema organisiert.

Neben hoher Presseaufmerksamkeit und einer breiten Solidarisierung mit den stigmatisierten KommilitonInnen hat der Beschluss des Landgerichts Berlin nun auch das dritte Standbein der Kampagne, den juristischen Weg, als richtig bestätigt.

Im Beschluss des Landgerichts wird unter anderem darauf hingewiesen, dass zur Begründung so einschneidender Maßnahmen, wie einer Rasterfahndung die "...Berufung auf nicht näher überprüfte Angaben geheimdienstlicher Quellen" nicht genüge. Statt dessen wird auf die Informationspolitik der Bundesregierung verwiesen. Dort wird seit Monaten betont, dass es keine Erkenntnisse für eine akute Gefahr in Deutschland gebe. Genau diese müsse aber nachgewiesen sein, um die eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen zu rechtfertigen.

Angesichts dieser Analyse des Gerichtes fühlen sich die VertreterInnen des RefRat in ihren früheren Annahmen bestätigt, bei der Rasterfahndung handele es sich um einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Letztlich diente diese populistische Stimmungsmache der schon lange geplanten Ausdehnung von Ermittlungs- und Kontrollkompetenzen, insbesondere vor dem Hintergrund der geschürten Hysterie.

Oliver Stoll, Referent für das Politische Mandat: "Wir sind sehr zufrieden, dass die Beschwerden der Betroffenen und der Universität Erfolg haben. Wir erwarten nun, dass die Behörden entsprechend handeln, d. h. die rechtswidrig gesammelten persönlichen Datensätze vernichten. Wir bestehen auf Offenlegung der Verwendung der Daten und den Nachweis ihrer vollständigen Vernichtung."

Sarah Ernst, Co-Referentin für Öffentlichkeit: "Wir fühlen uns in der bisherigen Arbeit bestätigt und werden auch in Zukunft staatlichen Rassismus mit allen Mitteln, politischen und juristischen bekämpfen."


Jana König, Referentin für Hochschulpolitik, weist auf die bundesweite Bedeutung dieser juristischen Entscheidung hin. "Wenn das Landgericht der Hauptstadt Berlin feststellt, dass die Rasterfahndung keine rechtliche Grundlage hat, erwarten wir dieses Verbot auch für das gesamte Bundesgebiet."

Ansprechpartner für Rückfragen: Sarah Ernst und Jan Fischer (Öffentlichkeitsreferat)

Tel.: +49-30-20 93-26 03 o. 26 14
 refrat@refrat.hu-berlin.de;  http://www.refrat.hu-berlin.de

 

24.01.2002
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