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BRD: PE des RAV zum geplanten Kriegseinsatz


12. Nov. 01

Presseerklärung des Republikanischen Anwältinnen- und
Anwältevereins zum beabsichtigten Kriegseinsatz der Bundeswehr

Die deutsche Bundesregierung hat am 6. Nov. 01 mitgeteilt, dass sie
3.900 Bundeswehrsoldaten für einen Einsatz "gegen den Terrorismus"
bereitstellen will. Der Bundestag soll mit einer Generalermächtigung am
15. Nov. 01 die Bundesregierung zum Kriegeinsatz legitimieren. Die
genannten möglichen Kriegseinsatzorte umfassen fast die halbe Welt. Die
Bundesregierung will sich dabei auf die Entschließungen des
Sicherheitsrates 1368 und 1373 und das Selbstverteidigungsrecht nach
Art. 51 der UN-Charta stützen.

Der RAV hält die Entscheidung der Bundesregierung für politisch falsch
und rechtlich unzulässig. Die völkerrechtlichen
Mindestanforderungen für einen Kriegseinsatz liegen nicht vor.

Der Krieg gegen Afghanistan hat schon jetzt zahllose zivile Todesopfer
gefordert. Flüchtlinge irren durch das Land und versuchen, über die
allseits geschlossenen Grenzen zu fliehen. Die USA haben entgegen
früheren Angaben erklärt, es könne sich um einen langjährigen Feldzug
handeln, der sich keinesfalls auf Afghanistan beschränken müsse.

Die Bundesrepublik Deutschland ist entgegen aller Behauptungen weder
völkerrechtlich verpflichtet, sich militärisch an der Bekämpfung des
Terrorismus zu beteiligen, noch sind Militärschläge mit oder ohne der
Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland zulässig. Die Entschließungen
1368 und 1373 des Sicherheitsrates legitimieren den Krieg in Afghanistan
ebensowenig wie das Selbstverteidigungsrecht gemäß Art. 51 der
UN-Satzung.

Der Sicherheitsrat hat in seinen Entschließungen 1368 und 1373 keine
Ermächtigung zur Gewalt erteilt. Er ruft lediglich dazu auf, die
Attentäter und Ihre Helfer vor Gericht zu stellen und Maßnahmen gegen
den Terrorismus auf dem Gebiet des verpflichteten Staates oder im Wege
polizeilicher oder justizieller Zusammenarbeit vorzunehmen. Auch wurden
die Voraussetzungen des Selbstverteidigungsrechtes nach Art. 51
UN-Charta nicht festgestellt. Festzuhalten ist, dass die Charta die
Selbstverteidigung gegen eine bloße Friedensbedrohung als solche wurden
die Attentate von New York bezeichnet - nicht vorsieht.

Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages können die Entscheidung über
die Beteiligung an Militärschlägen nur dann treffen, wenn sie über die
hierfür erforderlichen Informationen verfügen. D.h. sie müssen davon
überzeugt sein, dass

- Usama bin Laden für die Anschläge verantwortlich ist,
- die Taliban ihm die Vorbereitung von Anschlägen in Afghanistan erlaubt
haben,
- dass von Afghanistan weitere Anschläge drohen,
- dass diese durch Militärschläge verhindert werden können,
- dass die geplanten Militärschläge nicht über das unbedingt dafür
erforderliche Maß hinausgehen,
- und dass das der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 12.
Juli 1994 (BverfGE 90. 286) genüge getan wird, wonach der Bundestag dem
"konkreten Einsatz" der Bundeswehr zustimmen muß.

Die bisher vorliegenden Informationen setzen die Bundestagsabgeordneten
nicht in den Stand, eine Entscheidung auf der Grundlage dieser Kriterien
am 15. 11. 01 zu treffen. Die Desinformationspolitik der USA und der
Bundesregierung lassen zudem die öffentliche Auseinandersetzung um eines
der grundlegendsten Entscheidungen der deutschen Politik nach 1945 nicht
zu.

Eine ausführliche völkerrechtliche Stellungnahme des RAV ist auf der
Homepage unter www.rav.de erhältlich oder über

Kontakt: RA Wolfgang Kaleck (Vorstand des RAV) Tel. 030 44 67 92 0; RA
Hannes Honecker (Geschäftsführer RAV) Tel. 030 21 75 60 03


 

12.11.2001
Republikanischer Anwältinnen- und Anwältevereins   [Aktuelles zum Thema: Antimilitarismus]  [Schwerpunkt: WTC / Pentagon]  Zurück zur Übersicht

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