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Zittau/ Sachsen: Stadt kapituliert endgültig vor Nazis

30.10.2001
PRESSEMITTEILUNG

Zittau kapituliert endgültig vor Nazis

Als sich der Zittauer Stadtrat am 25.Oktober 2001 mehrheitlich für
einen Erbbaupachtvertrag über 33 Jahre mit dem Naziverein "Nationaler
Jugendblock Zittau e.V." (NJB) entschieden hat, war die Kapitulation
Zittaus, vor seinen Nazis perfekt. Von dem Haus auf der Südstraße 8
sind in der Vergangenheit immer wieder rassistische Übergriffe
ausgegangen, außerdem ist das Haus ein überregionaler Anlaufpunkt für
Nazis.

Wie Toleranz und Akzeptanz gegenüber Nazistrukturen aussehen kann, das
haben die Zittauer Verantwortlichen in der letzten Woche gezeigt. So
sind diese in dem Glauben, dass sich die "Jungs", die ab zu und zu mal
von einigen JournalistInnen als Nazis abgestempelt wurden, geändert
haben. Es herrscht gar eine Art väterlicher Umgang mit den Nazis.
Werden doch auch immer diese Hammerargumente vorgezeigt, wie die
akzeptierende Jugendarbeit. In Zittau immer noch praktiziert, aber es
sind doch weniger geworden. Immerhin wurden 2 der 3 Sozialarbeiterjobs
in der Südstraße gestrichen, der letzten stellt die Arbeiterwohlfahrt,
die für 2002 den Rückzug angekündigt hat (dieser ist übrigens seit
Wochen krank). Wie ein ehemaliger Sozialarbeiter Schoofs in der
Frankfurter Rundschau vom 27.10.2001 zu Zittau berichtete,
würden "Sozialarbeiter [.] nur gebraucht, wenn einer von denen Schulden
habe".

Insgesamt hat die Stadt vor den Nazis kapituliert. Die Unterstützung
hat schon 1991 begonnen, als dem NJB das Haus auf der Südstraße 8 für
80 DM/Monat vermietet wurde. In der Folge waren rassistische Übergriffe
wie 1999 der Fall, zum Beispiel als 40 Nazis eine Party von Lesben und
Schwulen überfielen. Mehrere Menschen wurden verletzt und die Party
musste durch die Polizei abgebrochen werden. Der damalige
Oberbürgermeister Jürgen Kloß (CDU), nahm seine Schützlinge von der
Südstraße gar in Schutz: "Die Homosexuellen sollten doch froh darüber
sein, dass sie hier überhaupt feiern dürfen." Als dann im Mai 2001 die
Zittauer Wohnungsbaugesellschaft mbH das Haus wegen Baufälligkeit
gekündigt hatte, war ein Licht am Horizont. Der NJB drohte prompt mit
Gewalt und konnte ein paar Wochen später, die Behörden mit dem
möglichen Umzug in das Zittauer Nobelviertel, der Lessingstrasse
beeindrucken. Für die Behörden wieder einen Grund mehr, sich aktiv um
die Nazis einzusetzen. OB Kloß war schon längst abgezogen, als der
Neue, Arnd Voigt (Freie Wähler) mit dem Erbbaupachtvertrag lockte. Was
dann noch aus dem Bild musste, war die Satzung des NJB's. So kümmerten
sich die Behörden zusammen mit dem NJB um eine neue Satzung sowie ein
Nutzungskonzept. Dieses enthält jedoch so schwammige Formulierungen,
dass diese auch von Naturschutzverbänden genutzt werden könnten. Am
25.10. wurde dieser nun beschlossen, übrigens der erste
deutschlandweit, den eine Stadt mit einer Nazigruppierung abgeschlossen
hat. Ein Erbbaupachtvertrag ist laut der Verordnung eine nichtkündbare
Übergabe von allen Eigentümerrechten. Laut Stadtrat sind jedoch einige
Auflagen gesetzt. Wie der OB unglaubhaft versicherte bestehen keine
Gemeinsamkeiten zwischen dem im Landkreis recht aktiven Kreisverband
der NPD und dem NJB; diese seien auch "nicht nachvollziehbar". Der
Zittauer Sozialbürgermeister Jürgen Löffler sagte jedoch, dass das Haus
auch für den Fall an die Stadt zurückfällt, falls "das
Bundesverfassungsgericht die NPD verbiete". Etwas widersprüchliche
Aussagen.

Wie die Zittauer Behörden und die Stadträte die Nazis vom NJB noch
verharmlosen, wurde auch bei der Stadtratssitzung noch einmal
verdeutlicht. Offenbar hatten einige Druck auf die Stadträte verübt,
diese werteten es gleich als Drohungen und "Linksextremistischen
Terror". Ein Demokratieverständnis ist bei diesen Menschen offenbar
nicht vorhanden. So sollten auch Nazis vom NJB vor dem Stadtrat
sprechen, dieses wurde aber vom Oberbürgermeister abgelehnt, da auch 3
Linksextremisten im Zittauer Rathaus protestierten und dieser Angriffe
von den bösen Linksextremisten vermutete. Der Staatsschutz seie
daraufhin alarmiert worden. Für den Oberbürgermeister noch ein Grund
mehr die lieben Enkel aus der Südstraße zu unterstützen.

Protest kam nicht nur von bösen Linksextremisten, sondern auch von
einem Gremium “Bündnis für Demokratie und Toleranz“, wo alle
Bundestagsfraktionen ein Mitglied haben. Diese hatte sich einstimmig
gegen das Nazihaus an Zittau gewandt. Doch Zittaus OB hatte auch hier
eine für ihn passende Antwort. „die Absender kennen die Situation vor
Ort nicht“. In Zittau wird sich bald wieder die Lage beruhigen; eine
Ruhe die spätestens beim nächstem Übergriff von Nazis erschüttert wird,
aber keine Konsequenzen haben wird. Rechtsextreme Strukturen dermaßen
zu unterstützen, dass sie ein 33-jährigen Erbbaupachtvertrag über ein
großes Haus und Fördergelder vom Landkreis bekommen, gleicht einer
Kapitulation.

a.i.k.o. - autonomes internetkollektiv ostsachsen
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