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Heidelberg: 27. 10. KEIN PLATZ FÜR RASSISTEN UND ANTISEMITEN!!

Am Samstag, den 27. Oktober 2001 bekommt Heidelberg ungeladenen Besuch. Die
Jugendorganisation der NPD, die Jungen Nationaldemokraten, mobilisiert für
einen Aufmarsch in Heidelberg unter dem Motto „Globalisierung stoppen – Stoppt
die Weltpolizei USA“. Bisher galt die beschauliche Universitätsstadt als
linke Hochburg in Süddeutschland und als heißes Pflaster für Faschisten. Sorgen
wir dafür, daß es so bleibt!

Bereits 1998 meldeten Neonazis aus dem Umfeld der „Karlsruher Kameradschaft“
einen Aufmarsch in Heidelberg an, scheiterten jedoch an dem Verbot der
Veranstaltung durch die Stadtverwaltung. Seither hat sich die rechtliche Situation
allerdings grundlegend verändert. Ein Beschluß des Bundesverfassungsgerichts
ermöglicht es Faschisten seit geraumer Zeit ihre Propagandaveranstaltungen
erfolgreich durchzuklagen. Der öffentliche Auftritt von Neonazis ist ohnehin
ein gesellschaftliches Problem, dem mit Verboten nicht beizukommen ist.
Faschisten und Rassisten muß jeglicher öffentlicher Raum streitig gemacht werden,
es muß klargestellt werden, daß ihre Haltung nicht geduldet wird und daß es
Menschen gibt, die bereit sind aufzustehen um Gesicht zu zeigen.

„was ihr sucht ist das ende, was wir reichen sind geballte fäuste, keine
hände!“ (Xavier Naidoo)

Mit ihrer Polemik gegen die Globalisierung kleiden die Nachwuchskader von JN
und NPD lediglich die altbekannten „Deutschland den Deutschen“ Phrasen in
ein neues Gewand. Die zunehmende Auflösung nationalstaatlicher Souveränitat
läßt die selbsternannten Herrenmenschen das Ende der deutschen Kultur und ihrer
angeblichen Überlegenheit befürchten. Hinter der Kritik an der Politik der
Vereinigten Staaten verbirgt sich ein kaum verhehlter Antiamerikanismus,
angereichert mit antisemitischen und rassistischen Reflexen. Die deutschen Neonazis
haben die Rolle der USA bei der militärischen Niederschlagung des
Nationalsozialismus nicht vergessen. Kaum verwunderlich scheint da die Freude über die
Attentate in New York und Washington, die von Horst Mahler, Vordenker der
NPD, als „eminent wirksam und damit rechtens“ bezeichnet wurden. Schließlich
traf es neben dem verhaßten Amerika auch eine Zentrale des vermuteten „jüdischen
Finanzkapitals“ und ein „Moloch des Multikulturalismus“.
Die Positionen der Faschisten sind in diesem Fall jedoch gesellschaftlich
relativ isoliert. Die Notwendigkeit Nazis entgegenzutreten ergibt sich momentan
weniger aus ihrer politischen Relevanz, denn aus der sehr konkreten Gefahr
für Menschen die nicht in das beschränkte Weltbild der Faschisten passen.
MigrantInnen, Jüdinnen und Juden, Schwule und Lesben, Behinderte, Obdachlose,
aber auch Hip-Hoper, Skater, kurz all die, die Objekte des rechten Wahns
darstellen sind von Nazischlägern bedroht, wenn man ihnen die Straße überläßt.
Der Aufmarsch in Heidelberg dient maßgeblich zur Demonstration der eigenen
Stärke für den rechten Nachwuchs. Die Massenveranstaltung soll das Umfeld noch
enger an die Partei binden und deren Weltbild festigen. Da die Organisatoren
des Aufmarsches, allen voran der bekannte Naziskin Christian Hehl aus
Ludwigshafen, mit einem Bein im Gefängnis stehen, braucht es neue Vollstrecker des
Volkswillens um Jagd auf Undeutsche zu machen.

mit rechts gegen rechts?

Der Protest gegen Rechts kann sich nicht nur gegen die extremsten
Erscheinungsformen richten, sondern muß Rassismus und Antisemitismus bekämpfen, egal
welcher Facon. Im Sommer 2000 wurde von der SPD-Bundesregierung der „Aufstand
der Anständigen“ ausgerufen. Vom angekündigten Engagement bürgerlicher Kreise
ist heute außer dem Verbotsverfahren gegen die NPD nicht mehr viel zu spüren,
obwohl rechte Gewalttaten weiterhin auf der Tagesordnung stehen.
Seit dem Wahlsieg von Rot-Grün 1998 bemüht sich die Bundesregierung
sichtlich den Kurs in der Ausländerpolitik der konservativen Vorgänger
weiterzuverfolgen. Zwar wurde das Blut-und-Boden Staatsbürgerschaftsrecht der BRD etwas
aufgeweicht und der zeitlich begrenzte Aufenthalt von ausländischen
Arbeitskräften bei entsprechender Qualifikation ermöglicht, diese Initiativen sind jedoch
der schlichten Erkenntnis geschuldet, daß in Zeiten der Globalisierung auch
Menschen ohne deutschen Paß dem Wirtschaftsstandort Deutschland nützlich sein
können.
Nach wie vor haben Gesetze Wirkung die gegen die Würde von Menschen
gerichtet sind. Die Inhaftierung von Flüchtlingen die sich nichts zuschulden kommen
lassen, als daß sie hier Zuflucht gesucht haben, in Abschiebeknäste, die
Unterbringung unter menschenunwürdigen Umständen in Sammelunterkünften, die
Versorgung weit unter dem Existenzminimum nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder
die Einschränkung der Freizügigkeit durch die Residenzpflicht sind nur
einige Beispiele.
Ungleichbehandlung und institutioneller Rassismus wird auch im Handeln von
Behörden, Polizei oder Bundesgrenzschutz deutlich. Die in Heidelberg beliebten
verdachtsunabhängigen Kontrollen treffen vor allem MigrantInnen.

„ich sag´deutschland, ihr sagt nein! ihr sagt deutschland, ich sag´ nein!“
(Denyo/ Absolute Beginner)

Politiker, die mit Äußerungen wie „Die Grenze der Belastbarkeit ist
erreicht“ (Innenminister Schily), „Für kriminelle Ausländer gibt’s nur eins, raus und
zwar schnell“ (Bundeskanzler Schröder) bewußt eine Trennlinie zwischen
Deutschen und MigrantInnen ziehen, ebnen den Weg für rassistische Denkmuster in
der Bevölkerung. Unterschriftenlisten gegen die doppelte Staatsbürgerschaft und
die Forderung nach einer deutschen Identität legen die Lunte für den
nächsten Brandanschlag.
Die Lippenbekenntisse bürgerlicher Parteien gegen Neonazis sind der Versuch
von Imagepflege für den Standort Deutschland, angereichert mit ein wenig
moralischer Betroffenheit über die Verletzten und Toten, denn schließlich „soll
sich auch der Äusländer, der morgen abgeschoben wird, heute noch sicher fühlen
können“ (Beckstein, Innenminister Bayern). Mit der Demonstration und den
Aktionen am 27. Oktober soll klar gestellt werden, daß wir uns gegen den
Rassismus der Neuen Mitte ebenso vehement stellen, wie gegen das gewalttätige
Fußvolk von NPD und Kameradschaften.

für die globalisierung von unten!

Sollten die Nazis wider erwarten vor Gericht scheitern und der Aufmarsch
verboten werden, wollen wir trotzdem den Raum nutzen, um deutlich für die Rechte
von MigrantInnen auf die Straße zu gehen. Außerdem werden wir klar stellen,
daß der Versuch von rechts, die Bewegung der GlobalisierungskritikerInnen zu
unterwandern nicht aufgehen wird. Den DemonstrantInnen von Seattle, Prag,
Götheborg und Genua ist der Wunsch nach einem würdigen Leben für alle Menschen,
jenseits ethnischer, nationalstaatlicher und religiöser Konstrukte gemein.
Dem Ruf von Konservativen und Nazis nach Reinhaltung von deutscher Kultur und
Rasse setzen wir eine Globalisierung entgegen, die diese Werte niederreißt,
Kommunikation weltweit wahr werden läßt und universelle Werte entwickelt. Der
ungleichmäßigen Verteilung des Reichtums in der Welt setzen wir die trotzige,
aber immer noch richtige Forderung nach Abschaffung des Kapitalismus
entgegen. Die Mobilisierungsfähigkeit der Linken zu Anti-Nazi-Aktionen muß genutzt
werden, um die Ideen alternativer, fortschrittlicher Gesellschaftssysteme auch
weiterhin am Leben zu erhalten. Die Gegnerschaft zum kapitalistischen System
geht darüber hinaus, ihn nur als die Wurzel des Faschismus anzugreifen.

demo „fight racism!“ ab 10:30 uniplatz
danach „smash right! – aktionen gegen den npd-aufmarsch

KEIN PLATZ FÜR RASSISTEN UND ANTISEMITEN!!

 

14.10.2001
anonym zugesandt   [Aktuelles zum Thema: Antifaschismus]  Zurück zur Übersicht

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