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Kritische Fragen an den friedensbewegten Protest

Kritische Fragen an den friedensbewegten Protest

1.) Wenn es richtig ist, daß die Attentäter von New York und Washington "die
Juden und ihre Schutzmacht Amerika" gleichermaßen gehasst haben (Spiegel,
24.9.01); wenn Bin Ladens Organisation "Al Qaeda" jetzt zur Ermordung von
Amerikanern und Juden aufruft "wo immer (sie) sich befinden" (FR, 26.9.01); wenn
es zu den Essentials islamistischer Ideologie gehört, die Wallstreet, New York
und die US-Ostküste überhaupt als Hort der "zionistischen Weltverschwörung"
auszumachen - weshalb wird der Anschlag dann nicht als das denunziert, was er
ist: nämlich ein faschistisches Massaker von eliminatorischen Antisemiten,
welche die Juden, die USA und die westliche Zivilisation als Einheit
betrachten und vernichten wollen?
Würde diese Charakterisierung zum eigenen Antiamerikanismus nicht passen?

2.) Trägt das Objekt antisemitischer Projektionen (sei es die Stadt New York
als Verkörperung des Kosmopolitischen, die USA oder die hinter alldem
vermuteten Juden selbst) eine Verantwortung für diese? Analog hierzu: Sind Juden in
Israel selber schuld, wenn sie von palästinensischen Selbstmordkommandos in
die Luft gesprengt werden?

3.) Wenn es stimmt, daß die barbarischen Anschläge gegen die "Symbole der
mammonistischen Weltherrschaft" (Horst Mahler) irgendwie in Zusammenhang mit
globalen Verelendungsprozessen stehen, mithin einen "verzweifelten Ausdruck von
Unterdrückung" (Flugblatt von Kein mensch ist illegal, Wuppertal u.a.)
darstellen, heißt das dann, daß die Verelendeten und Ohnmächtigen dann automatisch
zu antisemitischen Amokläufern werden müssen?

4.) Ist es nicht vielmehr so, daß die Zivilisation durch Herrschaft und
Ausbeutung zwar beständig Haß hervorbringt, die Leidenden aber immer noch die
Entscheidung treffen müssen, ob sie diesen mit in der Tat barbarischen
Ideologien wie dem klerikalfaschistischen Islamismus antisemitisch wenden oder aber
emanzipatorisch gegen die Grundlage des Leidens, die Vergesellschaftung durch
Kapital und Staat, richten?

5.) Wenn das Leiden an der Zivilisation keine Rechtfertigung für
antisemitische Mordtaten sein kann, weshalb wird in der Antikriegsbewegung dann fast
durchgängig die "Politik der USA, Europa, des IWF usw." als "Ursache" (Flugblatt
von Kein mensch ist illegal, Wuppertal u.a.) für die Anschläge ausgemacht?

6.) Erzwingt die Tatsache, daß von islamistischer Seite nach dem gleichen
Ursache-Wirkungs-Schema der Anschlag vom 11.9. (sowie die Aktionen von Hamas,
Islamischem Jihad usw. in Israel) rationalisiert wird, nicht notwendig den
Schluß, daß Antikriegsbewegung und die expliziten Apologeten des islamistischen
Terrors geistig miteinander verwandt sind?
Werden nicht beiderseits die negativen Folgen der objektiv abstrakten
Prozesse der globalisierten Kapitalakkumulation personalisiert und auf die USA als
Sitz der "zionistischen Weltverschwörung" bzw. des "internationalen
Finanzkapitals" projiziert?

7.) Was spricht prinzipiell dagegen, klerikalfaschistische Terrorregime wie
die Taliban zu beseitigen und damit den ihnen (noch) Unterworfenen ein
erträglicheres Leben zu ermöglichen und zudem die Gefährdung von Juden im Nahen
Osten durch den Islamismus zu mindern?
Wäre im gegenwärtigen Konflikt die Verteidigung der westlichen Zivilisation
und des ihr immanenten Glücksversprechens von Emanzipation und Wohlstand
nicht die Voraussetzung dafür, eben dieses in kommunistischer Absicht gegen die
kapitalistischen Verhältnisse selbst zu wenden und damit auch ihre barbarische
Kehrseite, den Antisemitismus jedweder Provenienz, perspektivisch durch
Revolution zu beseitigen?

Antideutsche Gruppe Wuppertal, Antifa Duisburg, Antifa Mülheim/Essen-West,
Antipostfa Recklinghausen, AK Antideutsche Kritik in der AADO


Weiterer Text unter:  http://de.indymedia.org/2001/09/8039.html, Kontakt:
 agw@gmx.li

 

29.09.2001
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