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Berlin: Veranstaltung der IMI zum drohenden Krieg

Veranstaltung mit Tobias Pflüger zum drohenden Krieg
Vorkriegszeit - Der 11. September und die Folgen
Wendepunkt der Weltpolitik hin zu mehr Gewalt

Veranstaltung mit Tobias Pflüger (Informationsstelle Militarisierung) in
Berlin

Noch können die weltpolitischen Folgen der Anschläge vom 11. September in
den USA und des angekündigten „Feldzugs gegen den Terrorismus“ schwer
eingeschätzt werden. Offensichtlich ist aber bereits jetzt, dass die
Situation in Deutschland zur weiteren Militarisierung der Außenpolitik, zum
Ausbau des „Sicherheitsstaates“ nach innen sowie einem verstärkten Rassismus
führen. Während der Veranstaltung wird Tobias Pflüger über die aktuelle
Situation vor allem mit Blick auf geplante Einsätze der Bundeswehr
referieren.

Veranstaltung mit Tobias Pflüger, Informationsstelle Militarisierung
(Tübingen)
Dienstag, 25. September 19.00 Uhr
Mehringhof, Versammlungssaal
Gneisenaustr. 2a
(U-Bahn Mehringdamm)

Im folgenden ein Text der Informationsstelle Militarisierung, der eine erste
Einschätzung der aktuellen Situation versucht.


Vorkriegszeit - Der Wendepunkt der Weltpolitik hin zu mehr Gewalt

1. Die Mega-Anschläge und die Opfer

Die brutalen Flugzeug-Anschläge bzw. Mega-Attentate (keines dieser Worte
trifft die riesige Tragödie richtig) auf das World Trade Center, das
Pentagon etc. in den USA am 11. September 2001 sind aufs Schärfste zu
verurteilen. Es hat wohl Tausende Tote gegeben. Es ist entsetzlich. In
diesen Tagen und Stunden sind unsere Gedanken und Mitgefühle bei den Toten,
den Ermordeten, den Verletzten und ihren Angehörigen und Freund/innen. Die
Anschläge und ihre Folgen hinterlassen einen in Fassungs- , Rat- und
Sprachlosigkeit. Wer meint, solche Mega-Morde politisch begründen zu können,
irrt total. Jegliche Rechtfertigung, Genugtuung oder Freude ist völlig fehl
am Platz. Solche Anschläge sind ausschließlich menschenverachtend und
barbarisch.

2. Die möglichen Täter

Für eine Durchführung dieser unvorstellbaren Anschläge sind umfassendes
Know-How (als Piloten, als Techniker etc.), genaue Koordination, Logistik
und totale Skrupellosigkeit erforderlich. Wer ist dazu in der Lage? Direkt
nach den Anschlägen war in den Medien über die "üblichen Verdächtigen"
spekuliert worden. Zuerst waren "die Palästinenser" im Blickfeld. Es ist
fatal ganze Gruppen von Menschen bestimmter Herkunft für diese Mordanschläge
verantwortlich machen zu wollen oder sie zu verdächtigen. Die Form der
Spekulationen in einigen Medien war und ist zum Teil hochproblematisch. Es
ist dringend vor Vorverurteilung zu waren. Derzeit (18.09.2001, 00.00 Uhr)
geben die us-amerikanischen Ermittlungsbehörden an, hinter diesen
Mega-Anschlägen auf Symbole der US-Macht stecke Osama bin Laden. Im
Gegensatz zur US-Regierung und US-Polizei sieht der bundesdeutsche
Generalbundesanwalt Kay Nehm "noch keine eindeutige Verbindung zum
Hauptverdächtigen Osama bin Laden" (AP, 16.09.2001). Offensichtlich sind
weitere Fakten und Hintergründe notwendig, um wirklich sagen zu können, wer
hinter den Terroranschlägen steckt. Andere Spuren z.B. in Richtung
rechtsextreme Kreise wurden offensichtlich nie in Betracht gezogen.

Die Frage, was jemanden oder eine Gruppe dazu bringt, solche Mega-Anschläge
durchzuführen, muß gestellt werden. Auch muß die Frage erlaubt sein, warum
gerade die USA (und dort gerade das World Trade Center und das Pentagon)
Ziel dieser Mega-Anschläge geworden sind. Sollte Osama Bin Laden hinter
diesen Anschlägen stecken, muß kritisch angemerkt werden: Die US-Regierung
haben über Jahre ihn und seine Komplizen finanziert und aufgebaut, als er
nützlich erschien, um in Afghanistan gegen die Invasion der Armee der
Sowjetunion zu kämpfen. Ähnliches gilt für die Unterstützung von Saddam
Hussein durch die USA und für andere Gruppen, die einst "nützlich"
erschienen. Jetzt zeigt sich der Effekt, dass die herbeigerufenen
Zauberlehrlinge nicht mehr beherrschbar sind und sich gegen ihre einstige
Ziehväter wenden. Es muß endlich Schluß sein mit einer doppelbödigen Moral
in der internationalen Politik, die die Attribute "gut" und "böse" je nach
aktueller Weltlage oder Opportunität verteilt.

3. Die mögliche Reaktion der US-Regierung

Die weltpolitische Lage hat sich nun grundlegend geändert. Der 11. September
2001 ist wohl der Wendepunkt der Weltpolitik hin zu mehr Gewalt. Eine
zentrale Frage lautet nun: Wie wird die US-Regierung reagieren? Es ist zu
befürchten, daß sie in heftigster Form Rache üben wird. Die aussen- und
friedenspolitischen Implikationen dieser Mega-Anschläge könnten furchtbar
sein. Die Aussen- und Wirtschaftspolitik, aber insbesondere auch die
Militärpolitik der Administration des derzeitigen US-Präsidenten George W.
Bush waren schon bisher so, daß sie selten nach den Folgen ihrer Politik für
Menschen außerhalb der USA, insbesondere in Gebieten ausserhalb der
westlichen Staaten fragte. Die Schwelle für die Anwendung von
(militärischer) Gewalt war für die(se) Regierung der USA bisher immer sehr
niedrig. Es ist zu befürchten, daß sich die Militärpolitik der USA weiter
verschärfen wird. Weitere und direktere Kriege der US-Regierung gegen
vermeintliche oder tatsächliche Gegner, staatlicher oder nichtstaatlicher
Art, sind nach den brutalen Mega-Anschlägen leider sehr viel
wahrscheinlicher geworden.

4. Terroranschläge als NATO-Bündnisfall?

Die NATO hat entschieden die Anschläge als "gemeinsamen Verteidigungsfall
nach Art. 5 des NATO-Statutes" zu interpretieren, wenn sich "erweise, dass
die Anschläge aus dem Ausland auf die USA gerichtet waren." Im Artikel 5 des
NATO-Vertrages ist aber von einem "bewaffneten Angriff" die Rede", auch
bezieht sich der Artikel 5 auf Angriffe von außen von anderen Staaten.

Wir befürchten jetzt eine noch größere Eskalationsgefahr auch in diesem
Land. Mit der Ausrufung einer Artikel 5 Situation der NATO werden zugleich
eine ganze Reihe von innenpolitischen Regelungen und außenpolitischen
Beistandsverpflichtungen wirksam. Deutschland zieht bei einem militärischen
Vergeltungsschlag und direkter oder indirekter deutscher Hilfe mit in einen
Rachefeldzug. Rache und Vergeltung sind vollkommen falsche Antworten auf
Terroranschläge. Die Reaktion der USA und der NATO wird zeigen, ob die
Regierungen der westlichen Staaten wirklich "zivil" bzw. "zivilisiert" sind.

5. Verwundbarkeit der hochtechnisierten Welt

Die Mega-Anschläge zeigen die Verwundbarkeit der hochtechnisierten Welt. Der
zivile und militärische Flugverkehr werden nach dem 11. September 2001 nicht
mehr so durchgeführt werden können wie zuvor. Kommunikation, Mobilität und
Finanzverkehr - drei zentrale Momente der westlichen Welt waren und sind
durch diese Mega-Anschläge deutlich beeinträchtigt (Telefonverkehr und
Internet waren und sind wegen Überlastung zum Teil zusammengebrochen, die
Finanzmärkte spielen verrückt - nein, sie folgen ihrer eigenen immanent
makabren Logik: die Kurse der Rüstungsfirmen und der Ölmultis steigen!) .

6. Die innenpolitischen Implikationen der Anschläge

Die innenpolitische Situation in den USA wird sich stark verschlechtern.
Aber auch das innenpolitische Klima in Deutschland wird sich enorm
verschärfen. Repressionen gegen Menschen bestimmter Herkunft und gegen alle
die berechtigte Kritik an der Politik der US-Regierung haben, sind zu
befürchten. Erste Übergriffe auf Menschen arabischer Herkunft in den USa
aber auch in Deutschland werden gemeldet. Jetzt werden viele diese Anschläge
für ihre Politik instrumentalisieren, z.B. für eine verstärkte innen- und
aussenpolitische Aufrüstung. Eine weitere Stärkung von Polizei und Militär,
die Militarisierung wird wieder weiter vorangetrieben werden.

Nein, es sind keine militärischen Reaktionen vonnöten, notwendig ist der
Abbau wirtschaftlicher Ungleichheiten in der Welt. Statt repressiver und
militärischer Reaktionen ist eine Veränderung von politischen Strukturen hin
zu mehr Gerechtigkeit vonnöten.


Die groß erklärte Freiheit, die Globalisierung, ist zumeist nur eine
Freiheit, eine Globalisierung, des Handels, nicht der Menschen und dieser
Handel, diese Globalisierung hat seine/ihre Opfer.

Es ist Gerhard Schröder und Joschka Fischer entschieden zu widersprechen:
Nein, es geht nicht um Solidarität mit dem Staat USA, oder der Regierung der
USA, um Solidarität der "zivilisierten Welt". Nein, es geht um Solidarität
mit den Menschen, die von den Anschlägen betroffen sind.

Text: Tobias Pflüger u.a. nach Diskussion mit anderen IMI-Vertreter/innen,
12.,13.,14.+18.09.2001

 

21.09.2001
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