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FrankfurtMain: Mordversuch

Diese Erklärung wurde veröffentlicht von:

IGA (Initiative gegen Abschiebung)
Café foG (für offene Grenzen)
Antifa G
diskus - Frankfurter StudentInnenzeitung
dovf Frauenplenum

Presseerklärung
über den versuchten Mord und die Entführung
eines Mitglieds der IGA und des Café foG im Dritte-Welt-Haus Frankfurt am Main


Am 03.09. wurde unser Genosse von Unbekannten nach Kelsterbach zu dem Ort
gelockt, an dem Ende Juli das Antirassistische Grenzcamp stattgefunden hatte. Er
wurde bedroht, an den Füßen gefesselt und in den Main getrieben. Es gelang ihm
knapp zur anderen Seite zu schwimmen und Hilfe rufen zu lassen.

Eine Woche später am 10.09. wurde unser Genosse wieder abgepasst und für ca. 20
Stunden entführt. Er wurde in dieser Zeit verhört und schwer verletzt.

Im Einzelnen:

03.09.2001 Versuchter Mord

Er fuhr am 03. September gegen 10.30 Uhr mit dem Rad von zu Hause los.
In der Nähe seiner Wohnung wurde er von einem ihm unbekannten Mann mit Namen
angesprochen. Dieser Mann gab ihm die Nummer eines Handys, er solle von einem
"guten" Telefon aus anrufen, man brauche seine Hilfe.

Er fuhr weiter zu seiner Arbeit und rief von einer Telefonzelle aus die Nummer
an. Ihm wurde gesagt, daß man sich mit ihm treffen wolle. Es wurde ihm ein
Treffpunkt im Taunus genannt.

Er fuhr hin, längere Zeit kam niemand, so dass er die Handynummer nochmals
anrief. Ihm wurde dann mitgeteilt, man wolle sehen, ob er observiert werde, er
solle zu einem anderen
Treffpunkt in Kelsterbach (Camp) kommen.

Er fuhr nach Kelsterbach, begab sich zu der Stelle an der das Antirassistische
Grenzcamp stattgefunden hatte. Dort tauchten vier Männer auf, die offenbar in
den Büschen auf ihn gewartet hatten. Sie hatten mehrere Pistolen und dunkle
Stöcke, vermutlich aus Hartgummi, dabei. Sie erklärten ihm, daß er ein
Volksverräter wäre und er sei zum Tode verurteilt. Man gab ihm eine Stunde Zeit
einen Abschiedsbrief zu schreiben.
Ihm wurde zu verstehen gegeben, dass er noch eine Chance bekäme, da er ja ein
"harter Junge" sei.
Er wurde an den Füßen gefesselt und dabei geschlagen. Im Anschluss wurde er mit
Kleidung und Schuhen und zusammengebunden Füßen und mit vorgehaltener Pistole in
den Main getrieben.

Es gelang ihm einen Schuh und die Fessel abzustreifen und auf die andere Seite
nach Okriftel zu schwimmen. Er lag längere Zeit am Ufer, bis er sehr fror und
aufstehen musste. Dann lief er durch Okriftel, bis er eine Kneipe fand, in der
noch sauber gemacht wurde. Er machte Krach, bis man auf ihn aufmerksam wurde und
er ließ die Polizei rufen.


10.09.2001 Entführung und Verhör

Eine Woche später, am Montag, den 10. September wurde unser Genosse gegen 10.00
Uhr morgens erneut in der Nähe seiner Wohnung abgepasst.

Er wurde von zwei Männern mit Messern bedroht, und gezwungen mit ihnen zu einem
PKW mitzukommen.
Man verband ihm die Augen und er wurde gezwungen, in den Kofferraum des PKW
einzusteigen.
Die Entführer fuhren mit ihm längere Zeit durch die Gegend an einen Ort, an dem
er verhört wurde.
Ihm wurde mehrfach gesagt, dass ihm nichts passieren würde, sie wollten nur mit
ihm reden.
Weiterhin sagten die beiden Männer, es sei eine "starke Leistung" gewesen den
ersten Mordanschlag überlebt zu haben (auf der anderen Seite des Mains lebend
anzukommen).
Sie befragten ihn nach seinen antirassistischen und antifaschistischen
Aktivitäten.
Da er im Verhör nicht befriedigend antwortete, erhielt er zahlreiche Schläge auf
den Kopf und den Körper und sie schlugen ihm mit einem schweren Gegenstand auf
die Hand und zertrümmerten dabei den Daumen.

Ihm wurde schließlich gesagt, daß er in Ruhe gelassen würde, wenn er nicht zur
Polizei ginge und er wurde gewarnt, dies doch zu tun.

Am nächsten Morgen Dienstag, den 11.09.01 ließen die Entführer ihn am Rande
Frankfurts frei.

Es fällt uns schwer, das Geschehene einzuschätzen, da es Vorfälle sind, die wir
in dieser Form in der BRD bisher nicht kannten.

Auffällig ist auf jeden Fall, wie gut die Täter über die Person unseres
Genossen, seine Gewohnheiten und seinen Tagesablauf informiert waren.

Wir wissen von der Brutalität und Menschenverachtung neonazistischer und
faschistischer Organisationen, allerdings auf Grund unserer bisherigen
Erfahrungen und der Professionalität des Auftretens der Täter fällt es uns
schwer ein solch gut organisiertes und durchgeführtes Verbrechen auf
ausschließlich faschistische Strukturen zu beziehen.

Den Angriff gegen unseren Genossen begreifen wir trotz aller Unsicherheiten über
den Täterkreis als einen Angriff gegen alle Menschen, die versuchen, sich der
immer weiter ausbreitenden rassistischen Grundhaltung in staatlichen
Institutionen und einem großen Teil der Bevölkerung sowie der offenen Brutalität
der faschistischen Schlägertrupps entgegenzustellen.

Das was für viele Flüchtlinge und MigrantInnen schon lange Realität war, hat
jetzt in aller Brutalität auch einen Freund und Genossen von uns getroffen.


SOLIDARITÄT


Frankfurt, den 14.09.01

VertreterInnen von
IGA (Initiative gegen Abschiebung)
Café foG (für offene Grenzen)
Antifa G
diskus - Frankfurter StudentInnenzeitung
dovf Frauenplenum

 

17.09.2001
Vertreterinnen verschiedener Gruppen aus FFM    Zurück zur Übersicht

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