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Spanischer Staat: Repressionswelle gegen die autonome Szene im spanischen Staat

Repressionswelle gegen die autonome Szene im spanischen Staat

Wie die Justiz des spanischen Staates Personen, welche sie der Mitgliedschaft zu ETA bezichtigt, zu behandeln pflegt, zeigt das Beispiel von Unai Romano. Er wurde am 7.9.01 von der Guardia Civil in der Wohnung seiner Eltern festgenommen. Seit einer vorübergehenden Festnahme, welche im Zusammenhang mit dem Überfall der baskischen Landespolizei Erzaintza auf ein besetztes Hauses in Gasteiz (Baskenland) in der Nacht vom 28. August `01 stand, wurde er beschattet, obwohl er ohne Anzeige entlassen worden war. Die Bullen begründeten ihren Angriff auf das Gastetxe damit, daß angeblich eine Gruppe von Leuten mit einem Transpi auf sie zugerannt sein soll, welches angeblich die Aufschrift "ETA, bringt sie alle um" trug. Bei der Aktion gab es 17 Festnahmen, große Teile der Einrichtung wurden zerstört.
Unai wird nun in Zusammenhang mit dem ?Comando Barcelona? der ETA gebracht.
Er berichtet von massiver Folterung im Gewahrsam der Audiencia Nacional durch Angehörige der Guardia Civil. Romano wurde bei den Verhören so massiv auf den Kopf geschlagen, daß das Innere seiner Augen mit Blut unterlaufen war. An den Hoden und hinter den Ohren wurden Elektroden angebracht, um ihn mit Stromstößen zu foltern. Romano wurde mehrfach eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt, um Erstickungszustände herbeizuführen. Während dieser Situation wurde ihm zudem mitgeteilt, daß seine Mutter verstorben sei.
Die Folterungen führten zu einer derart schweren psychischen Schädigung, daß er drei Tage lang seine Sehfähigkeit einbüßte. Um dieser Situation zu entkommen, biss er sich die Handgelenke auf, worauf er ins Krankenhaus verbracht wurde. Als er anschließend dem Richter Ruiz Polanco vorgeführt wurde, machte er diesen auf die schweren Folterungen aufmerksam. Polanco unterbrach ihn bei seinen Darstellungen, mit der Begründung, daß alle Verhafteten immer die selben Vorwürfe hervorbrächten. Er solle sich an ein normales Gericht wenden.
Ein weiteres Beispiel: Am 24. August 2001 wurden Laura Riera, Aurelia Comas und Pedro Alvarez verhaftet. Die großangelegte Aktion wurde in der Öffentlichkeit als vernichtender Schlag gegen das ?Comando Barcelona? der ETA dargestellt. Hinreichende Beweise für eine tatsächliche Zugehörigkeit zur Organisation konnten bislang nicht geliefert werden. Der Blick auf den sozialen Kontext der betroffenen Personen läßt jedoch sehr leicht erkennen, aus welcher Motivation heraus die Ermittlungsbehörden des spanischen Staates die Inhaftierung einleiteten.
Laura Riera geriet aufgrund von Kontakten zu Zigor Larredonda ins Blickfeld der Justiz. Larredonda befindet sich seit Februar - ebenfalls wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft im ?Comando Barcelona? - in Haft, obgleich bislang keine stichhaltigen Beweise gegen ihn geliefert werden konnten.
Als Reaktion auf die Verhaftung Rieras gaben bislang 400 Personen gegenüber der Öffentlichkeit bekannt, Kontakte zu Larredonda zu haben, und stellten Anfragen an die Justiz, ob sie ebenfalls unter Verdacht stünden, Straftaten verübt zu haben.
Die soziale Vorgeschichte von L. Riera dürfte erahnen lassen, weshalb sie als kritische Persönlichkeit dem spanischen Staat ein Dorn im Auge ist. Schon als Kind war sie in einer Erziehungsgruppe für mehr Toleranz namens ?l`Esquellot? aktiv. Später arbeitete sie beim Jugendzentrum ?Casal de Sant Pere?. Ihre Arbeit bestand fortan in der kritischen Kinder- und Jugendarbeit. Riera war zudem Mitglied im Hausbesetzerplenum von Terrassa, eine Stadt in der Nähe von Barcelona. In Terrassa ging sie eine Zeitlang einer Tätigkeit als Büroangestellte im Rathaus nach. Diese wird ihr nun zur Last gelegt: Sie wird nun von den Ermittlungsbehörden bezichtigt, Informationen an Z. Larredonda weitergegeben zu haben, was diesem angeblich die Planung eines Attentats ermöglicht haben soll. Obgleich der Bürgermeister von Terrassa in einer eigens einberufenen Pressekonferenz höchstselbst die technische Unmöglichkeit eines Zugriffs auf vertrauliche Daten seitens Riera beteuerte, hält die Justiz das Konstrukt aufrecht.
Riera wurde nach ihrer Verhaftung nach dem Antiterrorgesetz behandelt. Konkret bedeutet dies, daß sie im Gewahrsam der Guardia Civil zunächst fünf Tage lang der Isolationshaft ausgesetzt wurde. Dort wurden ihr dringend benötigte Medikamente gegen ihre schwere Epilepsie verweigert, was angesichts ihres Krankheitsbilds den psychischen Zustand bei den Verhörsituationen unerträglich machte, da das Ausbleiben der medikamentösen Behandlung in ihrem Fall Bewußtlosigkeit zur Folge hat. Auf diese Weise konnten Eingeständnisse erzwungen werden. Die freie Auswahl eines Anwaltes wurde ihr untersagt. Verwandte, die sie mittlerweile besuchen konnten, berichteten von Hämatomen am ganzen Körper. Haarstränen seien ihr ausgerissen worden, zudem sei ihr bei den Verhören insgesamt fünfmal mit einer Plastiktüte die Atemluft entzogen worden. Die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt ?Soto del Real? sei für Riera eine Erleichterung gewesen, so ihr jetziger Pflichtverteidiger. Bei der Haftprüfung befand sich L. Riera in einem derart psychisch labilen Zustand, daß sie die ihr angetanen Folterungen gegenüber Richter Garzón nicht äußerte. Dies hat zur Folge, daß die durch einen unabhängigen Arzt vorzunehmen beabsichtigte Untersuchung ihres Körpers nach Folterspuren bislang von der Justiz verhindert werden konnte.
Nach der baskischen Antirepressionsgruppe "Gestoras pro Amnistia" wurden von den elf Personen, die im Baskenland aufgrund angeblicher Mitgliedschaft im ?Comando Barcelona? festgenommen wurden, zehn Menschen gefoltert. Die einzige Person, die nicht gefoltert wurde, stellte sich der Justiz...
Insgesamt wurden seit dem 24. August im Rahmen der größten Offensive gegen ETA seit 1984 bislang 41 Personen festgenommen. Bislang ist noch kein Ende der staatlichen Hetzjagd in Sicht.
Deshalb:

Seid solidarisch und einfallsreich!!!
Freiheit für alle politischen Gefangenen weltweit -Hoch die internationale Solidarität !

Gruppe Irrintzi

 

15.09.2001
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