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Berlin: Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit in Russland und der Ukraine

Mittwoch, 12. September 2001, 19.30 Uhr,
hybrid video tracks in der NGBK (www.hybridvideotracks.org), Oranienstr. 25,
Berlin-Kreuzberg:


Öffentlichkeit und Gegenöffentlichkeit in Russland und der Ukraine


Referenten: Wjatscheslaw Jaschenko, Wolgograd (Russland), Maxim Butkewitsch,
Kiew (Ukraine)

Um Pressefreiheit und demokratische Öffentlichkeit ist es in vielen
Nachfolgestaaten der Sowjetunion 15 Jahre nach dem Beginn von “Glasnost” und
“Perestroika” teils nicht mehr, teils noch nicht gut bestellt. Die Zeiten
des Aufbruchs zu einer vielfältigen Presselandschaft sind lange vorbei, und
längst ist die Produktion von medialer Öffentlichkeit den Zwängen der
Marktlogik unterworfen worden ­ bei gleichzeitigen massiven
Funktionalisierungen von Medien durch die politischen Führungen. Aus
Russland ist seit vielen Jahren bekannt, wie die politische Klasse und die
mächtigsten Wirtschaftsoligarchen in wechselnden Koalitionen um die Macht
über die wichtigsten Fernsehsender und Presseerzeugnisse kämpfen. Seit dem
Amtsantritt von Präsident Putin haben die Auseinandersetzungen um einzelne
Sendeanstalten an Schärfe noch zugenommen. Die Inthronisierung Putins und
der Krieg in Tschetschenien sind wesentlich durch die Indienstnahme eines
Großteils der öffentlichen Medien in Russland möglich geworden. Die Risiken
der Versuche von JournalistInnen, regimekritische oder auch nur
regierungsunabhängige Medien zu betreiben, sind im letzten Jahr noch einmal
anläßlich des auch im Westen zur Kenntnis genommenen Mordes an dem
ukrainischen Online-Redakteur Gongadse deutlich geworden. Dieser Mord,
augenscheinlich von der höchsten Regierungsebene in Auftrag gegeben, löste
in der Ukraine die vielleicht größte Staatskrise seit der Unabhängigkeit
aus. Regierungsunabhängiger Journalismus ist zur Zeit in beiden Ländern
üblicherweise nur im Sinne der im ökonomischen Sinne liberalen
Medienunternehmen möglich ­ bei notwendiger Akzeptanz der zugehörigen
politischen Prinzipien.


Trotz aller Widrigkeiten gibt es in Russland und der Ukraine die
unterschiedlichsten Versuche, Elemente einer linken Gegenöffentlichkeit
aufzubauen. Dies umfaßt neben der Herausgabe einer Vielzahl von
Zeitschriften und dem Aufbau von Internetseiten auch die Nutzung des Mediums
Video bzw. Fernsehen. Die beiden Fernsehjournalisten W. Jaschenko und M.
Butkewitsch versuchen in unterschiedlicher Weise seit Jahren, die Inhalte
linksalternativer sozialer Bewegungen in Mainstreammedien sichtbar zu machen
und sind selbst in verschiedenen eigenen politischen Projekten tätig.


Anhand ihrer praktischen Erfahrungen werden die Referenten zunächst zur
Wirkungsweise medialer Öffentlichkeit, speziell des Fernsehens, in Russland
und der Ukraine sprechen, um in einem nächsten Schritt die bisher
entstandenen Ansätze einer linksalternativen Gegenöffentlichkeit kritisch zu
reflektieren. Beide Referenten stellen ausserdem Beispiele ihrer Fernseh-
und Videoarbeit und präsentieren damit aktuelle Betätigungsfelder und
Auseinandersetzungen der verschiedenen sozialen Bewegungen in Russland und
der Ukraine.

Die Referenten:
Wjatscheslaw Jaschenko, Wolgograd (Russland), Redakteur beim Jugendmagazin
“Maksimum” einer Wolgograder halbstaatlichen Fernsehstation, berichtet über
politische und subkulturelle Initiativen in Russland und anderen Ländern,
versuchte mit AlterEco ein alternatives Medien-Netzwerk zu ökologischen
Themen aufzubauen.
Maxim Butkewitsch, Kiew (Ukraine), Redakteur bei einem Kiewer Privatsender,
berichtet über internationale Politik, z.B. die Globalisierungsprozesse und
die Protestbewegungen gegen die Globalisierung von oben, aktiv in
antirassistischen Gruppierungen.

Zusatztermin:
Am Freitag, 14. September, findet ab 21.00 Uhr im Köpi-Kino, Köpenicker Str.
137, 10179 Berlin, ein Videoscreening statt. Bisheriges Programm:
"Videosampler von Wjatscheslaw Jaschenko. Ein "Libertärer Salat" mit
Interviews und Berichten über russische AnarchistInnen und radikale
Umweltschützer. Gezeigt werden kurze Beiträge über Aktionen der "Rainbow
Keepers" und "Ecodefence" (z.B. gegen das AKW Wolgodonsk), über Hausbesetzer
in Russland und Westeuropa, über Straight-edgers, über den ältesten
Anarchisten Russlands, über die "Bewegung für anonyme und freie Kunst" sowie
einmalige Aufnahmen von der Zerstörung des Hauptquartiers der Wolgograder
Faschisten" (aus dem Programmheft zur Ausstellung hybrid video tracks).
Auch Maxim Butkewitsch wird an diesem Abend weitere Arbeiten vorstellen.


Weitere Informationen zur Ausstellung hybrid video tracks unter
www.hybridvideotracks.org

 

09.09.2001
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