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Moers: 8.9.01 / Fight Racism - Smash Capitalism!

8. SEPTEMBER 2001 / MOERS
FIGHT RACISM - SMASH CAPITALISM!


DIE PRESSEMITTEILUNG

Zum 8. September ruft der Ortsverband der Jungen Union Moers zu einer
Konzertveranstaltung unter dem Motto "Gewalt gegen Ausländer - Lass' Dich
nicht anstecken!" auf. Für uns als unabhängige antifaschistische Gruppen ist
diese Veranstaltung ein Skandal: Sie stellt einen Schlag in das Gesicht
allderjenigen dar, die zu Opfern rassistisch motivierter Gewalt geworden
sind.

Im politischen Diskurs spielt die CDU (mit ihrer Jugendorganisation Junge
Union) die Rolle, dass sie rassistische und nationalistische Tendenzen
aufgreift und verstärkt und so einen Nährboden für militante FaschistInnen
mitbereitet. Doch bedient sich die Partei nicht nur jener Stimmungen und
nutzt sie in Wahlkampfzeiten zum Stimmenfang, vielmehr steht sie selbst für
einen völkischen Nationalismus, was zum Beispiel an der Diskussion um die
Reform des Staatsbürgerschaftsrechts ("Doppelpass-Debatte") deutlich wurde.
Auch ihre Vorreiterrolle in der Diskussion um Nationalstolz, die
letztendlich den Bezug auf die "deutsche Nation" emotionalisieren und alte
Gräben zwischen vermeindlich "Deutschen" und "Nichtdeutschen" weiter
aufreißen wird, offenbart in der Denkform zahlreiche strukturelle
Überschneidungen mit der Vorstellungswelt der FaschistInnen.

Zum 8. September sagt Nadine Schneider, Pressesprecherin der Autonomen
Antifa Moers: "Wir wollen diese Alibi-Veranstaltung der JU/CDU und des
'geläuterten Deutschlands' nicht ohne Widerspruch hinnehmen. Die Union, die
für eine rassistische und nationalistische Politik steht, hat keinen Grund,
sich über 'Gewalt gegen Ausländer' aufzuregen. Nazis greifen die verbalen
Vorlagen von Politikern, wie zum Beispiel Edmund Stoiber, Günther Bechstein,
Roland Koch oder Jürgen Rüttgers auf und setzen diese brutal in die Tat um.
Von daher ist die Union für uns mehr Teil des Problems als Teil einer
Lösung. Wir rufen deshalb alle fortschrittlichen Kräfte in Moers und
Umgebung dazu auf, der Jungen Union und der CDU am 8. September lautstarken
Protest entgegenzusetzen".

MEHR INHALTLICHES: DAS FLUGBLATT

Doch sind völkischer Nationalismus und Rassismus keine Erfindungen der CDU.
Parteien im Allgemeinen ergeht es in einer parlamentarischen Demokratie so
wie Unternehmen in der freien Marktwirtschaft: Wer sich nicht optimal nach
den Bedürfnissen des Marktes (bzw. der Wähler) ausrichtet, verliert seine
Existenzgrundlage. Von daher muss es ein gesellschaftliches Klima geben, in
dem nationalistische und rassistische Hetze in verbaler Form auf fruchtbaren
Boden fällt.

Warum aber gibt es eine breite Mehrheit in der Bevölkerung, die für solche
Inhalte ansprech- und mobilisierbar ist? Woher kommen Denkformen wie
Nationalismus und Rassismus? Was sind ihre Ursprünge, Funktionen und
Wirkungsweisen? Sind sie Element menschlicher Natur oder Ergebnis
spezifischer Konstellationen sozialer Verhältnisse?

Die moderne Gesellschaftswissenschaft erarbeitete ein Erklärungsmodell, dass
sowohl Art und Umfang als auch Form und Inhalt dieser Kategorien auf einen
Begriff zu bringen vermag. Nach der Theorie leben wir in einer Gesellschaft,
die durch das Gefüge der kapitalistischen Wirtschaftsweise bestimmt wird.
"Die Gesamtheit der Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur
der Gesellschaft, die reale Basis, (...) welcher bestimmte gesellschaftliche
Bewusstseinsformen entsprechen", sagt Karl Marx. Folglich müssen wir bei
unseren weiteren Überlegung nicht nur den Kapitalismus als bestimmende
Struktur voraussetzen, sondern auch strikt zwischen seiner ökonomischen
Basis und seinem gesellschaftlichen Überbau trennen. Versuchen wir nun, uns
daraus ein Verständnis von Rassismus zu erschließen.

Das Wesen der bürgerlichen Wirtschaftsform ist der Warentausch. Dabei steht
auf der einen Seite der Verkauf von Arbeitskraft für einen Gegenwert, auf
der anderen Seite die Aneignung von Arbeitskraft zur Abschöpfung von
Mehrwert. Dies macht das Fundament des Systems aus. Die Menschen stehen in
sachlichen Verhältnissen zueinander, wobei angeblichen körperlichen oder
kulturellen Unterschieden absolut keinerlei Bedeutung zufällt. Vor dem
Markt, im Warentausch, herrscht abstrakte Gleichheit.

Auf der Ebene der unterschiedlichen Formen der Erscheinung des Kapitalismus
verkehrt sich dieser Sachverhalt: Verblendungszusammenhänge, Ideologien,
notwendige Ausdrucksformen bürgerlicher Warenwirtschaft, verzerren,
verschleiern und verdunkeln den Blick auf die Substanz des
gesellschaftlichen Systems. Sie vermitteln zwischen Wesen und
Erscheinungsform und sorgen dafür, dass als Grundlage des Zusammenlebens
gerade nicht die "gesellschaftlichen Verhältnisse der Sachen und die
sachlichen Verhältnisse der Personen" (Marx) gesehen werden. Der Rassismus
zum Beispiel projiziert auf die als "die andere Rasse" (oder heute als
Angehörige einer anderen "Kultur") Definierten eine idealisierte Natur,
triebhafte Sexualität und starke Körper, dazu Faulheit, Leistungsunfähigkeit
und -unwilligkeit, eine niedrigere Intelligenz und ungehemmte Emotionalität,
schließlich Irrationalität und Kriminalität. Im Ersatzobjekt wird die Angst
vor dem Rückfall des disziplinierten und sich selbst disziplinierenden
Subjekts in den Naturzustand symbolisiert und bekämpft. Die Furcht, in der
Konkurrenz des Systems zu unterliegen, nicht mehr ökonomisch und
herrschaftlich vernutzbar zu sein, treibt den lohnarbeitenden Staatsbürger
zur aggressiven Abwehr des Bewußtseins seiner eigenen Wertlosigkeit und
Ersetzbarkeit.

Erlösung erhofft man sich daher in der "Bluts- und Bodengemeinschaft", die
ewigen Zusammenhalt und faktische Gleichheit schaffe. Allerdings nur für
diejenigen, die in das Bild des "arisch- deutschen Volksgenossen" passen.
Alle anderen bekommen die konkreten Auswüchse bürgerlicher Ideologie als
systematische Gewalt zu spüren: Sei es in Form von ausgrenzender staatlicher
Ausländer- und Asylpolitik, sei es in Form brutalster neonazistischer
Übergriffe gegen Flüchtlinge und MigrantInnen.

Wer also vom Rassismus spricht, ohne ihn als eine notwendige
Erscheinungsform bürgerlicher Vergesellschaftung zu begreifen, missachtet
nicht nur seine psychologische Wirksamkeit als eine der einfachsten
Denkformen zur Rationalisierung von Ängsten in einem Zwangs- und
Konkurrenzsystem abstrakter Herrschaft, sondern auch seine gesellschaftlich
produzierte Künstlichkeit aus den objektiven Verhältnissen des Kapitalismus.
Rassismus geht als Ideologie zwingenderweise aus der Kapitallogik hervor.
Deshalb ist Rassismus angreifbar - und überwindbar mit der Abschaffung des
Kapitalismus als Ganzes!

Rassismus bekämpfen ­ Kapitalismus abschaffen!

Für den Kommunismus!

(AFR & AAMO)

DIE VERANSTALTUNGEN AM TAGE

[ 16:00 Uhr | Neumarkt | Moers-City ]
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[ 20:00 Uhr | Barrikade | Bismarckstraße 41a (HH) | 47443 Moers-Meerbeck ]
Anti-JU-Café : Party

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Antifaschistisches Forum Rheinberg
c/o Antifa-Büro | Herzogenring 4 | 46483 Wesel
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05.09.2001
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